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Stein, Lorenz von: Die Verwaltungslehre. Bd. 7. Stuttgart, 1868.

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Unternehmer mit dem Rechtsgrunde sein Recht, der Enteignungsspruch
ist aufgehoben, und die Wiedereignung tritt ein. Die Gesetzgebung
sollte daher eine Frist als Maximum bestimmen; die in der Genehmigung
enthaltene Verordnung muß das Recht haben, nach der Natur des
Unternehmens diese Frist auch zu verkürzen. In ganz gleicher Weise
fällt mit dem Wegfalle des Unternehmens überhaupt auch das Recht
der Enteignung weg und die bereits enteigneten Güter können von
dem Enteigneten zurückgefordert werden unter Bestimmung des Werthes
durch die Organe der Entschädigung; nach französischem Recht darf die
Summe für die Wiedereignung nie größer sein, als die der Entschädi-
gung bei der Enteignung (Gesetz von 1841, Art. 60; wesentlich so das
Schweizer Gesetz von 1850; vgl. Thiel S. 61--64). Warum das
letztere daher wieder den Begriff des Rückkaufes aufsucht, ist nicht
abzusehen; hier so wenig wie bei der Enteignung findet überhaupt
ein Kaufvertrag statt, sondern eine Action der Verwaltung mit Ver-
waltungsrecht.

Zweiter Theil.
Das Entschädigungsverfahren und sein Recht.

Es ist mehrfach, namentlich von Mittermaier, der Ausspruch ge-
than, daß die Entschädigungsfrage die schwierigste im ganzen Enteig-
nungswesen sei. Das ist in der Praxis allerdings oft der Fall; für die
Wissenschaft scheint sie jedoch ziemlich einfach.

Die Aufgabe der Entschädigung ist es nämlich, dem Enteigneten
den Werth des enteigneten Gutes zurückzugeben. Diese Aufgabe ist
ohne Zweifel nicht bloß eine Angelegenheit, sondern auch eine Pflicht
der Verwaltung, und das erste Rechtsprincip der Entschädigung sollte
daher darin bestehen, daß die Verwaltung, welche ihrerseits durch ihren
Spruch das Eigenthum nimmt, auch für die Entschädigung nach
bürgerlichem Recht zu haften habe
. Es ist durchaus kein Grund
denkbar, welcher politisch oder juristisch dieser ersten Forderung des
Einzelrechts gegenüber der Enteignung entgegenstände. In der That
bilden alle einzelnen Bestimmungen des Entschädigungsverfahrens die
Anerkennung dieses Princips und seine praktische Ausführung im Ein-
zelnen; es müßte daher auch mit Recht gefordert werden, daß die Ge-
setze diese Verpflichtung ausdrücklich anerkannten. Es ist ein -- wenn
auch mehr principieller Mangel dieser ganzen Gesetzgebung, daß dieß
nicht geschieht, sondern daß die Entschädigung vielmehr den Charakter
eines durch die Verwaltung vermittelten Kaufpreises hat. Das
widerspricht eben so sehr dem Wesen der Enteignung, als die Verwen-
dung des Gerichts dem Principe des Entschädigungsverfahrens. Aber

Unternehmer mit dem Rechtsgrunde ſein Recht, der Enteignungsſpruch
iſt aufgehoben, und die Wiedereignung tritt ein. Die Geſetzgebung
ſollte daher eine Friſt als Maximum beſtimmen; die in der Genehmigung
enthaltene Verordnung muß das Recht haben, nach der Natur des
Unternehmens dieſe Friſt auch zu verkürzen. In ganz gleicher Weiſe
fällt mit dem Wegfalle des Unternehmens überhaupt auch das Recht
der Enteignung weg und die bereits enteigneten Güter können von
dem Enteigneten zurückgefordert werden unter Beſtimmung des Werthes
durch die Organe der Entſchädigung; nach franzöſiſchem Recht darf die
Summe für die Wiedereignung nie größer ſein, als die der Entſchädi-
gung bei der Enteignung (Geſetz von 1841, Art. 60; weſentlich ſo das
Schweizer Geſetz von 1850; vgl. Thiel S. 61—64). Warum das
letztere daher wieder den Begriff des Rückkaufes aufſucht, iſt nicht
abzuſehen; hier ſo wenig wie bei der Enteignung findet überhaupt
ein Kaufvertrag ſtatt, ſondern eine Action der Verwaltung mit Ver-
waltungsrecht.

Zweiter Theil.
Das Entſchädigungsverfahren und ſein Recht.

Es iſt mehrfach, namentlich von Mittermaier, der Ausſpruch ge-
than, daß die Entſchädigungsfrage die ſchwierigſte im ganzen Enteig-
nungsweſen ſei. Das iſt in der Praxis allerdings oft der Fall; für die
Wiſſenſchaft ſcheint ſie jedoch ziemlich einfach.

