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Sulzer, Johann Georg: Allgemeine Theorie der Schönen Künste. Bd. 2. Leipzig, 1774.

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Sep
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Wir müssen nun noch anmerken, daß diese Septime
in den verschiedenen Verwechslungen des Septimen-
accords bald zur Quinte, bald zur Terz, bald zur
Grundnote werde. Davon wird in dem folgenden
Artikel gesprochen werden.

Auch ist bey der wesentlichen Septime noch anzu-
merken, daß, da sie neben dem Dreyklang einen für
sich bestehenden Grundaccord formiret, ihre Vorbe-
reitung nicht so strengen Gesezen unterworfen ist,
als bey den zufälligen Dissonanzen. Sie kann,
wenn nur ihr Grundton liegt, frey eintreten; sie
kann auch mit ihm zugleich eintreten; nur klingt sie
alsdenn härter, und noch härter, wenn sie mit der
Octave des Grundtones als eine Secunde frey an-
geschlagen wird. Geschteht dies in einer Tonart,
dessen Tonleiter mit der Tonleiter der vorhergehen-
den Tonart absticht, so wird sie unerträglich hart,
und die Vorbereitung wird alsdenn nothwendig.
Die Auflösung dieser Septime ist zwar allezeit noth-
wendig; sie kann aber doch, wo es darauf an-
kömmt, den Zuhörer zu frappiren, unter gewissen
Einschränkungen übergangen werden. (*)

Da die zufälligen Dissonanzen Vorhalte wichti-
ger Töne sind, die ein gutes Taktgewicht haben müs-
sen, so kann die zufällige Septime nur auf eine gute
Taktzeit vorkommen; die wesentliche hingegen kann
sowol auf einer guten, als schlechten Taktzeit ange-
bracht werden. (*)

Septimenaccord.
(Musik.)

Unter diesem Namen begreifen wir nicht jeden Ac-
cord in dem die Septime vorkommt, sondern blos
den, in welchem sie eine wesentliche Dissonanz ist.

Die Nothwendigkeit, bey der vollkommenen Ca-
denz dem Dreyklang der Dominante ein Jntervall
zuzufügen, das diesen Accord nach den Dreyklang
des Haupttones lenket, und den Baß in die Tonica
zu treten zwingt, hat die Septime eingeführet. (*)
Daraus ist der vierstimmige Septimenaccord ent-
standen, der die kleine Septime bey sich führet, weil
[Spaltenumbruch]

Sep
diese aus der Tonleiter des folgenden Tones genom-
men, und daher am geschiktesten ist, ihn anzukün-
digen. Z. B.

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Die Septime bietet sich bey dieser Gelegenheit so
natürlich dar, und führt so nothwendig zur folgen-
den Harmonie, daß man hieraus Gelegenheit ge-
nommen, bey jedem cadenzmäßigen Gang des Bas-
ses, nämlich, wenn er Quarten- oder Quintenweise
steigt oder fällt, dem vorlezten Dreyklang, die Ca-
denz mag so unvollkommen seyn, als sie wolle, die
Septime zuzufügen, weil sie, wenn sie auch nicht
aus der Tonleiter des folgenden Tones genommen,
doch allezeit eine folgende Harmonie nothwendig
macht, indem sie die Ruhe zerstöret, die allemal
weniger oder mehr bey Anhörung eines Dreyklan-
ges gefühlet wird. Diesemnach ist der Septimen-
accord von viererley Art; denn die kleine Septime
kann sowohl dem harten und weichen, als vermin-
derten, die große aber nur dem harten Dreyklang
allein, zugefüget werden.

[Abbildung]

Von diesen Septimenaccorden ist der erste der voll-
kommenste, weil er außer der Septime noch einen
zweyten Leitton in sich begreift, nemlich die große
Terz, als das Subsemitonium des Haupttones,
welche mit der Septime eine falsche Quinte, oder in
der Umkehrung einen Triton ausmacht, der auf die
vollkommenste Weise auf der folgenden Harmonie
aufgelöset wird (*); die Septime geht nemlich un-
ter sich in die Terz, und das Subsemitonium über
sich in die Octave des Haupttones. Dieser Accord
führt daher unmittelbar zum völligen Schlusse. Da
die übrigen drey Arten des Septimenaccords diesen
Vortheil eines zweyten Leittones nicht haben, so sind
sie auch weniger vollkommen. Sie führen entweder
zu dem Dreyklang oder Septimenaccord der Domi-
nante, oder eines von der Tonica noch entlegneren
Tones, wie in diesen Beyspiehlen zu sehen ist.

(*) S.
Den fol-
genden Art.
(*) S.
Zeiten.
(*) S.
Dissonanz.
S. 265.
(*) S.
Das oben
gegebene
Berspiehl.
Zweyter Theil. R r r r r r
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Sep
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Wir muͤſſen nun noch anmerken, daß dieſe Septime
in den verſchiedenen Verwechslungen des Septimen-
accords bald zur Quinte, bald zur Terz, bald zur
Grundnote werde. Davon wird in dem folgenden
Artikel geſprochen werden.

