Temme, Jodocus Donatus Hubertus: Die Volkssagen von Pommern und Rügen. Berlin, 1840.Das hat so gedauert viele Jahre, bis einmal ein Mädchen aus dem Dorfe in dem größeren Teiche Zeug gewaschen. Das ist gerade am Mittage des Johannistages gewesen, als die Glocken sich gesonnt haben. Das Mädchen, die hiervon nichts gewußt, hat, wie sie das Zeug gewaschen gehabt, auf einmal die Glocken gesehen, und auf diese, ohne sich dabei etwas zu denken, dasselbe zum Trocknen gehangen. Das hat nun gewährt bis über ein Uhr Mittags hinaus, und die Glocken haben daher nicht mehr in den Teich zurückkönnen, sondern sind an das Ufer festgebannt gewesen. Da haben sie lange gelegen, und es hat kein Mensch sie von der Stelle bringen können. Die Bauern von Levenhagen, die damals gerade eine neue Kirche bauten, wofür sie noch keine Glocken hatten, haben es versucht, sie für sich zu nehmen, und einen Wagen mit Pferden hingeschickt, um sie abzuholen. Auf den Wagen haben sie sie auch wohl bekommen können, weiter aber nicht; denn alle Pferde, die sie davor gespannt, haben nun den Wagen nicht von der Stelle zu ziehen vermocht. Zuletzt sind die Bauern von Stoltenhagen gekommen, die auch keine Glocken in ihrer Kirche hatten. Die haben den Einfall gehabt, einen Wagen mit Ochsen bespannt hinzuschicken. Und die Ochsen*) haben sie denn auch von der Stelle ziehen können. Seitdem hängen die gebannten Glocken im Thurme zu Stoltenhagen. Mündlich. 267. Der schwarze See und die gebannte Glocke bei Wrangelsburg. Nicht weit von Wrangelsburg im Kreise Greifswald liegen zwei Seen, von denen der eine ein gelbliches, der *) Ein alter Ochsenhirt erzählte diese Sage, er hatte sie von seinem Vorgänger.
Das hat so gedauert viele Jahre, bis einmal ein Mädchen aus dem Dorfe in dem größeren Teiche Zeug gewaschen. Das ist gerade am Mittage des Johannistages gewesen, als die Glocken sich gesonnt haben. Das Mädchen, die hiervon nichts gewußt, hat, wie sie das Zeug gewaschen gehabt, auf einmal die Glocken gesehen, und auf diese, ohne sich dabei etwas zu denken, dasselbe zum Trocknen gehangen. Das hat nun gewährt bis über ein Uhr Mittags hinaus, und die Glocken haben daher nicht mehr in den Teich zurückkönnen, sondern sind an das Ufer festgebannt gewesen. Da haben sie lange gelegen, und es hat kein Mensch sie von der Stelle bringen können. Die Bauern von Levenhagen, die damals gerade eine neue Kirche bauten, wofür sie noch keine Glocken hatten, haben es versucht, sie für sich zu nehmen, und einen Wagen mit Pferden hingeschickt, um sie abzuholen. Auf den Wagen haben sie sie auch wohl bekommen können, weiter aber nicht; denn alle Pferde, die sie davor gespannt, haben nun den Wagen nicht von der Stelle zu ziehen vermocht. Zuletzt sind die Bauern von Stoltenhagen gekommen, die auch keine Glocken in ihrer Kirche hatten. Die haben den Einfall gehabt, einen Wagen mit Ochsen bespannt hinzuschicken. Und die Ochsen*) haben sie denn auch von der Stelle ziehen können. Seitdem hängen die gebannten Glocken im Thurme zu Stoltenhagen. Mündlich. 267. Der schwarze See und die gebannte Glocke bei Wrangelsburg. Nicht weit von Wrangelsburg im Kreise Greifswald liegen zwei Seen, von denen der eine ein gelbliches, der *) Ein alter Ochsenhirt erzählte diese Sage, er hatte sie von seinem Vorgänger.
