Prämissen (Gleichartigkeit der beiden Erzählungen und my- thischen Charakter der einen), aus welchen sich als Schluss- satz der blos mythische Werth der Erzählung von der Em- pfängniss Jesu ergab, ein Schluss, den er aber freilich auch nicht einmal vor seinem eignen Bewusstsein gezogen zu haben scheint.
§. 25. Die Geschichte der Erzeugung Jesu als Mythus.
Wenn man dem übernatürlichen Ursprunge Jesu aus- weichen will, sagt Gabler in seiner Recension von Pau- lus Commentar 1), um nicht in unsern Tagen zum Ge- spötte zu werden, wenn aber andrerseits die natürlichen Erklärungen desselben auf sonderbare nicht nur, sondern selbst empörende Behauptungen führen: so wähle man doch lieber die Annahme eines Mythus, durch welche alle Schwie- rigkeiten jener Erklärungen vermieden werden. Viele grosse Männer hatten in der alten mythischen Welt eine ausser- ordentliche Geburt und waren Göttersöhne. Jesus selbst sprach von seinem himmlischen Ursprung, nannte Gott sei- nen Vater, und hiess ohnehin als Messias Gottes Sohn. Aus Matth. 1, 22. f. sieht man ferner, dass die Stelle Jesai.
1) In seinem neuesten theol. Journal, 7, 4. S. 408 f. Mit ihm stimmen in der mythischen Auffassung dieser Erzählung zu- sammen: Br ..., in Schmidt's Bibl. 1, 1, S. 101 ff.; E. F., in Henke's Magazin, 5, 1, 151 ff.; Horst, in Henke's Museum, 1, 4, S. 685 ff.; Eichhorn, Einleit. in das N. T. 1, S. 428 f.; Bauer, hebr. Mythol. 1, 192 e ff.; de Wette, bibl. Dogmat. §. 281.; Kaiser, bibl. Theologie, 1, S. 231 f.; die Abhandlung über die verschiedenen Rücksichten u. s. f. in Bertholdt's krit. Journ. 5. Bd. S. 237.; Fritzsche, Comment. in Matth. S. 56. Der Letztere schon in der Ueberschrift des ersten Kapitels, S. 6. richtig: non minus ille (Jesus) ut ferunt doctorum Ju- daicorum de Messia sententiae, patrem habet spiritum divi- num, matrem virginem.
Drittes Kapitel. §. 25.
Prämissen (Gleichartigkeit der beiden Erzählungen und my- thischen Charakter der einen), aus welchen sich als Schluſs- satz der blos mythische Werth der Erzählung von der Em- pfängniſs Jesu ergab, ein Schluſs, den er aber freilich auch nicht einmal vor seinem eignen Bewuſstsein gezogen zu haben scheint.
§. 25. Die Geschichte der Erzeugung Jesu als Mythus.
Wenn man dem übernatürlichen Ursprunge Jesu aus- weichen will, sagt Gabler in seiner Recension von Pau- lus Commentar 1), um nicht in unsern Tagen zum Ge- spötte zu werden, wenn aber andrerseits die natürlichen Erklärungen desselben auf sonderbare nicht nur, sondern selbst empörende Behauptungen führen: so wähle man doch lieber die Annahme eines Mythus, durch welche alle Schwie- rigkeiten jener Erklärungen vermieden werden. Viele groſse Männer hatten in der alten mythischen Welt eine ausser- ordentliche Geburt und waren Göttersöhne. Jesus selbst sprach von seinem himmlischen Ursprung, nannte Gott sei- nen Vater, und hieſs ohnehin als Messias Gottes Sohn. Aus Matth. 1, 22. f. sieht man ferner, daſs die Stelle Jesai.
1) In seinem neuesten theol. Journal, 7, 4. S. 408 f. Mit ihm stimmen in der mythischen Auffassung dieser Erzählung zu- sammen: Br …, in Schmidt's Bibl. 1, 1, S. 101 ff.; E. F., in Henke's Magazin, 5, 1, 151 ff.; Horst, in Henke's Museum, 1, 4, S. 685 ff.; Eichhorn, Einleit. in das N. T. 1, S. 428 f.; Bauer, hebr. Mythol. 1, 192 e ff.; de Wette, bibl. Dogmat. §. 281.; Kaiser, bibl. Theologie, 1, S. 231 f.; die Abhandlung über die verschiedenen Rücksichten u. s. f. in Bertholdt's krit. Journ. 5. Bd. S. 237.; Fritzsche, Comment. in Matth. S. 56. Der Letztere schon in der Ueberschrift des ersten Kapitels, S. 6. richtig: non minus ille (Jesus) ut ferunt doctorum Ju- daicorum de Messia sententiae, patrem habet spiritum divi- num, matrem virginem.
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Drittes Kapitel. §. 25.
Prämissen (Gleichartigkeit der beiden Erzählungen und my-
thischen Charakter der einen), aus welchen sich als Schluſs-
satz der blos mythische Werth der Erzählung von der Em-
pfängniſs Jesu ergab, ein Schluſs, den er aber freilich auch
nicht einmal vor seinem eignen Bewuſstsein gezogen zu
haben scheint.
§. 25.
Die Geschichte der Erzeugung Jesu als Mythus.
Wenn man dem übernatürlichen Ursprunge Jesu aus-
weichen will, sagt Gabler in seiner Recension von Pau-
lus Commentar 1), um nicht in unsern Tagen zum Ge-
spötte zu werden, wenn aber andrerseits die natürlichen
Erklärungen desselben auf sonderbare nicht nur, sondern
selbst empörende Behauptungen führen: so wähle man doch
lieber die Annahme eines Mythus, durch welche alle Schwie-
rigkeiten jener Erklärungen vermieden werden. Viele groſse
Männer hatten in der alten mythischen Welt eine ausser-
ordentliche Geburt und waren Göttersöhne. Jesus selbst
sprach von seinem himmlischen Ursprung, nannte Gott sei-
nen Vater, und hieſs ohnehin als Messias Gottes Sohn.
Aus Matth. 1, 22. f. sieht man ferner, daſs die Stelle Jesai.
1) In seinem neuesten theol. Journal, 7, 4. S. 408 f. Mit ihm
stimmen in der mythischen Auffassung dieser Erzählung zu-
sammen: Br …, in Schmidt's Bibl. 1, 1, S. 101 ff.; E. F., in
Henke's Magazin, 5, 1, 151 ff.; Horst, in Henke's Museum,
1, 4, S. 685 ff.; Eichhorn, Einleit. in das N. T. 1, S. 428 f.;
Bauer, hebr. Mythol. 1, 192 e ff.; de Wette, bibl. Dogmat.
§. 281.; Kaiser, bibl. Theologie, 1, S. 231 f.; die Abhandlung
über die verschiedenen Rücksichten u. s. f. in Bertholdt's
krit. Journ. 5. Bd. S. 237.; Fritzsche, Comment. in Matth. S. 56.
Der Letztere schon in der Ueberschrift des ersten Kapitels,
S. 6. richtig: non minus ille (Jesus) ut ferunt doctorum Ju-
daicorum de Messia sententiae, patrem habet spiritum divi-
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Strauß, David Friedrich: Das Leben Jesu, kritisch bearbeitet. Bd. 1. Tübingen, 1835, S. 173. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/strauss_jesus01_1835/197>, abgerufen am 22.02.2025.
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