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Suppius, Christoph Eusebius: Oden und Lieder. Gotha, 1749.

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Erstes Buch.
Die Norderwelt hab ich durchfahren,
Und ihr die Fesseln angelegt,
So, daß sie durch mein Wohlverwahren
Jetzt weder Hand noch Füsse regt;
Nun bin ich hier, wo meinem Stabe,
Von einer langen Zacken Eiß,
Jch alles untergeben habe,
Und meiner Herrschaft Ende weiß.
Erkennt mich an dem weissen Schleyer,
Bewohner dieser rauhen Welt!
Und die ihr zu der Hochzeitfeyer
Von überall euch eingestellt;
Jch bin der grosse Weltbezwinger,
Der Zittern, Furcht und Angst erweckt,
Und dessen kalter Zeigefinger,
Der Elemente Wuth erschreckt.
Doch nur getrost, ihr lieben Gäste!
Es ist so böse nicht gemeynt,
Jch komme selbst zum Hochzeitfeste,
Weil holde Liebe da erscheint,
Und wenn mein runzlichtes Gesichte
Vielleicht sich aus den Falten giebt,
So sind es meiner Neigung Früchte,
Denn ich bin ebenfalls verliebt.
Der Winter hat auch sein Vergnügen,
Auch er liebt manche schöne Lust,
Und malt man mich mit wilden Zügen,
So hat mans besser nicht gewußt.
Jhr
Erſtes Buch.
Die Norderwelt hab ich durchfahren,
Und ihr die Feſſeln angelegt,
So, daß ſie durch mein Wohlverwahren
Jetzt weder Hand noch Fuͤſſe regt;
Nun bin ich hier, wo meinem Stabe,
Von einer langen Zacken Eiß,
Jch alles untergeben habe,
Und meiner Herrſchaft Ende weiß.
Erkennt mich an dem weiſſen Schleyer,
Bewohner dieſer rauhen Welt!
Und die ihr zu der Hochzeitfeyer
Von uͤberall euch eingeſtellt;
Jch bin der groſſe Weltbezwinger,
Der Zittern, Furcht und Angſt erweckt,
Und deſſen kalter Zeigefinger,
Der Elemente Wuth erſchreckt.
Doch nur getroſt, ihr lieben Gaͤſte!
Es iſt ſo boͤſe nicht gemeynt,
Jch komme ſelbſt zum Hochzeitfeſte,
Weil holde Liebe da erſcheint,
Und wenn mein runzlichtes Geſichte
Vielleicht ſich aus den Falten giebt,
So ſind es meiner Neigung Fruͤchte,
Denn ich bin ebenfalls verliebt.
Der Winter hat auch ſein Vergnuͤgen,
Auch er liebt manche ſchoͤne Luſt,
Und malt man mich mit wilden Zuͤgen,
So hat mans beſſer nicht gewußt.
Jhr
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[68/0088] Erſtes Buch. Die Norderwelt hab ich durchfahren, Und ihr die Feſſeln angelegt, So, daß ſie durch mein Wohlverwahren Jetzt weder Hand noch Fuͤſſe regt; Nun bin ich hier, wo meinem Stabe, Von einer langen Zacken Eiß, Jch alles untergeben habe, Und meiner Herrſchaft Ende weiß. Erkennt mich an dem weiſſen Schleyer, Bewohner dieſer rauhen Welt! Und die ihr zu der Hochzeitfeyer Von uͤberall euch eingeſtellt; Jch bin der groſſe Weltbezwinger, Der Zittern, Furcht und Angſt erweckt, Und deſſen kalter Zeigefinger, Der Elemente Wuth erſchreckt. Doch nur getroſt, ihr lieben Gaͤſte! Es iſt ſo boͤſe nicht gemeynt, Jch komme ſelbſt zum Hochzeitfeſte, Weil holde Liebe da erſcheint, Und wenn mein runzlichtes Geſichte Vielleicht ſich aus den Falten giebt, So ſind es meiner Neigung Fruͤchte, Denn ich bin ebenfalls verliebt. Der Winter hat auch ſein Vergnuͤgen, Auch er liebt manche ſchoͤne Luſt, Und malt man mich mit wilden Zuͤgen, So hat mans beſſer nicht gewußt. Jhr

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Zitationshilfe: Suppius, Christoph Eusebius: Oden und Lieder. Gotha, 1749, S. 68. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/suppius_oden_1749/88>, abgerufen am 26.04.2024.