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Stein, Lorenz von: Die Verwaltungslehre. Bd. 5. Stuttgart, 1868.

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verhindert werden, die Zeit, die für eine akademische Laufbahn noth-
wendig ist, an einer der Universitäten zuzubringen." Das Charakteristische
dabei ist, daß in diesen Athenäen Vorlesungen über alle Fächer der
Universität
gehalten werden. Das ausführliche Lehrreglement ist
vom 18. Juli 1816 (Deventer). Die Städte selbst tragen die Kosten
der Athenäen und haben daher die Verwaltung derselben; nur wo der
Staat die Gehalte zahlt (Harderwijk and Franeker), setzt er die Pro-
fessoren ein. Der Uebergang von den Athenäen an die Universitäten
ist zugelassen (Art. 47). Der Mangel dieser Einrichtung besteht nun
nicht in den Athenäen, sondern offenbar darin, daß dieselben hier noch
wie in früherer Zeit in Deutschland, bis zu einem gewissen Grade das
Recht auf Ausübung der Berufsthätigkeit geben. Das ist allerdings
zu vermeiden und Deutschland hat volles Recht, dafür nur seine
Universitäten anzuerkennen. -- In Belgien ist das Vorbildungswesen
durch das Gesetz vom 1. Juni 1850 geordnet, in welchem das obige
holländische System nach französischem Muster umgestaltet ist; hier existiren
die Athenees royaux als höheres Gymnasium und die Ecoles moyennes
inferieures.
Jene sind halb Staats- und halb Gemeindeanstalten und
haben das französische Bifurcationssystem aufgenommen (de Fooz,
Droit adm. belge. T. IV. T. 2. p. 331 sq.;
s. aber besonders Belgien
von Le Roy in Schmids Encyklopädie). Die belgische Gränze ist daher
auch hier die Gränze zwischen dem germanischen und romanischen Princip.

B. Das gelehrte Fachbildungssystem.

(Das Universitätswesen.)

Das deutsche wissenschaftliche Fachbildungswesen für die speziellen
geistigen Lebensberufe besteht in seinen Universitäten. Dasselbe hat
einen so klaren, ausgeprägten Charakter, daß selbst die Einzelheiten
nur in unbedeutendem Grade verschieden sind. Es ist gar kein Zweifel,
daß es in allen Punkten die höchste Organisation der Fachbildung dar-
bietet. Es ist die freieste edelste Verbindung des ständischen mit dem
staatsbürgerlichen Element, welche die Geschichte kennt, und dadurch
nicht bloß die Grundlage der wissenschaftlichen Entwicklung, sondern
auch der tüchtigen Verwaltung. Es ist, wenn man ins Einzelne ein-
geht, ein unendlich reiches, wenn man bei dem Ganzen stehen bleibt,
ein unendlich einfaches Gebiet. Wir dürfen das erstere als bekannt
voraussetzen; es wird für die Verwaltungslehre hier kaum noch vieles
fraglich sein. Eine Darstellung des Universitätswesens in Deutschland
in seinen einzelnen Theilen, Beziehungen und Aufgaben könnte nur bei
einer Bearbeitung Werth haben, welche einen Umfang hätte, der in

verhindert werden, die Zeit, die für eine akademiſche Laufbahn noth-
wendig iſt, an einer der Univerſitäten zuzubringen.“ Das Charakteriſtiſche
dabei iſt, daß in dieſen Athenäen Vorleſungen über alle Fächer der
Univerſität
gehalten werden. Das ausführliche Lehrreglement iſt
vom 18. Juli 1816 (Deventer). Die Städte ſelbſt tragen die Koſten
der Athenäen und haben daher die Verwaltung derſelben; nur wo der
Staat die Gehalte zahlt (Harderwijk and Franeker), ſetzt er die Pro-
feſſoren ein. Der Uebergang von den Athenäen an die Univerſitäten
iſt zugelaſſen (Art. 47). Der Mangel dieſer Einrichtung beſteht nun
nicht in den Athenäen, ſondern offenbar darin, daß dieſelben hier noch
wie in früherer Zeit in Deutſchland, bis zu einem gewiſſen Grade das
Recht auf Ausübung der Berufsthätigkeit geben. Das iſt allerdings
zu vermeiden und Deutſchland hat volles Recht, dafür nur ſeine
Univerſitäten anzuerkennen. — In Belgien iſt das Vorbildungsweſen
durch das Geſetz vom 1. Juni 1850 geordnet, in welchem das obige
holländiſche Syſtem nach franzöſiſchem Muſter umgeſtaltet iſt; hier exiſtiren
die Athenées royaux als höheres Gymnaſium und die Écoles moyennes
inférieures.
Jene ſind halb Staats- und halb Gemeindeanſtalten und
haben das franzöſiſche Bifurcationsſyſtem aufgenommen (de Fooz,
Droit adm. belge. T. IV. T. 2. p. 331 sq.;
ſ. aber beſonders Belgien
von Le Roy in Schmids Encyklopädie). Die belgiſche Gränze iſt daher
auch hier die Gränze zwiſchen dem germaniſchen und romaniſchen Princip.

