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Storm, Theodor: John Riew', Ein Fest auf Haderslevhuus. Zwei Novellen. Berlin, 1885.

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Buben bewohnt sein; wie aber das Verhältniß der drei Personen zu einander war, darüber wußten die von mir Befragten nicht Bescheid zu geben; die Bewohner schienen nur mit einander zu verkehren.

Von dem Jungen freilich ging bald allerlei Gerede: er sollte aus der Volksschule wegen dort unzähmbaren Wesens fortgewiesen sein und seit einiger Zeit die vornehme Institutsschule besuchen, wo die Knaben Französisch und Englisch, sogar Latein und Griechisch lernen konnten; auch hier war er schon ein paar Mal eingesperrt gewesen; dennoch sollte der alte Riewe - diesen bei uns nicht ungewöhnlichen Namen trug der Hausherr - ihn zu seinem Erben eingesetzt haben. Bändigen sollte auch er ihn nicht können; ja, man erzählte, als nach einer neuen Schulstrafe der alte Herr mit liebreicher Ermahnung auf den Knaben eingedrungen sei, habe dieser plötzlich eine freche Geberde nach ihm hingemacht und, aus der Thür rennend, auf Plattdeutsch noch zurückgeschrieen: "Din Geld krieg' ick doch, ohl Riew'"

Ich fragte wohl Diesen und Jenen, woher denn der Mann gekommen sei; die Einen meinten: aus Lübeck, die Andern: aus Flensburg oder Hamburg; auch wohl, was er denn sonst getrieben haben möge, und

Buben bewohnt sein; wie aber das Verhältniß der drei Personen zu einander war, darüber wußten die von mir Befragten nicht Bescheid zu geben; die Bewohner schienen nur mit einander zu verkehren.

Von dem Jungen freilich ging bald allerlei Gerede: er sollte aus der Volksschule wegen dort unzähmbaren Wesens fortgewiesen sein und seit einiger Zeit die vornehme Institutsschule besuchen, wo die Knaben Französisch und Englisch, sogar Latein und Griechisch lernen konnten; auch hier war er schon ein paar Mal eingesperrt gewesen; dennoch sollte der alte Riewe – diesen bei uns nicht ungewöhnlichen Namen trug der Hausherr – ihn zu seinem Erben eingesetzt haben. Bändigen sollte auch er ihn nicht können; ja, man erzählte, als nach einer neuen Schulstrafe der alte Herr mit liebreicher Ermahnung auf den Knaben eingedrungen sei, habe dieser plötzlich eine freche Geberde nach ihm hingemacht und, aus der Thür rennend, auf Plattdeutsch noch zurückgeschrieen: „Din Geld krieg’ ick doch, ohl Riew’“

Ich fragte wohl Diesen und Jenen, woher denn der Mann gekommen sei; die Einen meinten: aus Lübeck, die Andern: aus Flensburg oder Hamburg; auch wohl, was er denn sonst getrieben haben möge, und

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[5/0009] Buben bewohnt sein; wie aber das Verhältniß der drei Personen zu einander war, darüber wußten die von mir Befragten nicht Bescheid zu geben; die Bewohner schienen nur mit einander zu verkehren. Von dem Jungen freilich ging bald allerlei Gerede: er sollte aus der Volksschule wegen dort unzähmbaren Wesens fortgewiesen sein und seit einiger Zeit die vornehme Institutsschule besuchen, wo die Knaben Französisch und Englisch, sogar Latein und Griechisch lernen konnten; auch hier war er schon ein paar Mal eingesperrt gewesen; dennoch sollte der alte Riewe – diesen bei uns nicht ungewöhnlichen Namen trug der Hausherr – ihn zu seinem Erben eingesetzt haben. Bändigen sollte auch er ihn nicht können; ja, man erzählte, als nach einer neuen Schulstrafe der alte Herr mit liebreicher Ermahnung auf den Knaben eingedrungen sei, habe dieser plötzlich eine freche Geberde nach ihm hingemacht und, aus der Thür rennend, auf Plattdeutsch noch zurückgeschrieen: „Din Geld krieg’ ick doch, ohl Riew’“ Ich fragte wohl Diesen und Jenen, woher denn der Mann gekommen sei; die Einen meinten: aus Lübeck, die Andern: aus Flensburg oder Hamburg; auch wohl, was er denn sonst getrieben haben möge, und

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Zitationshilfe: Storm, Theodor: John Riew', Ein Fest auf Haderslevhuus. Zwei Novellen. Berlin, 1885, S. 5. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/storm_riew_1885/9>, abgerufen am 26.04.2024.