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <pb facs="#f0346" n="314"/> <p> Das hat so gedauert viele Jahre, bis einmal ein Mädchen aus dem Dorfe in dem größeren Teiche Zeug gewaschen. Das ist gerade am Mittage des Johannistages gewesen, als die Glocken sich gesonnt haben. Das Mädchen, die hiervon nichts gewußt, hat, wie sie das Zeug gewaschen gehabt, auf einmal die Glocken gesehen, und auf diese, ohne sich dabei etwas zu denken, dasselbe zum Trocknen gehangen. Das hat nun gewährt bis über ein Uhr Mittags hinaus, und die Glocken haben daher nicht mehr in den Teich zurückkönnen, sondern sind an das Ufer festgebannt gewesen.</p> <p>Da haben sie lange gelegen, und es hat kein Mensch sie von der Stelle bringen können. Die Bauern von Levenhagen, die damals gerade eine neue Kirche bauten, wofür sie noch keine Glocken hatten, haben es versucht, sie für sich zu nehmen, und einen Wagen mit Pferden hingeschickt, um sie abzuholen. Auf den Wagen haben sie sie auch wohl bekommen können, weiter aber nicht; denn alle Pferde, die sie davor gespannt, haben nun den Wagen nicht von der Stelle zu ziehen vermocht.</p> <p>Zuletzt sind die Bauern von Stoltenhagen gekommen, die auch keine Glocken in ihrer Kirche hatten. Die haben den Einfall gehabt, einen Wagen mit Ochsen bespannt hinzuschicken. Und die Ochsen<note place="foot" n="*)">Ein alter Ochsenhirt erzählte diese Sage, er hatte sie von seinem Vorgänger.</note> haben sie denn auch von der Stelle ziehen können. Seitdem hängen die gebannten Glocken im Thurme zu Stoltenhagen.</p> <listBibl> <bibl>Mündlich.</bibl><lb/> </listBibl> </div> <div n="2"> <head>267. Der schwarze See und die gebannte Glocke bei Wrangelsburg.</head><lb/> <p>Nicht weit von Wrangelsburg im Kreise Greifswald liegen zwei Seen, von denen der eine ein gelbliches, der </p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [314/0346]
Das hat so gedauert viele Jahre, bis einmal ein Mädchen aus dem Dorfe in dem größeren Teiche Zeug gewaschen. Das ist gerade am Mittage des Johannistages gewesen, als die Glocken sich gesonnt haben. Das Mädchen, die hiervon nichts gewußt, hat, wie sie das Zeug gewaschen gehabt, auf einmal die Glocken gesehen, und auf diese, ohne sich dabei etwas zu denken, dasselbe zum Trocknen gehangen. Das hat nun gewährt bis über ein Uhr Mittags hinaus, und die Glocken haben daher nicht mehr in den Teich zurückkönnen, sondern sind an das Ufer festgebannt gewesen.
Da haben sie lange gelegen, und es hat kein Mensch sie von der Stelle bringen können. Die Bauern von Levenhagen, die damals gerade eine neue Kirche bauten, wofür sie noch keine Glocken hatten, haben es versucht, sie für sich zu nehmen, und einen Wagen mit Pferden hingeschickt, um sie abzuholen. Auf den Wagen haben sie sie auch wohl bekommen können, weiter aber nicht; denn alle Pferde, die sie davor gespannt, haben nun den Wagen nicht von der Stelle zu ziehen vermocht.
Zuletzt sind die Bauern von Stoltenhagen gekommen, die auch keine Glocken in ihrer Kirche hatten. Die haben den Einfall gehabt, einen Wagen mit Ochsen bespannt hinzuschicken. Und die Ochsen *) haben sie denn auch von der Stelle ziehen können. Seitdem hängen die gebannten Glocken im Thurme zu Stoltenhagen.
Mündlich.
267. Der schwarze See und die gebannte Glocke bei Wrangelsburg.
Nicht weit von Wrangelsburg im Kreise Greifswald liegen zwei Seen, von denen der eine ein gelbliches, der
*) Ein alter Ochsenhirt erzählte diese Sage, er hatte sie von seinem Vorgänger.
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … Wikisource: Bereitstellung der Texttranskription und Auszeichnung in Wikisource-Syntax.
(2012-10-29T10:30:31Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme aus Wikisource entsprechen muss.
Wikimedia Commons: Bereitstellung der Bilddigitalisate
(2012-10-29T10:30:31Z)
Google Books: Bereitstellung der Bilddigitalisate
(2012-10-29T10:30:31Z)
Frank Wiegand: Konvertierung von Wikisource-Markup nach XML/TEI gemäß DTA-Basisformat.
(2012-10-29T10:30:31Z)
Weitere Informationen:Anmerkungen zur Transkription:
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |