Temme, Jodocus Donatus Hubertus: Die Volkssagen von Pommern und Rügen. Berlin, 1840.einmal auf der See Ruderschlag, und als er sich danach umblickte, da sah er ein großes schwarzes Schiff nahen; aus demselben stiegen an die tausend Männer, Alle in dunkler, alter Tracht, und Alle das Haupt unter dem Arme tragend. Die schritten still, und ohne ein Wort zu sprechen, in die Höhle hinein, und fingen an, in den geraubten Schätzen zu wühlen und sie zu zählen. Das waren die Geister des geköpften Störtebeck und seiner Genossen; sie kommen jede Nacht so dahin und zählen ihren Raub, ob er noch vorhanden ist. Nachdem sie lange in dem Golde herumgewühlt hatten, verschwanden sie Alle wieder; und nun füllte die Jungfrau dem Fischer einen Krug mit Gold und Edelsteinen, daß er Zeitlebens der Reichthümer genug hatte. Darauf geleitete sie ihn zu seinem Schiffe zurück, und als er sich wieder nach ihr umsah, war sie zusammt der Höhle verschwunden. Oben auf dem Waschstein kann man auch alle sieben Jahre ein Meerweibchen sehen, die dann aus der See steigt, um sich oben auf dem Steine in der Sonne zu waschen. Carl Lappe, Pommerbuch, S. 25. Freyberg, Pommersche Sagen, S. 25-31. Grümbke, Darstellung der Insel Rügen, I. S. 42. 212. Die schwarze Frau in der Stubbenkammer. In der Stubbenkammer auf der Insel Rügen befindet sich eine große, tiefe Höhle, die Höhle der schwarzen Frau genannt. Es führt zu derselben ein steiler und schmaler Pfad, der tief in die Felsen hineingeht. In dieser Höhle sitzt eine schwarze Frau. Sie sitzt da schon seit vielen hundert Jahren, und ist jetzt auf ewige Zeiten dahin gebannt. Früher bewachte sie einen goldenen Becher, und damals hielt eine weiße Taube oben auf dem Felsen die Wacht. Das ist aber jetzt anders. Denn einstens vor einmal auf der See Ruderschlag, und als er sich danach umblickte, da sah er ein großes schwarzes Schiff nahen; aus demselben stiegen an die tausend Männer, Alle in dunkler, alter Tracht, und Alle das Haupt unter dem Arme tragend. Die schritten still, und ohne ein Wort zu sprechen, in die Höhle hinein, und fingen an, in den geraubten Schätzen zu wühlen und sie zu zählen. Das waren die Geister des geköpften Störtebeck und seiner Genossen; sie kommen jede Nacht so dahin und zählen ihren Raub, ob er noch vorhanden ist. Nachdem sie lange in dem Golde herumgewühlt hatten, verschwanden sie Alle wieder; und nun füllte die Jungfrau dem Fischer einen Krug mit Gold und Edelsteinen, daß er Zeitlebens der Reichthümer genug hatte. Darauf geleitete sie ihn zu seinem Schiffe zurück, und als er sich wieder nach ihr umsah, war sie zusammt der Höhle verschwunden. Oben auf dem Waschstein kann man auch alle sieben Jahre ein Meerweibchen sehen, die dann aus der See steigt, um sich oben auf dem Steine in der Sonne zu waschen. Carl Lappe, Pommerbuch, S. 25. Freyberg, Pommersche Sagen, S. 25-31. Grümbke, Darstellung der Insel Rügen, I. S. 42. 212. Die schwarze Frau in der Stubbenkammer. In der Stubbenkammer auf der Insel Rügen befindet sich eine große, tiefe Höhle, die Höhle der schwarzen Frau genannt. Es führt zu derselben ein steiler und schmaler Pfad, der tief in die Felsen hineingeht. In dieser Höhle sitzt eine schwarze Frau. Sie sitzt da schon seit vielen hundert Jahren, und ist jetzt auf ewige Zeiten dahin gebannt. Früher bewachte sie einen goldenen Becher, und damals hielt eine weiße Taube oben auf dem Felsen die Wacht. Das ist aber jetzt anders. Denn einstens vor <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0282" n="250"/> einmal auf der See Ruderschlag, und als er sich danach umblickte, da sah er ein großes schwarzes Schiff nahen; aus demselben stiegen an die tausend Männer, Alle in dunkler, alter Tracht, und Alle das Haupt unter dem Arme tragend. Die schritten still, und ohne ein Wort zu sprechen, in die Höhle hinein, und fingen an, in den