Auch iſt bey der weſentlichen Septime noch anzu-
merken, daß, da ſie neben dem Dreyklang einen fuͤr
ſich beſtehenden Grundaccord formiret, ihre Vorbe-
reitung nicht ſo ſtrengen Geſezen unterworfen iſt,
als bey den zufaͤlligen Diſſonanzen. Sie kann,
wenn nur ihr Grundton liegt, frey eintreten; ſie
kann auch mit ihm zugleich eintreten; nur klingt ſie
alsdenn haͤrter, und noch haͤrter, wenn ſie mit der
Octave des Grundtones als eine Secunde frey an-
geſchlagen wird. Geſchteht dies in einer Tonart,
deſſen Tonleiter mit der Tonleiter der vorhergehen-
den Tonart abſticht, ſo wird ſie unertraͤglich hart,
und die Vorbereitung wird alsdenn nothwendig.
Die Aufloͤſung dieſer Septime iſt zwar allezeit noth-
wendig; ſie kann aber doch, wo es darauf an-
koͤmmt, den Zuhoͤrer zu frappiren, unter gewiſſen
Einſchraͤnkungen uͤbergangen werden. (*)

Da die zufaͤlligen Diſſonanzen Vorhalte wichti-
ger Toͤne ſind, die ein gutes Taktgewicht haben muͤſ-
ſen, ſo kann die zufaͤllige Septime nur auf eine gute
Taktzeit vorkommen; die weſentliche hingegen kann
ſowol auf einer guten, als ſchlechten Taktzeit ange-
bracht werden. (*)

Septimenaccord.
(Muſik.)

Unter dieſem Namen begreifen wir nicht jeden Ac-
cord in dem die Septime vorkommt, ſondern blos
den, in welchem ſie eine weſentliche Diſſonanz iſt.

Die Nothwendigkeit, bey der vollkommenen Ca-
denz dem Dreyklang der Dominante ein Jntervall
zuzufuͤgen, das dieſen Accord nach den Dreyklang
des Haupttones lenket, und den Baß in die Tonica
zu treten zwingt, hat die Septime eingefuͤhret. (*)
Daraus iſt der vierſtimmige Septimenaccord ent-
ſtanden, der die kleine Septime bey ſich fuͤhret, weil
[Spaltenumbruch]

Sep
dieſe aus der Tonleiter des folgenden Tones genom-
men, und daher am geſchikteſten iſt, ihn anzukuͤn-
digen. Z. B.

[Abbildung]

Die Septime bietet ſich bey dieſer Gelegenheit ſo
natuͤrlich dar, und fuͤhrt ſo nothwendig zur folgen-
den Harmonie, daß man hieraus Gelegenheit ge-
nommen, bey jedem cadenzmaͤßigen Gang des Baſ-
ſes, naͤmlich, wenn er Quarten- oder Quintenweiſe
ſteigt oder faͤllt, dem vorlezten Dreyklang, die Ca-
denz mag ſo unvollkommen ſeyn, als ſie wolle, die
Septime zuzufuͤgen, weil ſie, wenn ſie auch nicht
aus der Tonleiter des folgenden Tones genommen,
doch allezeit eine folgende Harmonie nothwendig
macht, indem ſie die Ruhe zerſtoͤret, die allemal
weniger oder mehr bey Anhoͤrung eines Dreyklan-
ges gefuͤhlet wird. Dieſemnach iſt der Septimen-
accord von viererley Art; denn die kleine Septime
kann ſowohl dem harten und weichen, als vermin-
derten, die große aber nur dem harten Dreyklang
allein, zugefuͤget werden.

[Abbildung]

Von dieſen Septimenaccorden iſt der erſte der voll-
kommenſte, weil er außer der Septime noch einen
zweyten Leitton in ſich begreift, nemlich die große
Terz, als das Subſemitonium des Haupttones,
welche mit der Septime eine falſche Quinte, oder in
der Umkehrung einen Triton ausmacht, der auf die
vollkommenſte Weiſe auf der folgenden Harmonie
aufgeloͤſet wird (*); die Septime geht nemlich un-
ter ſich in die Terz, und das Subſemitonium uͤber
ſich in die Octave des Haupttones. Dieſer Accord
fuͤhrt daher unmittelbar zum voͤlligen Schluſſe. Da
die uͤbrigen drey Arten des Septimenaccords dieſen
Vortheil eines zweyten Leittones nicht haben, ſo ſind
ſie auch weniger vollkommen. Sie fuͤhren entweder
zu dem Dreyklang oder Septimenaccord der Domi-
nante, oder eines von der Tonica noch entlegneren
Tones, wie in dieſen Beyſpiehlen zu ſehen iſt.

