wenn man will; sie bleibet immer dem Charakter nach im zweyten Grad. Sturm, der Herausge- ber des Goldmannischen Werks über die Baukunst, hat eine sechste Ordnung für deutsche Paläste vorge- schlagen, die er die deutsche Ordnung nennt. Sie ist etwas schwerfällig und hat kein Glük gemacht. Das ehemalige Grapendorfische izt Berendssche große Haus am Dönhofschen Plaz in Berlin ist dar- nach gebaut.
Die Goldmannischen Verhältnisse der Haupttheile der fünf Ordnungen sind aus den beyden hier fol- genden Tabellen zu sehen.
Verhältnisse der Höhen:
[Tabelle]
Verhältnisse der Auslauffungen.
[Tabelle]
Es wäre zu weitläuftig und sehr überflüßig die Hö- hen und Auslaufungen aller Glieder hier anzuzeigen. Wir haben deswegen dieses nur von den Hauptthei- len gethan, daß diejenigen, die Goldmanns guten und überlegten Geschmak nicht kennen, mit einem Blik die guten Verhältnisse seiner Ordnungen in Haupttheilen übersehen können.
[Spaltenumbruch]
Org
Orgelpunkt. (Musik.)
Jn vielstimmigen Kirchenstüken kommen bey Schlüs- sen ofte solche Stellen, da bey liegendem Basse die obern Stimmen einige Takte lang einen in Harmo- nie mannigfaltigen Gesang fortführen: eine solche Stelle wird ein Orgelpunkt genennt, weil die Or- gel, welche dabey im Basse blos den Ton aushält einigermaaßen einen Ruhepunkt hat, da die andern Stimmen fortfahren. Er kommt entweder auf der Tonica oder auf der Dominante vor und ist als eine Verzögerung des Schlusses anzusehen.
Da der Baß dabey liegen bleibt, so kann es nicht anders seyn, als daß die obern Stimmen den Ge- sang meistentheils durch Dissonanzen hindurch füh- ren. Um sich eine richtige Vorstellung vom Orgel- punkt zu machen, därf man sich nur vorstellen, daß man von dem Accord auf der Dominante durch Ver- halte in den Dreyklang der Tonica übergehen wolle. Wenn man nun die verschiedenen Vorhälte nicht unmittelbar in die Töne des Dreyklanges der To- nica auflößt, sondern durch mancherley Umwege, oder durch eine Reyhe wolzusammenhangender Ac- corde langsam zu der Auflösung übergeht, so entste- het der Orgelpunkt.
Er erfodert aber eine gute Kenntnis der Harmo- nie, damit diese Folge von Accorden, deren keiner eigentlich zum liegenden Baßton gehört, dennoch wol zusammen hangen und nichts wiedriges hören lassen. Die Hauptsache dabey kommt darauf an, daß die Accorde, wenn man den liegenden Baß wegnähme, mit einem richtigen, und in der Fort- schreitung auf den lezten Ton führenden Basse kön- nen versehen werden. Dieses wird durch folgendes Beyspiehl erläutert werden.
[Abbildung]
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Ord
wenn man will; ſie bleibet immer dem Charakter nach im zweyten Grad. Sturm, der Herausge- ber des Goldmanniſchen Werks uͤber die Baukunſt, hat eine ſechste Ordnung fuͤr deutſche Palaͤſte vorge- ſchlagen, die er die deutſche Ordnung nennt. Sie iſt etwas ſchwerfaͤllig und hat kein Gluͤk gemacht. Das ehemalige Grapendorfiſche izt Berendsſche große Haus am Doͤnhofſchen Plaz in Berlin iſt dar- nach gebaut.
Die Goldmanniſchen Verhaͤltniſſe der Haupttheile der fuͤnf Ordnungen ſind aus den beyden hier fol- genden Tabellen zu ſehen.
Verhaͤltniſſe der Hoͤhen:
[Tabelle]
Verhaͤltniſſe der Auslauffungen.
[Tabelle]
Es waͤre zu weitlaͤuftig und ſehr uͤberfluͤßig die Hoͤ- hen und Auslaufungen aller Glieder hier anzuzeigen. Wir haben deswegen dieſes nur von den Hauptthei- len gethan, daß diejenigen, die Goldmanns guten und uͤberlegten Geſchmak nicht kennen, mit einem Blik die guten Verhaͤltniſſe ſeiner Ordnungen in Haupttheilen uͤberſehen koͤnnen.
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Org
Orgelpunkt. (Muſik.)
Jn vielſtimmigen Kirchenſtuͤken kommen bey Schluͤſ- ſen ofte ſolche Stellen, da bey liegendem Baſſe die obern Stimmen einige Takte lang einen in Harmo- nie mannigfaltigen Geſang fortfuͤhren: eine ſolche Stelle wird ein Orgelpunkt genennt, weil die Or- gel, welche dabey im Baſſe blos den Ton aushaͤlt einigermaaßen einen Ruhepunkt hat, da die andern Stimmen fortfahren. Er kommt entweder auf der Tonica oder auf der Dominante vor und iſt als eine Verzoͤgerung des Schluſſes anzuſehen.
