Sachsen-Coburg-Gotha durch das Staatsgrundgesetz vom 3. Mai 1852, §. 53; Sachsen-Gotha durch Gesetz vom 1. Oktober 1859; die Entschädigungen werden regulirt durch Gesetz vom 21. März 1863; Sachsen-Meiningen durch Gesetz vom 16. Juni 1862; Sachsen-Altenburg dagegen ohne Entschädigung durch Gesetz vom 16. Februar 1849. In Braunschweig hatte das Gesetz vom 19. Mai 1840 einen Mittelweg getroffen, bis das Gesetz vom 6. Februar 1862 die Freiheit der Gewerbebetriebe allgemein einführte, gegen eine sehr mäßige Entschädigung. Die übrigen Staaten bei Judeich S. 179 ff. -- Das neueste Gesetz ist das Ablösungsgesetz für Schleswig-Hol- stein (Verordnung vom 1. Oktober 1867). Die Grundsätze sind folgende: die auf privatrechtlichem Titel beruhenden Zwangs- und Bannrechte werden abgelöst, bis zur Ablösung bleiben sie noch bestehen, die Ab- lösung wird aber so rasch als möglich gefördert werden. Bei einer Reihe von Gewerben: Apothekern, Hebammen, Landmessern, Schiffern und Lootsen u. s. w. hat es bei den bestehenden Verordnungen sein Bewenden. Bei mehreren Kategorien, Schauspielunternehmern, Auctio- natoren, Maurern, Dachdeckern, Zimmerleuten, Wirthen und Kleinhänd- lern mit geistigen Getränken, bedarf es der Concessionirung. Wirthe und geistige Getränke scheinen der Regierung besonders unangenehm zu sein, die einschlägigen Bestimmungen sind sehr scharf. Alle anderen ge- werblichen Beschränkungen sind aufgehoben. Es bedarf nur noch der Anzeige, daß man dieses oder jenes betreiben wolle, und den Nachweis dreier Bedingungen: Volljährigkeit, Dispositionsfähigkeit, fester Wohn- sitz in den Herzogthümern. So ist auch dieser Theil, die Verbindung der Geschlechterunfreiheit mit der gewerblichen, durch die große Bewegung des Jahres 1848 beseitigt. Dasselbe gilt von dem letzten Punkte der Ablösung, den Realgerechtigkeiten.
V. Die Realgerechtigkeiten.
Die Realgerechtigkeiten bilden den Uebergang von der Geschlechter- zur ständischen Unfreiheit. Sie bestehen in den städtischen Gewerben, deren Betriebsrecht mit dem Besitze eines Grundstücks verbunden, und unterscheiden sich von den Banngerechtigkeiten dadurch, daß sie zwar das Recht auf den Betrieb für die Besitzer, nicht aber irgend welche Verpflichtung Dritter, sich durch diese Betriebe versorgen zu lassen, ent- halten. Daher können dieselben Rechte, aus welchen Bannrechte gebildet wurden, wie das Brauerei- und Mühlengewerbe, an andern Orten auch bloße Realgerechtigkeiten sein (Mittermaier §. 523). Ihre Be- seitigung hat daher mit der Entlastung nur eine sehr indirekte Beziehung;
Sachſen-Coburg-Gotha durch das Staatsgrundgeſetz vom 3. Mai 1852, §. 53; Sachſen-Gotha durch Geſetz vom 1. Oktober 1859; die Entſchädigungen werden regulirt durch Geſetz vom 21. März 1863; Sachſen-Meiningen durch Geſetz vom 16. Juni 1862; Sachſen-Altenburg dagegen ohne Entſchädigung durch Geſetz vom 16. Februar 1849. In Braunſchweig hatte das Geſetz vom 19. Mai 1840 einen Mittelweg getroffen, bis das Geſetz vom 6. Februar 1862 die Freiheit der Gewerbebetriebe allgemein einführte, gegen eine ſehr mäßige Entſchädigung. Die übrigen Staaten bei Judeich S. 179 ff. — Das neueſte Geſetz iſt das Ablöſungsgeſetz für Schleswig-Hol- ſtein (Verordnung vom 1. Oktober 1867). Die Grundſätze ſind folgende: die auf privatrechtlichem Titel beruhenden Zwangs- und Bannrechte werden abgelöst, bis zur Ablöſung bleiben ſie noch beſtehen, die Ab- löſung wird aber ſo raſch als möglich gefördert werden. Bei einer Reihe von Gewerben: Apothekern, Hebammen, Landmeſſern, Schiffern und Lootſen u. ſ. w. hat es bei den beſtehenden Verordnungen ſein Bewenden. Bei mehreren Kategorien, Schauſpielunternehmern, Auctio- natoren, Maurern, Dachdeckern, Zimmerleuten, Wirthen und Kleinhänd- lern mit geiſtigen Getränken, bedarf es der Conceſſionirung. Wirthe und geiſtige Getränke ſcheinen der Regierung beſonders unangenehm zu ſein, die einſchlägigen Beſtimmungen ſind ſehr ſcharf. Alle anderen ge- werblichen Beſchränkungen ſind aufgehoben. Es bedarf nur noch der Anzeige, daß man dieſes oder jenes betreiben wolle, und den Nachweis dreier Bedingungen: Volljährigkeit, Dispoſitionsfähigkeit, feſter Wohn- ſitz in den Herzogthümern. So iſt auch dieſer Theil, die Verbindung der Geſchlechterunfreiheit mit der gewerblichen, durch die große Bewegung des Jahres 1848 beſeitigt. Daſſelbe gilt von dem letzten Punkte der Ablöſung, den Realgerechtigkeiten.