B. Das gelehrte Fachbildungsſyſtem.

(Das Univerſitätsweſen.)

Das deutſche wiſſenſchaftliche Fachbildungsweſen für die ſpeziellen
geiſtigen Lebensberufe beſteht in ſeinen Univerſitäten. Daſſelbe hat
einen ſo klaren, ausgeprägten Charakter, daß ſelbſt die Einzelheiten
nur in unbedeutendem Grade verſchieden ſind. Es iſt gar kein Zweifel,
daß es in allen Punkten die höchſte Organiſation der Fachbildung dar-
bietet. Es iſt die freieſte edelſte Verbindung des ſtändiſchen mit dem
ſtaatsbürgerlichen Element, welche die Geſchichte kennt, und dadurch
nicht bloß die Grundlage der wiſſenſchaftlichen Entwicklung, ſondern
auch der tüchtigen Verwaltung. Es iſt, wenn man ins Einzelne ein-
geht, ein unendlich reiches, wenn man bei dem Ganzen ſtehen bleibt,
ein unendlich einfaches Gebiet. Wir dürfen das erſtere als bekannt
vorausſetzen; es wird für die Verwaltungslehre hier kaum noch vieles
fraglich ſein. Eine Darſtellung des Univerſitätsweſens in Deutſchland
in ſeinen einzelnen Theilen, Beziehungen und Aufgaben könnte nur bei
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[218/0246] verhindert werden, die Zeit, die für eine akademiſche Laufbahn noth- wendig iſt, an einer der Univerſitäten zuzubringen.“ Das Charakteriſtiſche dabei iſt, daß in dieſen Athenäen Vorleſungen über alle Fächer der Univerſität gehalten werden. Das ausführliche Lehrreglement iſt vom 18. Juli 1816 (Deventer). Die Städte ſelbſt tragen die Koſten der Athenäen und haben daher die Verwaltung derſelben; nur wo der Staat die Gehalte zahlt (Harderwijk and Franeker), ſetzt er die Pro- feſſoren ein. Der Uebergang von den Athenäen an die Univerſitäten iſt zugelaſſen (Art. 47). Der Mangel dieſer Einrichtung beſteht nun nicht in den Athenäen, ſondern offenbar darin, daß dieſelben hier noch wie in früherer Zeit in Deutſchland, bis zu einem gewiſſen Grade das Recht auf Ausübung der Berufsthätigkeit geben. Das iſt allerdings zu vermeiden und Deutſchland hat volles Recht, dafür nur ſeine Univerſitäten anzuerkennen. — In Belgien iſt das Vorbildungsweſen durch das Geſetz vom 1. Juni 1850 geordnet, in welchem das obige holländiſche Syſtem nach franzöſiſchem Muſter umgeſtaltet iſt; hier exiſtiren die Athenées royaux als höheres Gymnaſium und die Écoles moyennes inférieures. Jene ſind halb Staats- und halb Gemeindeanſtalten und haben das franzöſiſche Bifurcationsſyſtem aufgenommen (de Fooz, Droit adm. belge. T. IV. T. 2. p. 331 sq.; ſ. aber beſonders Belgien von Le Roy in Schmids Encyklopädie). Die belgiſche Gränze iſt daher auch hier die Gränze zwiſchen dem germaniſchen und romaniſchen Princip. B. Das gelehrte Fachbildungsſyſtem. (Das Univerſitätsweſen.) Das deutſche wiſſenſchaftliche Fachbildungsweſen für die ſpeziellen geiſtigen Lebensberufe beſteht in ſeinen Univerſitäten. Daſſelbe hat einen ſo klaren, ausgeprägten Charakter, daß ſelbſt die Einzelheiten nur in unbedeutendem Grade verſchieden ſind. Es iſt gar kein Zweifel, daß es in allen Punkten die höchſte Organiſation der Fachbildung dar- bietet. Es iſt die freieſte edelſte Verbindung des ſtändiſchen mit dem ſtaatsbürgerlichen Element, welche die Geſchichte kennt, und dadurch nicht bloß die Grundlage der wiſſenſchaftlichen Entwicklung, ſondern auch der tüchtigen Verwaltung. Es iſt, wenn man ins Einzelne ein- geht, ein unendlich reiches, wenn man bei dem Ganzen ſtehen bleibt, ein unendlich einfaches Gebiet. Wir dürfen das erſtere als bekannt vorausſetzen; es wird für die Verwaltungslehre hier kaum noch vieles fraglich ſein. Eine Darſtellung des Univerſitätsweſens in Deutſchland in ſeinen einzelnen Theilen, Beziehungen und Aufgaben könnte nur bei einer Bearbeitung Werth haben, welche einen Umfang hätte, der in

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Zitationshilfe: Stein, Lorenz von: Die Verwaltungslehre. Bd. 5. Stuttgart, 1868, S. 218. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/stein_verwaltungslehre05_1868/246>, abgerufen am 21.11.2024.