Wie die Nahuqua neun verschiedene "Stämme", die nur neun verschiedenen selbständigen Ortschaften entsprechen, in sich begreifen, so könnten wir die Mehinaku, Waura und Kustenau ebenfalls unter einem Stamm zu- sammenlassen. Diese drei Stämme sprechen genau dasselbe Idiom. Sie bilden auch, wie wir sehen werden, eine ethnologische Einheit, und mögen, damit wir den nun einmal berechtigten Stammesnamen, wie bei den Nahuqua thatsächlich geschehen ist, keine Gewalt anthun, wo wir eines zusammenfassenden Ausdrucks bedürfen, nach dem wichtigsten ethnologischen Merkmal als die Töpferstämme bezeichnet werden. Neben ihnen stehen die yaulapiti als ein sprachlich nahver- wandter, aber doch schon deutlich im Dialekt unterschiedener und andere Ein- flüsse verratender Nu-Aruakstamm.
So hat sich das Rechenexempel dahin vereinfacht, dass wir Karaiben vor uns haben in den Bakairi und den Nahuqua, Nu-Aruak in den Töpferstämmen und den Yaulapiti, Tupi in den Auetö und den Kamayura, und als einen Rest, der nicht aufgeht, die Trumai übrig behalten.
II. Anthropologisches.
Die körperliche Erscheinung der Kulisehu-Indianer festzuhalten, soweit es bei der kurzen Bekanntschaft mit den einzelnen Stämmen anging, sind eine Reihe von Messungen angestellt worden, die nicht sehr zahlreich ausgefallen sind, sich auch weder gleichmässig auf die verschiedenen Stämme noch auf die beiden Geschlechter verteilen, immerhin aber ein interessantes Material darbieten. Etwaige Fehlerquellen seitens des Beobachters würden als konstant angesetzt werden dürfen, da die Messungen sämtlich von Ehrenreich ausgeführt worden sind. Dieser hat auch eine weit grössere Anzahl von Photographien auf- genommen als hier wiedergegeben werden konnte; sie sind aber zum Teil sehr fleckig geworden und nur schwierig zu reproduzieren.*) Er gedenkt das bildliche Material noch zu verwerten und den gesammelten Stoff der Messungen in seinen Einzelheiten und nach seinem Vergleichswert für die übrigen südamerikanischen Indianer zu behandeln; ich beschränke mich hier auf einige Vorarbeiten und gebe von den hauptsächlichsten Messungen wenigstens die reduzierten Masse nach Maximum, Minimum und arithmetischem Mittel wieder, um nur in den groben Umrissen die Proportionen des indianischen Körpers zu zeichnen.
Zu den Messungen diente das Virchow'sche Instrumentarium: Messstange mit zusammenlegbarem Fussbrett, Tasterzirkel und Stangenzirkel, sowie Stahl-
*) Wie sich im Einzelnen aus dem Illustrationsverzeichnis ergiebt, sind hier nach Photographien reproduziert: beide Geschlechter von Bakairi, Mehinaku und Kamayura, sowie ausschliesslich Männer von Nahuqua und Auetö, während Yaulapiti und Trumai überhaupt fehlen.
Wie die Nahuquá neun verschiedene »Stämme«, die nur neun verschiedenen selbständigen Ortschaften entsprechen, in sich begreifen, so könnten wir die Mehinakú, Waurá und Kustenaú ebenfalls unter einem Stamm zu- sammenlassen. Diese drei Stämme sprechen genau dasselbe Idiom. Sie bilden auch, wie wir sehen werden, eine ethnologische Einheit, und mögen, damit wir den nun einmal berechtigten Stammesnamen, wie bei den Nahuquá thatsächlich geschehen ist, keine Gewalt anthun, wo wir eines zusammenfassenden Ausdrucks bedürfen, nach dem wichtigsten ethnologischen Merkmal als die Töpferstämme bezeichnet werden. Neben ihnen stehen die yaulapiti als ein sprachlich nahver- wandter, aber doch schon deutlich im Dialekt unterschiedener und andere Ein- flüsse verratender Nu-Aruakstamm.
So hat sich das Rechenexempel dahin vereinfacht, dass wir Karaiben vor uns haben in den Bakaïrí und den Nahuquá, Nu-Aruak in den Töpferstämmen und den Yaulapiti, Tupí in den Auetö́ und den Kamayurá, und als einen Rest, der nicht aufgeht, die Trumaí übrig behalten.