Da der Baß dabey liegen bleibt, ſo kann es nicht anders ſeyn, als daß die obern Stimmen den Ge- ſang meiſtentheils durch Diſſonanzen hindurch fuͤh- ren. Um ſich eine richtige Vorſtellung vom Orgel- punkt zu machen, daͤrf man ſich nur vorſtellen, daß man von dem Accord auf der Dominante durch Ver- halte in den Dreyklang der Tonica uͤbergehen wolle. Wenn man nun die verſchiedenen Vorhaͤlte nicht unmittelbar in die Toͤne des Dreyklanges der To- nica aufloͤßt, ſondern durch mancherley Umwege, oder durch eine Reyhe wolzuſammenhangender Ac- corde langſam zu der Aufloͤſung uͤbergeht, ſo entſte- het der Orgelpunkt.
Er erfodert aber eine gute Kenntnis der Harmo- nie, damit dieſe Folge von Accorden, deren keiner eigentlich zum liegenden Baßton gehoͤrt, dennoch wol zuſammen hangen und nichts wiedriges hoͤren laſſen. Die Hauptſache dabey kommt darauf an, daß die Accorde, wenn man den liegenden Baß wegnaͤhme, mit einem richtigen, und in der Fort- ſchreitung auf den lezten Ton fuͤhrenden Baſſe koͤn- nen verſehen werden. Dieſes wird durch folgendes Beyſpiehl erlaͤutert werden.
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[860[842]/0277]
Ord
Org
wenn man will; ſie bleibet immer dem Charakter
nach im zweyten Grad. Sturm, der Herausge-
ber des Goldmanniſchen Werks uͤber die Baukunſt,
hat eine ſechste Ordnung fuͤr deutſche Palaͤſte vorge-
ſchlagen, die er die deutſche Ordnung nennt. Sie
iſt etwas ſchwerfaͤllig und hat kein Gluͤk gemacht.
Das ehemalige Grapendorfiſche izt Berendsſche
große Haus am Doͤnhofſchen Plaz in Berlin iſt dar-
nach gebaut.
Die Goldmanniſchen Verhaͤltniſſe der Haupttheile
der fuͤnf Ordnungen ſind aus den beyden hier fol-
genden Tabellen zu ſehen.
Verhaͤltniſſe der Hoͤhen:
Verhaͤltniſſe der Auslauffungen.
Es waͤre zu weitlaͤuftig und ſehr uͤberfluͤßig die Hoͤ-
hen und Auslaufungen aller Glieder hier anzuzeigen.
Wir haben deswegen dieſes nur von den Hauptthei-
len gethan, daß diejenigen, die Goldmanns guten
und uͤberlegten Geſchmak nicht kennen, mit einem
Blik die guten Verhaͤltniſſe ſeiner Ordnungen in
Haupttheilen uͤberſehen koͤnnen.
Orgelpunkt.
(Muſik.)
Jn vielſtimmigen Kirchenſtuͤken kommen bey Schluͤſ-
ſen ofte ſolche Stellen, da bey liegendem Baſſe die
obern Stimmen einige Takte lang einen in Harmo-
nie mannigfaltigen Geſang fortfuͤhren: eine ſolche
Stelle wird ein Orgelpunkt genennt, weil die Or-
gel, welche dabey im Baſſe blos den Ton aushaͤlt
einigermaaßen einen Ruhepunkt hat, da die andern
Stimmen fortfahren. Er kommt entweder auf der
Tonica oder auf der Dominante vor und iſt als eine
Verzoͤgerung des Schluſſes anzuſehen.
Da der Baß dabey liegen bleibt, ſo kann es nicht
anders ſeyn, als daß die obern Stimmen den Ge-
ſang meiſtentheils durch Diſſonanzen hindurch fuͤh-
ren. Um ſich eine richtige Vorſtellung vom Orgel-
punkt zu machen, daͤrf man ſich nur vorſtellen, daß
man von dem Accord auf der Dominante durch Ver-
halte in den Dreyklang der Tonica uͤbergehen wolle.
Wenn man nun die verſchiedenen Vorhaͤlte nicht
unmittelbar in die Toͤne des Dreyklanges der To-
nica aufloͤßt, ſondern durch mancherley Umwege,
oder durch eine Reyhe wolzuſammenhangender Ac-
corde langſam zu der Aufloͤſung uͤbergeht, ſo entſte-
het der Orgelpunkt.
Er erfodert aber eine gute Kenntnis der Harmo-
nie, damit dieſe Folge von Accorden, deren keiner
eigentlich zum liegenden Baßton gehoͤrt, dennoch
wol zuſammen hangen und nichts wiedriges hoͤren
laſſen. Die Hauptſache dabey kommt darauf an,
daß die Accorde, wenn man den liegenden Baß
wegnaͤhme, mit einem richtigen, und in der Fort-
ſchreitung auf den lezten Ton fuͤhrenden Baſſe koͤn-
nen verſehen werden. Dieſes wird durch folgendes
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Sulzer, Johann Georg: Allgemeine Theorie der Schönen Künste. Bd. 2. Leipzig, 1774, S. 860[842]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/sulzer_theorie02_1774/277>, abgerufen am 20.11.2024.
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