Die Aufgabe der Entſchädigung iſt es nämlich, dem Enteigneten
den Werth des enteigneten Gutes zurückzugeben. Dieſe Aufgabe iſt
ohne Zweifel nicht bloß eine Angelegenheit, ſondern auch eine Pflicht
der Verwaltung, und das erſte Rechtsprincip der Entſchädigung ſollte
daher darin beſtehen, daß die Verwaltung, welche ihrerſeits durch ihren
Spruch das Eigenthum nimmt, auch für die Entſchädigung nach
bürgerlichem Recht zu haften habe
. Es iſt durchaus kein Grund
denkbar, welcher politiſch oder juriſtiſch dieſer erſten Forderung des
Einzelrechts gegenüber der Enteignung entgegenſtände. In der That
bilden alle einzelnen Beſtimmungen des Entſchädigungsverfahrens die
Anerkennung dieſes Princips und ſeine praktiſche Ausführung im Ein-
zelnen; es müßte daher auch mit Recht gefordert werden, daß die Ge-
ſetze dieſe Verpflichtung ausdrücklich anerkannten. Es iſt ein — wenn
auch mehr principieller Mangel dieſer ganzen Geſetzgebung, daß dieß
nicht geſchieht, ſondern daß die Entſchädigung vielmehr den Charakter
eines durch die Verwaltung vermittelten Kaufpreiſes hat. Das
widerſpricht eben ſo ſehr dem Weſen der Enteignung, als die Verwen-
dung des Gerichts dem Principe des Entſchädigungsverfahrens. Aber

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[336/0354] Unternehmer mit dem Rechtsgrunde ſein Recht, der Enteignungsſpruch iſt aufgehoben, und die Wiedereignung tritt ein. Die Geſetzgebung ſollte daher eine Friſt als Maximum beſtimmen; die in der Genehmigung enthaltene Verordnung muß das Recht haben, nach der Natur des Unternehmens dieſe Friſt auch zu verkürzen. In ganz gleicher Weiſe fällt mit dem Wegfalle des Unternehmens überhaupt auch das Recht der Enteignung weg und die bereits enteigneten Güter können von dem Enteigneten zurückgefordert werden unter Beſtimmung des Werthes durch die Organe der Entſchädigung; nach franzöſiſchem Recht darf die Summe für die Wiedereignung nie größer ſein, als die der Entſchädi- gung bei der Enteignung (Geſetz von 1841, Art. 60; weſentlich ſo das Schweizer Geſetz von 1850; vgl. Thiel S. 61—64). Warum das letztere daher wieder den Begriff des Rückkaufes aufſucht, iſt nicht abzuſehen; hier ſo wenig wie bei der Enteignung findet überhaupt ein Kaufvertrag ſtatt, ſondern eine Action der Verwaltung mit Ver- waltungsrecht. Zweiter Theil. Das Entſchädigungsverfahren und ſein Recht. Es iſt mehrfach, namentlich von Mittermaier, der Ausſpruch ge- than, daß die Entſchädigungsfrage die ſchwierigſte im ganzen Enteig- nungsweſen ſei. Das iſt in der Praxis allerdings oft der Fall; für die Wiſſenſchaft ſcheint ſie jedoch ziemlich einfach. Die Aufgabe der Entſchädigung iſt es nämlich, dem Enteigneten den Werth des enteigneten Gutes zurückzugeben. Dieſe Aufgabe iſt ohne Zweifel nicht bloß eine Angelegenheit, ſondern auch eine Pflicht der Verwaltung, und das erſte Rechtsprincip der Entſchädigung ſollte daher darin beſtehen, daß die Verwaltung, welche ihrerſeits durch ihren Spruch das Eigenthum nimmt, auch für die Entſchädigung nach bürgerlichem Recht zu haften habe. Es iſt durchaus kein Grund denkbar, welcher politiſch oder juriſtiſch dieſer erſten Forderung des Einzelrechts gegenüber der Enteignung entgegenſtände. In der That bilden alle einzelnen Beſtimmungen des Entſchädigungsverfahrens die Anerkennung dieſes Princips und ſeine praktiſche Ausführung im Ein- zelnen; es müßte daher auch mit Recht gefordert werden, daß die Ge- ſetze dieſe Verpflichtung ausdrücklich anerkannten. Es iſt ein — wenn auch mehr principieller Mangel dieſer ganzen Geſetzgebung, daß dieß nicht geſchieht, ſondern daß die Entſchädigung vielmehr den Charakter eines durch die Verwaltung vermittelten Kaufpreiſes hat. Das widerſpricht eben ſo ſehr dem Weſen der Enteignung, als die Verwen- dung des Gerichts dem Principe des Entſchädigungsverfahrens. Aber

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Zitationshilfe: Stein, Lorenz von: Die Verwaltungslehre. Bd. 7. Stuttgart, 1868, S. 336. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/stein_verwaltungslehre07_1868/354>, abgerufen am 22.12.2024.