geraubten Schätzen zu wühlen und sie zu zählen. Das waren die Geister des geköpften Störtebeck und seiner Genossen; sie kommen jede Nacht so dahin und zählen ihren Raub, ob er noch vorhanden ist. Nachdem sie lange in dem Golde herumgewühlt hatten, verschwanden sie Alle wieder; und nun füllte die Jungfrau dem Fischer einen Krug mit Gold und Edelsteinen, daß er Zeitlebens der Reichthümer genug hatte. Darauf geleitete sie ihn zu seinem Schiffe zurück, und als er sich wieder nach ihr umsah, war sie zusammt der Höhle verschwunden. Oben auf dem Waschstein kann man auch alle sieben Jahre ein Meerweibchen sehen, die dann aus der See steigt, um sich oben auf dem Steine in der Sonne zu waschen.</p> <listBibl> <bibl>Carl Lappe, Pommerbuch, S. 25.</bibl><lb/> <bibl>Freyberg, Pommersche Sagen, S. 25-31.</bibl><lb/> <bibl>Grümbke, Darstellung der Insel Rügen, I. S. 42.</bibl><lb/> </listBibl> </div> <div n="2"> <head>212. Die schwarze Frau in der Stubbenkammer.</head><lb/> <p>In der Stubbenkammer auf der Insel Rügen befindet sich eine große, tiefe Höhle, die Höhle der schwarzen Frau genannt. Es führt zu derselben ein steiler und schmaler Pfad, der tief in die Felsen hineingeht. In dieser Höhle sitzt eine schwarze Frau. Sie sitzt da schon seit vielen hundert Jahren, und ist jetzt auf ewige Zeiten dahin gebannt. Früher bewachte sie einen goldenen Becher, und damals hielt eine weiße Taube oben auf dem Felsen die Wacht. Das ist aber jetzt anders. Denn einstens vor </p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [250/0282]
einmal auf der See Ruderschlag, und als er sich danach umblickte, da sah er ein großes schwarzes Schiff nahen; aus demselben stiegen an die tausend Männer, Alle in dunkler, alter Tracht, und Alle das Haupt unter dem Arme tragend. Die schritten still, und ohne ein Wort zu sprechen, in die Höhle hinein, und fingen an, in den geraubten Schätzen zu wühlen und sie zu zählen. Das waren die Geister des geköpften Störtebeck und seiner Genossen; sie kommen jede Nacht so dahin und zählen ihren Raub, ob er noch vorhanden ist. Nachdem sie lange in dem Golde herumgewühlt hatten, verschwanden sie Alle wieder; und nun füllte die Jungfrau dem Fischer einen Krug mit Gold und Edelsteinen, daß er Zeitlebens der Reichthümer genug hatte. Darauf geleitete sie ihn zu seinem Schiffe zurück, und als er sich wieder nach ihr umsah, war sie zusammt der Höhle verschwunden. Oben auf dem Waschstein kann man auch alle sieben Jahre ein Meerweibchen sehen, die dann aus der See steigt, um sich oben auf dem Steine in der Sonne zu waschen.
Carl Lappe, Pommerbuch, S. 25.
Freyberg, Pommersche Sagen, S. 25-31.
Grümbke, Darstellung der Insel Rügen, I. S. 42.
212. Die schwarze Frau in der Stubbenkammer.
In der Stubbenkammer auf der Insel Rügen befindet sich eine große, tiefe Höhle, die Höhle der schwarzen Frau genannt. Es führt zu derselben ein steiler und schmaler Pfad, der tief in die Felsen hineingeht. In dieser Höhle sitzt eine schwarze Frau. Sie sitzt da schon seit vielen hundert Jahren, und ist jetzt auf ewige Zeiten dahin gebannt. Früher bewachte sie einen goldenen Becher, und damals hielt eine weiße Taube oben auf dem Felsen die Wacht. Das ist aber jetzt anders. Denn einstens vor
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … Wikisource: Bereitstellung der Texttranskription und Auszeichnung in Wikisource-Syntax.
(2012-10-29T10:30:31Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme aus Wikisource entsprechen muss.
Wikimedia Commons: Bereitstellung der Bilddigitalisate
(2012-10-29T10:30:31Z)
Google Books: Bereitstellung der Bilddigitalisate
(2012-10-29T10:30:31Z)
Frank Wiegand: Konvertierung von Wikisource-Markup nach XML/TEI gemäß DTA-Basisformat.
(2012-10-29T10:30:31Z)
Weitere Informationen:Anmerkungen zur Transkription:
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |