Tonempfindungen jene beiden Classen zusammenfallen; denn hier entsteht in Folge einer Anschauung eine Bewegung, die mit jener eigentlich nichts zu thun hat; andererseits aber wird doch die Tonempfindung, welche in das Bewußtsein tritt, so gut es gehen will, unbewußt nachgeahmt, wie das gesehene Gähnen, Fechten u. s. w.
Man könnte hier noch mancherlei untergeordnete Stufen innerhalb des Standpunktes der Onomatopöie aufführen. Diese Einzelheiten jedoch gehören nicht zu unserm Zwecke.
§. 100.
b) Charakterisirende Stufe.
Hier wird das instinctive Selbstbewußtsein, die innere Sprach- form, viel klarer und inhaltsvoller, und diese Stufe liefert den eigentlichen Wirkungskreis der Etymologie. Wir rechnen näm- lich hierher diejenigen Wörter, welche Anschauungen in der Weise bedeuten, daß sie ein charakteristisches Merkmal dieser An- schauung angeben. Der größte Theil der Substantiva gehört hierher, indem die Dinge durch Thätigkeiten und Eigenschaften angedeutet werden. Beispiele sind hier überflüssig. Doch auch Verba, denke ich, gehören vielfach hierher, und Adjectiva. Oder sollte man nicht z. B. das griechische philein, das gothische fri- jon (amare) so ansehen müssen, daß die Thätigkeit der Liebe durch ihre Freude (Saskr. prei,freuen) gekennzeichnet wird? Und wie der Freund dargestellt wird als der, mit dem man sich freut, so auch im Armenischen die Eigenschaft gutpari als diejenige, an der man sich erfreut, oder schon in doppelt cha- rakteristischer Stufe, was man liebt. Auch hierzu bieten sich die Beispiele vielfach dar.
Eine scharfe Abgrenzung dieser Stufe von der vorigen ist nicht gut möglich; denn sie ist auch in der Wirklichkeit nicht vorhanden. Es giebt hier vielmehr mannigfache Uebergänge, die uns zeigen, wie man zu dieser höhern Stufe aufstieg. Wenn die Anschauung von einem Thiere durch einen reflectirten Laut bezeichnet wird, wenn die Katze (im Chinesischen) Miau, das Pferd vom Wiehern (Saskr. hresch) Roß heißt: so wird hier schon eine Anschauung, die vielfache Merkmale in sich schließt, durch eine besonders auffallende, kennzeichnende, benannt. Hier- mit ist also auf der onomatopoetischen Stufe das Princip der folgenden schon gegeben; nur werden auf dieser höhern Stufe
Tonempfindungen jene beiden Classen zusammenfallen; denn hier entsteht in Folge einer Anschauung eine Bewegung, die mit jener eigentlich nichts zu thun hat; andererseits aber wird doch die Tonempfindung, welche in das Bewußtsein tritt, so gut es gehen will, unbewußt nachgeahmt, wie das gesehene Gähnen, Fechten u. s. w.
Man könnte hier noch mancherlei untergeordnete Stufen innerhalb des Standpunktes der Onomatopöie aufführen. Diese Einzelheiten jedoch gehören nicht zu unserm Zwecke.
§. 100.
β) Charakterisirende Stufe.
Hier wird das instinctive Selbstbewußtsein, die innere Sprach- form, viel klarer und inhaltsvoller, und diese Stufe liefert den eigentlichen Wirkungskreis der Etymologie. Wir rechnen näm- lich hierher diejenigen Wörter, welche Anschauungen in der Weise bedeuten, daß sie ein charakteristisches Merkmal dieser An- schauung angeben. Der größte Theil der Substantiva gehört hierher, indem die Dinge durch Thätigkeiten und Eigenschaften angedeutet werden. Beispiele sind hier überflüssig. Doch auch Verba, denke ich, gehören vielfach hierher, und Adjectiva. Oder sollte man nicht z. B. das griechische φιλεῖν, das gothische fri- jôn (amare) so ansehen müssen, daß die Thätigkeit der Liebe durch ihre Freude (Saskr. prî,freuen) gekennzeichnet wird? Und wie der Freund dargestellt wird als der, mit dem man sich freut, so auch im Armenischen die Eigenschaft gutpari als diejenige, an der man sich erfreut, oder schon in doppelt cha- rakteristischer Stufe, was man liebt. Auch hierzu bieten sich die Beispiele vielfach dar.
Eine scharfe Abgrenzung dieser Stufe von der vorigen ist nicht gut möglich; denn sie ist auch in der Wirklichkeit nicht vorhanden. Es giebt hier vielmehr mannigfache Uebergänge, die uns zeigen, wie man zu dieser höhern Stufe aufstieg. Wenn die Anschauung von einem Thiere durch einen reflectirten Laut bezeichnet wird, wenn die Katze (im Chinesischen) Miau, das Pferd vom Wiehern (Saskr. hrêsch) Roß heißt: so wird hier schon eine Anschauung, die vielfache Merkmale in sich schließt, durch eine besonders auffallende, kennzeichnende, benannt. Hier- mit ist also auf der onomatopoetischen Stufe das Princip der folgenden schon gegeben; nur werden auf dieser höhern Stufe
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Tonempfindungen jene beiden Classen zusammenfallen; denn hier
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jener eigentlich nichts zu thun hat; andererseits aber wird doch
die Tonempfindung, welche in das Bewußtsein tritt, so gut es
gehen will, unbewußt nachgeahmt, wie das gesehene Gähnen,
Fechten u. s. w.
Man könnte hier noch mancherlei untergeordnete Stufen
innerhalb des Standpunktes der Onomatopöie aufführen. Diese
Einzelheiten jedoch gehören nicht zu unserm Zwecke.
§. 100.
β) Charakterisirende Stufe.
Hier wird das instinctive Selbstbewußtsein, die innere Sprach-
form, viel klarer und inhaltsvoller, und diese Stufe liefert den
eigentlichen Wirkungskreis der Etymologie. Wir rechnen näm-
lich hierher diejenigen Wörter, welche Anschauungen in der Weise
bedeuten, daß sie ein charakteristisches Merkmal dieser An-
schauung angeben. Der größte Theil der Substantiva gehört
hierher, indem die Dinge durch Thätigkeiten und Eigenschaften
angedeutet werden. Beispiele sind hier überflüssig. Doch auch
Verba, denke ich, gehören vielfach hierher, und Adjectiva. Oder
sollte man nicht z. B. das griechische φιλεῖν, das gothische fri-
jôn (amare) so ansehen müssen, daß die Thätigkeit der Liebe
durch ihre Freude (Saskr. prî, freuen) gekennzeichnet wird?
Und wie der Freund dargestellt wird als der, mit dem man sich
freut, so auch im Armenischen die Eigenschaft gut pari als
diejenige, an der man sich erfreut, oder schon in doppelt cha-
rakteristischer Stufe, was man liebt. Auch hierzu bieten sich
die Beispiele vielfach dar.
Eine scharfe Abgrenzung dieser Stufe von der vorigen ist
nicht gut möglich; denn sie ist auch in der Wirklichkeit nicht
vorhanden. Es giebt hier vielmehr mannigfache Uebergänge,
die uns zeigen, wie man zu dieser höhern Stufe aufstieg. Wenn
die Anschauung von einem Thiere durch einen reflectirten Laut
bezeichnet wird, wenn die Katze (im Chinesischen) Miau, das
Pferd vom Wiehern (Saskr. hrêsch) Roß heißt: so wird hier
schon eine Anschauung, die vielfache Merkmale in sich schließt,
durch eine besonders auffallende, kennzeichnende, benannt. Hier-
mit ist also auf der onomatopoetischen Stufe das Princip der
folgenden schon gegeben; nur werden auf dieser höhern Stufe
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Steinthal, Heymann: Grammatik, Logik und Psychologie. Ihre Principien und ihr Verhältniss zu einander. Berlin, 1855, S. 313. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/steinthal_grammatik_1855/351>, abgerufen am 22.12.2024.
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