die Eine, bald die andere solcher absoluten Wirkungen gewahrnehmen. Dieß zusammen macht es doch wahr- scheinlich, es sey nicht das Relative, nicht Verhältniß, nicht Beziehung, was unmittelbar gefühlet werde, und wodurch die Empfindung eine Empfindniß wird, son- dern es sey das Absolute in ihnen, dessen Gefühl Gefal- len und Mißfallen hervorbringet. Nicht die Harmonie der Töne also, sondern die Wirkung der harmonischen Töne, die sie eben dieser Harmonie wegen auf die Seele hervorbringen, ist es, dessen Gefühl, als ein Gefühl des thätigen Daseyns, angenehm ist, und das was wir ein Gefühl der Harmonie nennen, in uns ausmachet.
V. Von den Beziehungen der Empfindnisse auf die Empfindungen. 1) Das Rührende ist eine Beschaffenheit der rührenden Empfindungen. 2) Ob das Rührende von den rührenden Em- pfindungen getrennet werden könne?
1.
Wie verhalten sich nun in den Empfindnissen die beiden Empfindungen gegen einander, die Empfindung des Gegenstandes und die Empfin- dung des Rührenden, des Angenehmen oder Un- angenehmen? Wir können diese von jenen mit dem Verstande unterscheiden. Beyde entstehen aus demsel- bigen Eindruck, aber aus unterschiedenen Beschaffen- heiten desselben. Jst die Empfindung des Afficirenden eine besondere Empfindung, welche auf die Empfindung des Gegenstandes folget, etwan um ein Moment später kommt?
Oder
II. Verſuch. Ueber das Gefuͤhl,
die Eine, bald die andere ſolcher abſoluten Wirkungen gewahrnehmen. Dieß zuſammen macht es doch wahr- ſcheinlich, es ſey nicht das Relative, nicht Verhaͤltniß, nicht Beziehung, was unmittelbar gefuͤhlet werde, und wodurch die Empfindung eine Empfindniß wird, ſon- dern es ſey das Abſolute in ihnen, deſſen Gefuͤhl Gefal- len und Mißfallen hervorbringet. Nicht die Harmonie der Toͤne alſo, ſondern die Wirkung der harmoniſchen Toͤne, die ſie eben dieſer Harmonie wegen auf die Seele hervorbringen, iſt es, deſſen Gefuͤhl, als ein Gefuͤhl des thaͤtigen Daſeyns, angenehm iſt, und das was wir ein Gefuͤhl der Harmonie nennen, in uns ausmachet.
V. Von den Beziehungen der Empfindniſſe auf die Empfindungen. 1) Das Ruͤhrende iſt eine Beſchaffenheit der ruͤhrenden Empfindungen. 2) Ob das Ruͤhrende von den ruͤhrenden Em- pfindungen getrennet werden koͤnne?
1.
Wie verhalten ſich nun in den Empfindniſſen die beiden Empfindungen gegen einander, die Empfindung des Gegenſtandes und die Empfin- dung des Ruͤhrenden, des Angenehmen oder Un- angenehmen? Wir koͤnnen dieſe von jenen mit dem Verſtande unterſcheiden. Beyde entſtehen aus demſel- bigen Eindruck, aber aus unterſchiedenen Beſchaffen- heiten deſſelben. Jſt die Empfindung des Afficirenden eine beſondere Empfindung, welche auf die Empfindung des Gegenſtandes folget, etwan um ein Moment ſpaͤter kommt?
Oder
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II. Verſuch. Ueber das Gefuͤhl,
die Eine, bald die andere ſolcher abſoluten Wirkungen
gewahrnehmen. Dieß zuſammen macht es doch wahr-
ſcheinlich, es ſey nicht das Relative, nicht Verhaͤltniß,
nicht Beziehung, was unmittelbar gefuͤhlet werde, und
wodurch die Empfindung eine Empfindniß wird, ſon-
dern es ſey das Abſolute in ihnen, deſſen Gefuͤhl Gefal-
len und Mißfallen hervorbringet. Nicht die Harmonie
der Toͤne alſo, ſondern die Wirkung der harmoniſchen
Toͤne, die ſie eben dieſer Harmonie wegen auf die Seele
hervorbringen, iſt es, deſſen Gefuͤhl, als ein Gefuͤhl
des thaͤtigen Daſeyns, angenehm iſt, und das was wir
ein Gefuͤhl der Harmonie nennen, in uns ausmachet.
V.
Von den Beziehungen der Empfindniſſe auf die
Empfindungen. 1) Das Ruͤhrende iſt eine
Beſchaffenheit der ruͤhrenden Empfindungen.
2) Ob das Ruͤhrende von den ruͤhrenden Em-
pfindungen getrennet werden koͤnne?
1.
Wie verhalten ſich nun in den Empfindniſſen die
beiden Empfindungen gegen einander, die
Empfindung des Gegenſtandes und die Empfin-
dung des Ruͤhrenden, des Angenehmen oder Un-
angenehmen? Wir koͤnnen dieſe von jenen mit dem
Verſtande unterſcheiden. Beyde entſtehen aus demſel-
bigen Eindruck, aber aus unterſchiedenen Beſchaffen-
heiten deſſelben. Jſt die Empfindung des Afficirenden
eine beſondere Empfindung, welche auf die Empfindung
des Gegenſtandes folget, etwan um ein Moment ſpaͤter
kommt?
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Tetens, Johann Nicolas: Philosophische Versuche über die menschliche Natur und ihre Entwickelung. Bd. 1. Leipzig, 1777, S. 210. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/tetens_versuche01_1777/270>, abgerufen am 21.11.2024.
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