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Stein, Lorenz von: Die Verwaltungslehre. Bd. 7. Stuttgart, 1868.

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Stuart lösen sich von der einseitig merkantilistischen Färbung los, und
namentlich der erstere ist bekanntlich der erste eigentlich landwirthschaft-
liche Schriftsteller Englands. In Deutschland aber tritt jener Grund-
zug des 18. Jahrhunderts noch viel deutlicher zu Tage. Hier beginnt
die Verwaltung wirklich praktisch in die landwirthschaftlichen Verhält-
nisse einzugreifen, und zwar in zwei Richtungen; zuerst in den ersten
großen Versuchen, eine durchgreifende Aenderung in der Lage der unfreien
ländlichen Besitzer hervorzubringen, gemessene Frohnden statt der un-
gemessenen einzuführen, Ablösungen auf dem Wege freier Vereinbarung
zu erzielen, namentlich aber die Leibeigenschaft vollständig aufzuheben;
dann in der Herstellung eigener Organe für die landwirthschaftliche
Verwaltung, den Landesökonomie-Collegien und ähnlicher Institute,
deren Geschichte die Vorläuferin der gegenwärtigen Ministerien der
Landwirthschaft und der öffentlichen Bauten bildet. Wir werden unten
in der Geschichte der Entlastungen, Ablösungen und Gemeinheits-
theilungen, und später in der Landwirthschaftspflege das Einzelne dar-
stellen. Hier möge zunächst nur die Thatsache feststehen, daß die phy-
siokratische Schule sich von diesem großen europäischen Hintergrund nur
durch ihren systematischen Inhalt und durch den großartigen, wenn
auch mißlungenen Versuch Turgots abhebt, während gegenüber der
allerdings viel bedeutenderen literarischen Bewegung in Frankreich in
der Verwaltung Deutschlands viel mehr wirklich geschieht, als jene
theokratische Schule Frankreichs dort möglich machen konnte. Und erst
in diesem Sinne kann man von jenem System als dem Führer und
Haupt einer zweiten selbständigen Epoche der Volkswirthschaftspflege
und der neueren Verwaltung des gesammten Europas reden.

In ganz ähnlicher Weise muß nun der eigentliche Charakter der
Schule von Adam Smith eben so sehr in dem Verhältniß zur Verwal-
tung, als in ihrem nationalökonomischen Inhalt gesucht werden. Und
dieß wollen wir gleichfalls hier kurz andeuten.

c) Die Lehre von Adam Smith und ihr Verhältniß zur wirthschaftlichen
Verwaltung.

Es kann natürlich auch nicht entfernt unsere Absicht sein, hier die
ohnehin wohlbekannte Lehre von Adam Smith im Allgemeinen darzu-
stellen. Indem wir dieselbe nach allen Seiten hin voraussetzen, müssen
wir jedoch den Standpunkt desselben in Beziehung auf die Verwaltung,
die Gründe, warum er einen so mächtigen Anklang namentlich in
Deutschland fand, und endlich die Gestalt der Volkswirthschaftspflege,
wie sie aus diesem Einflusse Adam Smiths hervorgeht, so kurz und
bestimmt als möglich charakterisiren.


Stuart löſen ſich von der einſeitig merkantiliſtiſchen Färbung los, und
namentlich der erſtere iſt bekanntlich der erſte eigentlich landwirthſchaft-
liche Schriftſteller Englands. In Deutſchland aber tritt jener Grund-
zug des 18. Jahrhunderts noch viel deutlicher zu Tage. Hier beginnt
die Verwaltung wirklich praktiſch in die landwirthſchaftlichen Verhält-
niſſe einzugreifen, und zwar in zwei Richtungen; zuerſt in den erſten
großen Verſuchen, eine durchgreifende Aenderung in der Lage der unfreien
ländlichen Beſitzer hervorzubringen, gemeſſene Frohnden ſtatt der un-
gemeſſenen einzuführen, Ablöſungen auf dem Wege freier Vereinbarung
zu erzielen, namentlich aber die Leibeigenſchaft vollſtändig aufzuheben;
dann in der Herſtellung eigener Organe für die landwirthſchaftliche
Verwaltung, den Landesökonomie-Collegien und ähnlicher Inſtitute,
deren Geſchichte die Vorläuferin der gegenwärtigen Miniſterien der
Landwirthſchaft und der öffentlichen Bauten bildet. Wir werden unten
in der Geſchichte der Entlaſtungen, Ablöſungen und Gemeinheits-
theilungen, und ſpäter in der Landwirthſchaftspflege das Einzelne dar-
ſtellen. Hier möge zunächſt nur die Thatſache feſtſtehen, daß die phy-
ſiokratiſche Schule ſich von dieſem großen europäiſchen Hintergrund nur
durch ihren ſyſtematiſchen Inhalt und durch den großartigen, wenn
auch mißlungenen Verſuch Turgots abhebt, während gegenüber der
allerdings viel bedeutenderen literariſchen Bewegung in Frankreich in
der Verwaltung Deutſchlands viel mehr wirklich geſchieht, als jene
theokratiſche Schule Frankreichs dort möglich machen konnte. Und erſt
in dieſem Sinne kann man von jenem Syſtem als dem Führer und
Haupt einer zweiten ſelbſtändigen Epoche der Volkswirthſchaftspflege
und der neueren Verwaltung des geſammten Europas reden.