V. Die Realgerechtigkeiten.
Die Realgerechtigkeiten bilden den Uebergang von der Geſchlechter- zur ſtändiſchen Unfreiheit. Sie beſtehen in den ſtädtiſchen Gewerben, deren Betriebsrecht mit dem Beſitze eines Grundſtücks verbunden, und unterſcheiden ſich von den Banngerechtigkeiten dadurch, daß ſie zwar das Recht auf den Betrieb für die Beſitzer, nicht aber irgend welche Verpflichtung Dritter, ſich durch dieſe Betriebe verſorgen zu laſſen, ent- halten. Daher können dieſelben Rechte, aus welchen Bannrechte gebildet wurden, wie das Brauerei- und Mühlengewerbe, an andern Orten auch bloße Realgerechtigkeiten ſein (Mittermaier §. 523). Ihre Be- ſeitigung hat daher mit der Entlaſtung nur eine ſehr indirekte Beziehung;
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Sachſen-Coburg-Gotha durch das Staatsgrundgeſetz vom 3. Mai
1852, §. 53; Sachſen-Gotha durch Geſetz vom 1. Oktober 1859;
die Entſchädigungen werden regulirt durch Geſetz vom 21. März
1863; Sachſen-Meiningen durch Geſetz vom 16. Juni 1862;
Sachſen-Altenburg dagegen ohne Entſchädigung durch Geſetz vom
16. Februar 1849. In Braunſchweig hatte das Geſetz vom 19. Mai
1840 einen Mittelweg getroffen, bis das Geſetz vom 6. Februar 1862
die Freiheit der Gewerbebetriebe allgemein einführte, gegen eine ſehr
mäßige Entſchädigung. Die übrigen Staaten bei Judeich S. 179 ff.
— Das neueſte Geſetz iſt das Ablöſungsgeſetz für Schleswig-Hol-
ſtein (Verordnung vom 1. Oktober 1867). Die Grundſätze ſind folgende:
die auf privatrechtlichem Titel beruhenden Zwangs- und Bannrechte
werden abgelöst, bis zur Ablöſung bleiben ſie noch beſtehen, die Ab-
löſung wird aber ſo raſch als möglich gefördert werden. Bei einer
Reihe von Gewerben: Apothekern, Hebammen, Landmeſſern, Schiffern
und Lootſen u. ſ. w. hat es bei den beſtehenden Verordnungen ſein
Bewenden. Bei mehreren Kategorien, Schauſpielunternehmern, Auctio-
natoren, Maurern, Dachdeckern, Zimmerleuten, Wirthen und Kleinhänd-
lern mit geiſtigen Getränken, bedarf es der Conceſſionirung. Wirthe
und geiſtige Getränke ſcheinen der Regierung beſonders unangenehm zu
ſein, die einſchlägigen Beſtimmungen ſind ſehr ſcharf. Alle anderen ge-
werblichen Beſchränkungen ſind aufgehoben. Es bedarf nur noch der
Anzeige, daß man dieſes oder jenes betreiben wolle, und den Nachweis
dreier Bedingungen: Volljährigkeit, Dispoſitionsfähigkeit, feſter Wohn-
ſitz in den Herzogthümern. So iſt auch dieſer Theil, die Verbindung
der Geſchlechterunfreiheit mit der gewerblichen, durch die große Bewegung
des Jahres 1848 beſeitigt. Daſſelbe gilt von dem letzten Punkte der
Ablöſung, den Realgerechtigkeiten.
V. Die Realgerechtigkeiten.
Die Realgerechtigkeiten bilden den Uebergang von der Geſchlechter-
zur ſtändiſchen Unfreiheit. Sie beſtehen in den ſtädtiſchen Gewerben,
deren Betriebsrecht mit dem Beſitze eines Grundſtücks verbunden, und
unterſcheiden ſich von den Banngerechtigkeiten dadurch, daß ſie zwar
das Recht auf den Betrieb für die Beſitzer, nicht aber irgend welche
Verpflichtung Dritter, ſich durch dieſe Betriebe verſorgen zu laſſen, ent-
halten. Daher können dieſelben Rechte, aus welchen Bannrechte gebildet
wurden, wie das Brauerei- und Mühlengewerbe, an andern Orten
auch bloße Realgerechtigkeiten ſein (Mittermaier §. 523). Ihre Be-
ſeitigung hat daher mit der Entlaſtung nur eine ſehr indirekte Beziehung;
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Stein, Lorenz von: Die Verwaltungslehre. Bd. 7. Stuttgart, 1868, S. 252. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/stein_verwaltungslehre07_1868/270>, abgerufen am 22.02.2025.
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