Gedankenstoff als ausschließliches Eigenthum der Grammatik gewonnen, an welchem weder Logik, noch Metaphysik, noch eine specielle Wissenschaft Antheil hat; wir haben ein Denken gefunden, das sich nach grammatischen Gesetzen bewegt.
Wenn nun das instinctive Selbstbewußtsein hier als das In- nere des Lautes erscheint, so müssen wir zuvörderst das Ver- hältniß von Innerem und Aeußerem, wie es hier zu fassen ist, näher bestimmen. Daran schließt sich die Betrach- tung über das Wesen der Bedeutung und den Unterschied zwischen Sprechen und Sprache.
a) Inneres und Aeußeres.
§. 115.
Ursprünglich ist das Innere dasjenige, was vom Aeußern umschlossen wird, und das Aeußere ist das Umschließende. Dieses Verhältniß auf das menschliche Wesen übertragen, er- gab die Seele und alle geistige Thätigkeit als das Innere, wel- ches vom Körper, dem Aeußern, eingeschlossen wird. So wur- den Inneres und Seelisches, Aeußeres und Körperliches syno- nyme Ausdrücke. Der Mensch aber beseelte, zunächst phanta- stisch, später wissenschaftlich, die ganze Welt und alle Dinge in der Welt; diese erscheinen uns zwar äußerlich, hinter der äußern Erscheinung aber sollte ein Inneres verborgen sein. Ge- gen diese Betrachtung wurde mit Recht angekämpft. So weit die Natur reicht, ist Aeußeres; ihre Stoffe und ihre Kräfte, alles an ihr ist Aeußeres. Hier soll natürlich nicht gewissen metaphysischen Ansichten widersprochen werden, welche aller Erscheinung ein inneres Wesen zu Grunde legen; man merkt wohl, daß wir uns nur gegen Beckers Ansicht richten, wie wir sie kennen gelernt haben. Alles Wirken der Natur ist Mecha- nismus, Aeußerlichkeit. Die Seele, der Geist, ist das Innere. Man mag immerhin den im Keime ruhenden Trieb, der aus ihm die Wurzeln nach unten und den Stamm nach oben sendet, der aus dem Stamme Zweige und Blätter und Blüten hervortreibt, ein Inneres nennen, aber dann hat man auch Recht, zu sagen, Aeußeres und Inneres sei identisch, und jedes reiche so weit, wie das andere.
In der Sprache ist das Verhältniß von Innerem und Aeu- ßerem ein anderes; denn in ihr ist wirklich ein körperliches und ein davon wesentlich völlig verschiedenes seelisches Element
Gedankenstoff als ausschließliches Eigenthum der Grammatik gewonnen, an welchem weder Logik, noch Metaphysik, noch eine specielle Wissenschaft Antheil hat; wir haben ein Denken gefunden, das sich nach grammatischen Gesetzen bewegt.
Wenn nun das instinctive Selbstbewußtsein hier als das In- nere des Lautes erscheint, so müssen wir zuvörderst das Ver- hältniß von Innerem und Aeußerem, wie es hier zu fassen ist, näher bestimmen. Daran schließt sich die Betrach- tung über das Wesen der Bedeutung und den Unterschied zwischen Sprechen und Sprache.
a) Inneres und Aeußeres.
§. 115.
Ursprünglich ist das Innere dasjenige, was vom Aeußern umschlossen wird, und das Aeußere ist das Umschließende. Dieses Verhältniß auf das menschliche Wesen übertragen, er- gab die Seele und alle geistige Thätigkeit als das Innere, wel- ches vom Körper, dem Aeußern, eingeschlossen wird. So wur- den Inneres und Seelisches, Aeußeres und Körperliches syno- nyme Ausdrücke. Der Mensch aber beseelte, zunächst phanta- stisch, später wissenschaftlich, die ganze Welt und alle Dinge in der Welt; diese erscheinen uns zwar äußerlich, hinter der äußern Erscheinung aber sollte ein Inneres verborgen sein. Ge- gen diese Betrachtung wurde mit Recht angekämpft. So weit die Natur reicht, ist Aeußeres; ihre Stoffe und ihre Kräfte, alles an ihr ist Aeußeres. Hier soll natürlich nicht gewissen metaphysischen Ansichten widersprochen werden, welche aller Erscheinung ein inneres Wesen zu Grunde legen; man merkt wohl, daß wir uns nur gegen Beckers Ansicht richten, wie wir sie kennen gelernt haben. Alles Wirken der Natur ist Mecha- nismus, Aeußerlichkeit. Die Seele, der Geist, ist das Innere. Man mag immerhin den im Keime ruhenden Trieb, der aus ihm die Wurzeln nach unten und den Stamm nach oben sendet, der aus dem Stamme Zweige und Blätter und Blüten hervortreibt, ein Inneres nennen, aber dann hat man auch Recht, zu sagen, Aeußeres und Inneres sei identisch, und jedes reiche so weit, wie das andere.
In der Sprache ist das Verhältniß von Innerem und Aeu- ßerem ein anderes; denn in ihr ist wirklich ein körperliches und ein davon wesentlich völlig verschiedenes seelisches Element
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Gedankenstoff als ausschließliches Eigenthum der Grammatik
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gefunden, das sich nach grammatischen Gesetzen bewegt.
Wenn nun das instinctive Selbstbewußtsein hier als das In-
nere des Lautes erscheint, so müssen wir zuvörderst das Ver-
hältniß von Innerem und Aeußerem, wie es hier zu
fassen ist, näher bestimmen. Daran schließt sich die Betrach-
tung über das Wesen der Bedeutung und den Unterschied
zwischen Sprechen und Sprache.
a) Inneres und Aeußeres.
§. 115.
Ursprünglich ist das Innere dasjenige, was vom Aeußern
umschlossen wird, und das Aeußere ist das Umschließende.
Dieses Verhältniß auf das menschliche Wesen übertragen, er-
gab die Seele und alle geistige Thätigkeit als das Innere, wel-
ches vom Körper, dem Aeußern, eingeschlossen wird. So wur-
den Inneres und Seelisches, Aeußeres und Körperliches syno-
nyme Ausdrücke. Der Mensch aber beseelte, zunächst phanta-
stisch, später wissenschaftlich, die ganze Welt und alle Dinge
in der Welt; diese erscheinen uns zwar äußerlich, hinter der
äußern Erscheinung aber sollte ein Inneres verborgen sein. Ge-
gen diese Betrachtung wurde mit Recht angekämpft. So weit
die Natur reicht, ist Aeußeres; ihre Stoffe und ihre Kräfte,
alles an ihr ist Aeußeres. Hier soll natürlich nicht gewissen
metaphysischen Ansichten widersprochen werden, welche aller
Erscheinung ein inneres Wesen zu Grunde legen; man merkt
wohl, daß wir uns nur gegen Beckers Ansicht richten, wie wir
sie kennen gelernt haben. Alles Wirken der Natur ist Mecha-
nismus, Aeußerlichkeit. Die Seele, der Geist, ist das Innere.
Man mag immerhin den im Keime ruhenden Trieb, der aus ihm
die Wurzeln nach unten und den Stamm nach oben sendet, der
aus dem Stamme Zweige und Blätter und Blüten hervortreibt,
ein Inneres nennen, aber dann hat man auch Recht, zu sagen,
Aeußeres und Inneres sei identisch, und jedes reiche so weit,
wie das andere.
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Steinthal, Heymann: Grammatik, Logik und Psychologie. Ihre Principien und ihr Verhältniss zu einander. Berlin, 1855, S. 341. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/steinthal_grammatik_1855/379>, abgerufen am 21.11.2024.
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