In ganz ähnlicher Weiſe muß nun der eigentliche Charakter der
Schule von Adam Smith eben ſo ſehr in dem Verhältniß zur Verwal-
tung, als in ihrem nationalökonomiſchen Inhalt geſucht werden. Und
dieß wollen wir gleichfalls hier kurz andeuten.

c) Die Lehre von Adam Smith und ihr Verhältniß zur wirthſchaftlichen
Verwaltung.

Es kann natürlich auch nicht entfernt unſere Abſicht ſein, hier die
ohnehin wohlbekannte Lehre von Adam Smith im Allgemeinen darzu-
ſtellen. Indem wir dieſelbe nach allen Seiten hin vorausſetzen, müſſen
wir jedoch den Standpunkt deſſelben in Beziehung auf die Verwaltung,
die Gründe, warum er einen ſo mächtigen Anklang namentlich in
Deutſchland fand, und endlich die Geſtalt der Volkswirthſchaftspflege,
wie ſie aus dieſem Einfluſſe Adam Smiths hervorgeht, ſo kurz und
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[37/0055] Stuart löſen ſich von der einſeitig merkantiliſtiſchen Färbung los, und namentlich der erſtere iſt bekanntlich der erſte eigentlich landwirthſchaft- liche Schriftſteller Englands. In Deutſchland aber tritt jener Grund- zug des 18. Jahrhunderts noch viel deutlicher zu Tage. Hier beginnt die Verwaltung wirklich praktiſch in die landwirthſchaftlichen Verhält- niſſe einzugreifen, und zwar in zwei Richtungen; zuerſt in den erſten großen Verſuchen, eine durchgreifende Aenderung in der Lage der unfreien ländlichen Beſitzer hervorzubringen, gemeſſene Frohnden ſtatt der un- gemeſſenen einzuführen, Ablöſungen auf dem Wege freier Vereinbarung zu erzielen, namentlich aber die Leibeigenſchaft vollſtändig aufzuheben; dann in der Herſtellung eigener Organe für die landwirthſchaftliche Verwaltung, den Landesökonomie-Collegien und ähnlicher Inſtitute, deren Geſchichte die Vorläuferin der gegenwärtigen Miniſterien der Landwirthſchaft und der öffentlichen Bauten bildet. Wir werden unten in der Geſchichte der Entlaſtungen, Ablöſungen und Gemeinheits- theilungen, und ſpäter in der Landwirthſchaftspflege das Einzelne dar- ſtellen. Hier möge zunächſt nur die Thatſache feſtſtehen, daß die phy- ſiokratiſche Schule ſich von dieſem großen europäiſchen Hintergrund nur durch ihren ſyſtematiſchen Inhalt und durch den großartigen, wenn auch mißlungenen Verſuch Turgots abhebt, während gegenüber der allerdings viel bedeutenderen literariſchen Bewegung in Frankreich in der Verwaltung Deutſchlands viel mehr wirklich geſchieht, als jene theokratiſche Schule Frankreichs dort möglich machen konnte. Und erſt in dieſem Sinne kann man von jenem Syſtem als dem Führer und Haupt einer zweiten ſelbſtändigen Epoche der Volkswirthſchaftspflege und der neueren Verwaltung des geſammten Europas reden. In ganz ähnlicher Weiſe muß nun der eigentliche Charakter der Schule von Adam Smith eben ſo ſehr in dem Verhältniß zur Verwal- tung, als in ihrem nationalökonomiſchen Inhalt geſucht werden. Und dieß wollen wir gleichfalls hier kurz andeuten. c) Die Lehre von Adam Smith und ihr Verhältniß zur wirthſchaftlichen Verwaltung. Es kann natürlich auch nicht entfernt unſere Abſicht ſein, hier die ohnehin wohlbekannte Lehre von Adam Smith im Allgemeinen darzu- ſtellen. Indem wir dieſelbe nach allen Seiten hin vorausſetzen, müſſen wir jedoch den Standpunkt deſſelben in Beziehung auf die Verwaltung, die Gründe, warum er einen ſo mächtigen Anklang namentlich in Deutſchland fand, und endlich die Geſtalt der Volkswirthſchaftspflege, wie ſie aus dieſem Einfluſſe Adam Smiths hervorgeht, ſo kurz und beſtimmt als möglich charakteriſiren.

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Zitationshilfe: Stein, Lorenz von: Die Verwaltungslehre. Bd. 7. Stuttgart, 1868, S. 37. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/stein_verwaltungslehre07_1868/55>, abgerufen am 21.11.2024.