II. Anthropologisches.
Die körperliche Erscheinung der Kulisehu-Indianer festzuhalten, soweit es bei der kurzen Bekanntschaft mit den einzelnen Stämmen anging, sind eine Reihe von Messungen angestellt worden, die nicht sehr zahlreich ausgefallen sind, sich auch weder gleichmässig auf die verschiedenen Stämme noch auf die beiden Geschlechter verteilen, immerhin aber ein interessantes Material darbieten. Etwaige Fehlerquellen seitens des Beobachters würden als konstant angesetzt werden dürfen, da die Messungen sämtlich von Ehrenreich ausgeführt worden sind. Dieser hat auch eine weit grössere Anzahl von Photographien auf- genommen als hier wiedergegeben werden konnte; sie sind aber zum Teil sehr fleckig geworden und nur schwierig zu reproduzieren.*) Er gedenkt das bildliche Material noch zu verwerten und den gesammelten Stoff der Messungen in seinen Einzelheiten und nach seinem Vergleichswert für die übrigen südamerikanischen Indianer zu behandeln; ich beschränke mich hier auf einige Vorarbeiten und gebe von den hauptsächlichsten Messungen wenigstens die reduzierten Masse nach Maximum, Minimum und arithmetischem Mittel wieder, um nur in den groben Umrissen die Proportionen des indianischen Körpers zu zeichnen.
Zu den Messungen diente das Virchow’sche Instrumentarium: Messstange mit zusammenlegbarem Fussbrett, Tasterzirkel und Stangenzirkel, sowie Stahl-
*) Wie sich im Einzelnen aus dem Illustrationsverzeichnis ergiebt, sind hier nach Photographien reproduziert: beide Geschlechter von Bakaïrí, Mehinakú und Kamayurá, sowie ausschliesslich Männer von Nahuquá und Auetö́, während Yaulapiti und Trumaí überhaupt fehlen.
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Mehinakú, Waurá und Kustenaú ebenfalls unter einem Stamm zu-
sammenlassen. Diese drei Stämme sprechen genau dasselbe Idiom. Sie bilden
auch, wie wir sehen werden, eine ethnologische Einheit, und mögen, damit wir
den nun einmal berechtigten Stammesnamen, wie bei den Nahuquá thatsächlich
geschehen ist, keine Gewalt anthun, wo wir eines zusammenfassenden Ausdrucks
bedürfen, nach dem wichtigsten ethnologischen Merkmal als die Töpferstämme
bezeichnet werden. Neben ihnen stehen die yaulapiti als ein sprachlich nahver-
wandter, aber doch schon deutlich im Dialekt unterschiedener und andere Ein-
flüsse verratender Nu-Aruakstamm.
So hat sich das Rechenexempel dahin vereinfacht, dass wir Karaiben vor
uns haben in den Bakaïrí und den Nahuquá, Nu-Aruak in den Töpferstämmen
und den Yaulapiti, Tupí in den Auetö́ und den Kamayurá, und als einen Rest,
der nicht aufgeht, die Trumaí übrig behalten.
II. Anthropologisches.
Die körperliche Erscheinung der Kulisehu-Indianer festzuhalten, soweit es
bei der kurzen Bekanntschaft mit den einzelnen Stämmen anging, sind eine
Reihe von Messungen angestellt worden, die nicht sehr zahlreich ausgefallen
sind, sich auch weder gleichmässig auf die verschiedenen Stämme noch auf
die beiden Geschlechter verteilen, immerhin aber ein interessantes Material
darbieten. Etwaige Fehlerquellen seitens des Beobachters würden als konstant
angesetzt werden dürfen, da die Messungen sämtlich von Ehrenreich ausgeführt
worden sind. Dieser hat auch eine weit grössere Anzahl von Photographien auf-
genommen als hier wiedergegeben werden konnte; sie sind aber zum Teil sehr
fleckig geworden und nur schwierig zu reproduzieren. *) Er gedenkt das bildliche
Material noch zu verwerten und den gesammelten Stoff der Messungen in seinen
Einzelheiten und nach seinem Vergleichswert für die übrigen südamerikanischen
Indianer zu behandeln; ich beschränke mich hier auf einige Vorarbeiten und gebe
von den hauptsächlichsten Messungen wenigstens die reduzierten Masse nach
Maximum, Minimum und arithmetischem Mittel wieder, um nur in den groben
Umrissen die Proportionen des indianischen Körpers zu zeichnen.
Zu den Messungen diente das Virchow’sche Instrumentarium: Messstange
mit zusammenlegbarem Fussbrett, Tasterzirkel und Stangenzirkel, sowie Stahl-
*) Wie sich im Einzelnen aus dem Illustrationsverzeichnis ergiebt, sind hier nach Photographien
reproduziert: beide Geschlechter von Bakaïrí, Mehinakú und Kamayurá, sowie ausschliesslich Männer
von Nahuquá und Auetö́, während Yaulapiti und Trumaí überhaupt fehlen.
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Steinen, Karl von den: Unter den Naturvölkern Zentral-Brasiliens. Berlin, 1894, S. 159. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/steinen_naturvoelker_1894/199>, abgerufen am 03.12.2024.
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