(*) S.
Den fol-
genden Art.
(*) S.
Zeiten.
(*) S.
Diſſonanz.
S. 265.
(*) S.
Das oben
gegebene
Berſpiehl.
Zweyter Theil. R r r r r r
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[1067[1049]/0496] Sep Sep [Abbildung] Wir muͤſſen nun noch anmerken, daß dieſe Septime in den verſchiedenen Verwechslungen des Septimen- accords bald zur Quinte, bald zur Terz, bald zur Grundnote werde. Davon wird in dem folgenden Artikel geſprochen werden. Auch iſt bey der weſentlichen Septime noch anzu- merken, daß, da ſie neben dem Dreyklang einen fuͤr ſich beſtehenden Grundaccord formiret, ihre Vorbe- reitung nicht ſo ſtrengen Geſezen unterworfen iſt, als bey den zufaͤlligen Diſſonanzen. Sie kann, wenn nur ihr Grundton liegt, frey eintreten; ſie kann auch mit ihm zugleich eintreten; nur klingt ſie alsdenn haͤrter, und noch haͤrter, wenn ſie mit der Octave des Grundtones als eine Secunde frey an- geſchlagen wird. Geſchteht dies in einer Tonart, deſſen Tonleiter mit der Tonleiter der vorhergehen- den Tonart abſticht, ſo wird ſie unertraͤglich hart, und die Vorbereitung wird alsdenn nothwendig. Die Aufloͤſung dieſer Septime iſt zwar allezeit noth- wendig; ſie kann aber doch, wo es darauf an- koͤmmt, den Zuhoͤrer zu frappiren, unter gewiſſen Einſchraͤnkungen uͤbergangen werden. (*) Da die zufaͤlligen Diſſonanzen Vorhalte wichti- ger Toͤne ſind, die ein gutes Taktgewicht haben muͤſ- ſen, ſo kann die zufaͤllige Septime nur auf eine gute Taktzeit vorkommen; die weſentliche hingegen kann ſowol auf einer guten, als ſchlechten Taktzeit ange- bracht werden. (*) Septimenaccord. (Muſik.) Unter dieſem Namen begreifen wir nicht jeden Ac- cord in dem die Septime vorkommt, ſondern blos den, in welchem ſie eine weſentliche Diſſonanz iſt. Die Nothwendigkeit, bey der vollkommenen Ca- denz dem Dreyklang der Dominante ein Jntervall zuzufuͤgen, das dieſen Accord nach den Dreyklang des Haupttones lenket, und den Baß in die Tonica zu treten zwingt, hat die Septime eingefuͤhret. (*) Daraus iſt der vierſtimmige Septimenaccord ent- ſtanden, der die kleine Septime bey ſich fuͤhret, weil dieſe aus der Tonleiter des folgenden Tones genom- men, und daher am geſchikteſten iſt, ihn anzukuͤn- digen. Z. B. [Abbildung] Die Septime bietet ſich bey dieſer Gelegenheit ſo natuͤrlich dar, und fuͤhrt ſo nothwendig zur folgen- den Harmonie, daß man hieraus Gelegenheit ge- nommen, bey jedem cadenzmaͤßigen Gang des Baſ- ſes, naͤmlich, wenn er Quarten- oder Quintenweiſe ſteigt oder faͤllt, dem vorlezten Dreyklang, die Ca- denz mag ſo unvollkommen ſeyn, als ſie wolle, die Septime zuzufuͤgen, weil ſie, wenn ſie auch nicht aus der Tonleiter des folgenden Tones genommen, doch allezeit eine folgende Harmonie nothwendig macht, indem ſie die Ruhe zerſtoͤret, die allemal weniger oder mehr bey Anhoͤrung eines Dreyklan- ges gefuͤhlet wird. Dieſemnach iſt der Septimen- accord von viererley Art; denn die kleine Septime kann ſowohl dem harten und weichen, als vermin- derten, die große aber nur dem harten Dreyklang allein, zugefuͤget werden. [Abbildung] Von dieſen Septimenaccorden iſt der erſte der voll- kommenſte, weil er außer der Septime noch einen zweyten Leitton in ſich begreift, nemlich die große Terz, als das Subſemitonium des Haupttones, welche mit der Septime eine falſche Quinte, oder in der Umkehrung einen Triton ausmacht, der auf die vollkommenſte Weiſe auf der folgenden Harmonie aufgeloͤſet wird (*); die Septime geht nemlich un- ter ſich in die Terz, und das Subſemitonium uͤber ſich in die Octave des Haupttones. Dieſer Accord fuͤhrt daher unmittelbar zum voͤlligen Schluſſe. Da die uͤbrigen drey Arten des Septimenaccords dieſen Vortheil eines zweyten Leittones nicht haben, ſo ſind ſie auch weniger vollkommen. Sie fuͤhren entweder zu dem Dreyklang oder Septimenaccord der Domi- nante, oder eines von der Tonica noch entlegneren Tones, wie in dieſen Beyſpiehlen zu ſehen iſt. (*) S. Den fol- genden Art. (*) S. Zeiten. (*) S. Diſſonanz. S. 265. (*) S. Das oben gegebene Berſpiehl. Zweyter Theil. R r r r r r

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Zitationshilfe: Sulzer, Johann Georg: Allgemeine Theorie der Schönen Künste. Bd. 2. Leipzig, 1774, S. 1067[1049]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/sulzer_theorie02_1774/496>, abgerufen am 20.11.2024.