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Strauß, David Friedrich: Das Leben Jesu, kritisch bearbeitet. Bd. 1. Tübingen, 1835.

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Einleitung. §. 10.
dünner Faden des apostolisch beglaubigten Urevangeliums
hindurchziehe, welcher selbst im Matthäusevangelium von
einer Masse unapostolischer Zusätze umgeben sei, wusste
Eichhorn viele ihm anstössige Erzählungen aus allen Thei-
len des Lebens Jesu als unhistorische Sagen aus dem We-
ge zu räumen, wie ausser dem evangelium infantiae z. B.
das Nähere der Versuchungsgeschichte, mehrere von Jesu
verrichtete Wunder, die Auferstehung der Heiligen bei sei-
nem Tode, die Wache an seinem Grabe u. s. f. 5). Be-
sonders aber seit sich die Ansicht von dem Ursprung der
drei ersten Evangelien aus mündlicher Tradition festge-
stellt hat 6), sind in denselben immer mehr theils mythi-
sche Ausschmückungen, theils ganze Mythen gefunden wor-
den 7). Dagegen halten jezt die Meisten das Johanneische
Evangelium als authentisch und damit auch als historisch
zuverlässig fest; nur wer mit Bretschneider 8) seine apo-
stolische Abfassung bezweifelt, kann auch in diesem Evan-
gelium dem mythischen Elemente eine bedeutende Stelle
einräumen.

§. 10.
Der Begriff des Mythus in seiner Anwendung auf die heilige Ge-
schichte von den Theologen nicht rein gefasst.

Der hiemit auch für die Erklärung der biblischen Ge-
schichte gewonnene Begriff des Mythus wurde indessen
noch geraume Zeit weder selbst rein gefasst, noch in ge-
hörigem Umfang angewendet.

Nicht rein gefasst. Mit der Unterscheidung historischer
Mythen nämlich von den philosophischen hatte der Begriff

5) Einleitung in das N. T. I, S. 422 ff. 453 ff.
6) Besonders durch Gieseler, über die Entstehung und die
frühsten Schicksale der schriftlichen Evangelien.
7) S. den Anhang der Schulz'schen Schrift über das Abendmahl,
und die Schriften von Sieffert und Schneckenburger über
den Ursprung des ersten kanonischen Evangeliums.
8) In den Probabilien.

Einleitung. §. 10.
dünner Faden des apostolisch beglaubigten Urevangeliums
hindurchziehe, welcher selbst im Matthäusevangelium von
einer Masse unapostolischer Zusätze umgeben sei, wuſste
Eichhorn viele ihm anstössige Erzählungen aus allen Thei-
len des Lebens Jesu als unhistorische Sagen aus dem We-
ge zu räumen, wie ausser dem evangelium infantiae z. B.
das Nähere der Versuchungsgeschichte, mehrere von Jesu
verrichtete Wunder, die Auferstehung der Heiligen bei sei-
nem Tode, die Wache an seinem Grabe u. s. f. 5). Be-
sonders aber seit sich die Ansicht von dem Ursprung der
drei ersten Evangelien aus mündlicher Tradition festge-
stellt hat 6), sind in denselben immer mehr theils mythi-
sche Ausschmückungen, theils ganze Mythen gefunden wor-
den 7). Dagegen halten jezt die Meisten das Johanneische
Evangelium als authentisch und damit auch als historisch
zuverlässig fest; nur wer mit Bretschneider 8) seine apo-
stolische Abfassung bezweifelt, kann auch in diesem Evan-
gelium dem mythischen Elemente eine bedeutende Stelle
einräumen.

§. 10.
Der Begriff des Mythus in seiner Anwendung auf die heilige Ge-
schichte von den Theologen nicht rein gefasst.

Der hiemit auch für die Erklärung der biblischen Ge-
schichte gewonnene Begriff des Mythus wurde indessen
noch geraume Zeit weder selbst rein gefaſst, noch in ge-
hörigem Umfang angewendet.

Nicht rein gefaſst. Mit der Unterscheidung historischer
Mythen nämlich von den philosophischen hatte der Begriff

5) Einleitung in das N. T. I, S. 422 ff. 453 ff.
6) Besonders durch Gieseler, über die Entstehung und die
frühsten Schicksale der schriftlichen Evangelien.
7) S. den Anhang der Schulz'schen Schrift über das Abendmahl,
und die Schriften von Sieffert und Schneckenburger über
den Ursprung des ersten kanonischen Evangeliums.
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[41/0065] Einleitung. §. 10. dünner Faden des apostolisch beglaubigten Urevangeliums hindurchziehe, welcher selbst im Matthäusevangelium von einer Masse unapostolischer Zusätze umgeben sei, wuſste Eichhorn viele ihm anstössige Erzählungen aus allen Thei- len des Lebens Jesu als unhistorische Sagen aus dem We- ge zu räumen, wie ausser dem evangelium infantiae z. B. das Nähere der Versuchungsgeschichte, mehrere von Jesu verrichtete Wunder, die Auferstehung der Heiligen bei sei- nem Tode, die Wache an seinem Grabe u. s. f. 5). Be- sonders aber seit sich die Ansicht von dem Ursprung der drei ersten Evangelien aus mündlicher Tradition festge- stellt hat 6), sind in denselben immer mehr theils mythi- sche Ausschmückungen, theils ganze Mythen gefunden wor- den 7). Dagegen halten jezt die Meisten das Johanneische Evangelium als authentisch und damit auch als historisch zuverlässig fest; nur wer mit Bretschneider 8) seine apo- stolische Abfassung bezweifelt, kann auch in diesem Evan- gelium dem mythischen Elemente eine bedeutende Stelle einräumen. §. 10. Der Begriff des Mythus in seiner Anwendung auf die heilige Ge- schichte von den Theologen nicht rein gefasst. Der hiemit auch für die Erklärung der biblischen Ge- schichte gewonnene Begriff des Mythus wurde indessen noch geraume Zeit weder selbst rein gefaſst, noch in ge- hörigem Umfang angewendet. Nicht rein gefaſst. Mit der Unterscheidung historischer Mythen nämlich von den philosophischen hatte der Begriff 5) Einleitung in das N. T. I, S. 422 ff. 453 ff. 6) Besonders durch Gieseler, über die Entstehung und die frühsten Schicksale der schriftlichen Evangelien. 7) S. den Anhang der Schulz'schen Schrift über das Abendmahl, und die Schriften von Sieffert und Schneckenburger über den Ursprung des ersten kanonischen Evangeliums. 8) In den Probabilien.

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Zitationshilfe: Strauß, David Friedrich: Das Leben Jesu, kritisch bearbeitet. Bd. 1. Tübingen, 1835, S. 41. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/strauss_jesus01_1835/65>, abgerufen am 19.11.2024.