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Storm, Theodor: Gedichte. Kiel, 1852.

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Einer Todten.
1.
Du glaubtest nicht an frohe Tage mehr,
Verjährtes Leid ließ nimmer dich genesen;
Die Mutterfreude war für dich zu schwer,
Das Leben war dir gar zu hart gewesen. --
Er saß bei dir in letzter Liebespflicht;
Noch eine Nacht, noch eine war gegeben!
Auch die verrann; dann kam das Morgenlicht.
Mein guter Mann, wie gerne wollt' ich leben!
Er hörte still die sanften Worte an,
Wie sie sein Ohr in bangen Pausen trafen:
Sorg' für das Kind -- ich sterbe, süßer Mann.
Dann halbverständlich noch: Nun will ich schlafen.
Einer Todten.
1.
Du glaubteſt nicht an frohe Tage mehr,
Verjährtes Leid ließ nimmer dich geneſen;
Die Mutterfreude war für dich zu ſchwer,
Das Leben war dir gar zu hart geweſen. —
Er ſaß bei dir in letzter Liebespflicht;
Noch eine Nacht, noch eine war gegeben!
Auch die verrann; dann kam das Morgenlicht.
Mein guter Mann, wie gerne wollt' ich leben!
Er hörte ſtill die ſanften Worte an,
Wie ſie ſein Ohr in bangen Pauſen trafen:
Sorg' für das Kind — ich ſterbe, ſüßer Mann.
Dann halbverſtändlich noch: Nun will ich ſchlafen.
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[29/0039] Einer Todten. 1. Du glaubteſt nicht an frohe Tage mehr, Verjährtes Leid ließ nimmer dich geneſen; Die Mutterfreude war für dich zu ſchwer, Das Leben war dir gar zu hart geweſen. — Er ſaß bei dir in letzter Liebespflicht; Noch eine Nacht, noch eine war gegeben! Auch die verrann; dann kam das Morgenlicht. Mein guter Mann, wie gerne wollt' ich leben! Er hörte ſtill die ſanften Worte an, Wie ſie ſein Ohr in bangen Pauſen trafen: Sorg' für das Kind — ich ſterbe, ſüßer Mann. Dann halbverſtändlich noch: Nun will ich ſchlafen.

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Zitationshilfe: Storm, Theodor: Gedichte. Kiel, 1852, S. 29. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/storm_gedichte_1852/39>, abgerufen am 26.04.2024.