Zehnter Versuch. Ueber die Beziehung der Vorstellungskraft auf die übrigen thätigen Seelen- vermögen.
I. Von der Abtheilung der Grundvermögen der Seele.
1) Es ist zu vermuthen, daß die Auflösung aller übrigen Seelenäußerungen auf Ei- ne und dieselbige Grundkraft zurückfüh- ren werde, aus der die Verstandeswir- kungen entstehen. 2) Von den verschiedenen Grundvermögen der Seele. Gefühl, Verstand, Thätig- keitskraft, oder Wille.
1.
Die Auflösung der Verstandeswirkungen haben auf ein Grundvermögen in der Seele geführet, das sich verändern lassen, mitwirkend diese Veränderungen auf- nehmen, solche fühlen, und dann thätig wieder auf sie zurückwirken kann. Mit einem Wort auf eine fühlende thätige Kraft, die zu einer gewissen Stufe entwickelt, und in einer gewissen Richtung sich als Denkkraft offen- baret. Es ist sehr natürlich, auf die Muthmasung zu verfallen, eine gleiche Auflösung der übrigen Seelenäuße- rungen werde auf dasselbige Princip hinführen. Soll- ten nicht wohl alle Bestrebungen, Handlungen, Wil- lensäußerungen, und, wie man weiter das Mannigfal-
tige
X. Verſuch. Ueber die Beziehung
Zehnter Verſuch. Ueber die Beziehung der Vorſtellungskraft auf die uͤbrigen thaͤtigen Seelen- vermoͤgen.
I. Von der Abtheilung der Grundvermoͤgen der Seele.
1) Es iſt zu vermuthen, daß die Aufloͤſung aller uͤbrigen Seelenaͤußerungen auf Ei- ne und dieſelbige Grundkraft zuruͤckfuͤh- ren werde, aus der die Verſtandeswir- kungen entſtehen. 2) Von den verſchiedenen Grundvermoͤgen der Seele. Gefuͤhl, Verſtand, Thaͤtig- keitskraft, oder Wille.
1.
Die Aufloͤſung der Verſtandeswirkungen haben auf ein Grundvermoͤgen in der Seele gefuͤhret, das ſich veraͤndern laſſen, mitwirkend dieſe Veraͤnderungen auf- nehmen, ſolche fuͤhlen, und dann thaͤtig wieder auf ſie zuruͤckwirken kann. Mit einem Wort auf eine fuͤhlende thaͤtige Kraft, die zu einer gewiſſen Stufe entwickelt, und in einer gewiſſen Richtung ſich als Denkkraft offen- baret. Es iſt ſehr natuͤrlich, auf die Muthmaſung zu verfallen, eine gleiche Aufloͤſung der uͤbrigen Seelenaͤuße- rungen werde auf daſſelbige Princip hinfuͤhren. Soll- ten nicht wohl alle Beſtrebungen, Handlungen, Wil- lensaͤußerungen, und, wie man weiter das Mannigfal-
tige
<TEI><text><body><pbfacs="#f0678"n="618"/><fwplace="top"type="header"><hirendition="#b"><hirendition="#aq">X.</hi> Verſuch. Ueber die Beziehung</hi></fw><lb/><milestonerendition="#hr"unit="section"/><lb/><divn="1"><head><hirendition="#b"><hirendition="#g">Zehnter Verſuch.</hi><lb/>
Ueber die Beziehung der Vorſtellungskraft<lb/>
auf die uͤbrigen thaͤtigen Seelen-<lb/>
vermoͤgen.</hi></head><lb/><divn="2"><head><hirendition="#aq">I.</hi><lb/>
Von der Abtheilung der Grundvermoͤgen der<lb/>
Seele.</head><lb/><argument><p><list><item>1) <hirendition="#fr">Es iſt zu vermuthen, daß die Aufloͤſung<lb/>
aller uͤbrigen Seelenaͤußerungen auf Ei-<lb/>
ne und dieſelbige Grundkraft zuruͤckfuͤh-<lb/>
ren werde, aus der die Verſtandeswir-<lb/>
kungen entſtehen.</hi></item><lb/><item>2) <hirendition="#fr">Von den verſchiedenen Grundvermoͤgen<lb/>
der Seele. Gefuͤhl, Verſtand, Thaͤtig-<lb/>
keitskraft, oder Wille.</hi></item></list></p></argument><lb/><divn="3"><head>1.</head><lb/><p><hirendition="#in">D</hi>ie Aufloͤſung der Verſtandeswirkungen haben auf<lb/>
ein Grundvermoͤgen in der Seele gefuͤhret, das<lb/>ſich veraͤndern laſſen, mitwirkend dieſe Veraͤnderungen auf-<lb/>
nehmen, ſolche fuͤhlen, und dann thaͤtig wieder auf ſie<lb/>
zuruͤckwirken kann. Mit einem Wort auf eine fuͤhlende<lb/>
thaͤtige Kraft, die zu einer gewiſſen Stufe entwickelt,<lb/>
und in einer gewiſſen Richtung ſich als Denkkraft offen-<lb/>
baret. Es iſt ſehr natuͤrlich, auf die Muthmaſung zu<lb/>
verfallen, eine gleiche Aufloͤſung der uͤbrigen Seelenaͤuße-<lb/>
rungen werde auf daſſelbige Princip hinfuͤhren. Soll-<lb/>
ten nicht wohl alle Beſtrebungen, Handlungen, Wil-<lb/>
lensaͤußerungen, und, wie man weiter das Mannigfal-<lb/><fwplace="bottom"type="catch">tige</fw><lb/></p></div></div></div></body></text></TEI>
[618/0678]
X. Verſuch. Ueber die Beziehung
Zehnter Verſuch.
Ueber die Beziehung der Vorſtellungskraft
auf die uͤbrigen thaͤtigen Seelen-
vermoͤgen.
I.
Von der Abtheilung der Grundvermoͤgen der
Seele.
1) Es iſt zu vermuthen, daß die Aufloͤſung
aller uͤbrigen Seelenaͤußerungen auf Ei-
ne und dieſelbige Grundkraft zuruͤckfuͤh-
ren werde, aus der die Verſtandeswir-
kungen entſtehen.
2) Von den verſchiedenen Grundvermoͤgen
der Seele. Gefuͤhl, Verſtand, Thaͤtig-
keitskraft, oder Wille.
1.
Die Aufloͤſung der Verſtandeswirkungen haben auf
ein Grundvermoͤgen in der Seele gefuͤhret, das
ſich veraͤndern laſſen, mitwirkend dieſe Veraͤnderungen auf-
nehmen, ſolche fuͤhlen, und dann thaͤtig wieder auf ſie
zuruͤckwirken kann. Mit einem Wort auf eine fuͤhlende
thaͤtige Kraft, die zu einer gewiſſen Stufe entwickelt,
und in einer gewiſſen Richtung ſich als Denkkraft offen-
baret. Es iſt ſehr natuͤrlich, auf die Muthmaſung zu
verfallen, eine gleiche Aufloͤſung der uͤbrigen Seelenaͤuße-
rungen werde auf daſſelbige Princip hinfuͤhren. Soll-
ten nicht wohl alle Beſtrebungen, Handlungen, Wil-
lensaͤußerungen, und, wie man weiter das Mannigfal-
tige
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Tetens, Johann Nicolas: Philosophische Versuche über die menschliche Natur und ihre Entwickelung. Bd. 1. Leipzig, 1777, S. 618. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/tetens_versuche01_1777/678>, abgerufen am 21.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.