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Stein, Lorenz von: Die Verwaltungslehre. Bd. 3 (2,2). Stuttgart, 1867.

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die Verwaltungslehre in dieser gegenwärtigen Gestalt der niederen
Gesundheitspolizei das ganze Gebiet des öffentlichen Strafrechts der
Strafrechtslehre überlassen, und auch für diesen Theil nur dasjenige
hervorheben, wodurch, abgesehen von den strafrechtlichen Bestimmun-
gen, das öffentliche Recht der Verwaltung dieses Gebietes gebildet wird.

I. Gesundheitspolizei der natürlichen Gefährdungen.

Es liegt in der Natur der Sache, daß die hierauf bezüglichen Vor-
schriften so sehr örtlicher Natur sind, daß eine Verallgemeinerung ent-
weder nicht möglich oder werthlos wird. Dahin gehören alle ortspolizei-
lichen Vorschriften über die Gefahren der Communikationswege, der
Badeplätze, der Bauunternehmungen, der Thiere u. s. w. Hervorge-
hoben muß wohl nur die Polizei der Hundswuth werden, weil dieß
der Punkt ist, auf welchem es für wissenschaftliche Untersuchungen und
damit für allgemeine Regeln Raum gab. Aus der Beobachtung der
Hundswuth entstand dann die Theorie und die Polizei der übrigen
Thierseuchen
, die auf Menschen übertragbar sind, nebst einer Reihe
von Verordnungen, welche hier Schutz zu gewähren haben.

Auf die Hundswuth hat, glaube ich, zuerst Peter Frank, Medi-
cinalpolizei IV. 1. 6. als Gegenstand der Medicinalpolizei hingewiesen.
Aus England und Frankreich, Belgien und Holland sind mir keine Ver-
ordnungen bekannt. Von den deutschen stehen die österreichischen
in Stubenrauch, Verwaltungsgesetzkunde I. 233. Allgemeine Beleh-
rung: Erlaß vom 26. Mai 1854. Preußen: Edikt gegen Hunds-
wuth schon 1797; dann eine Reihe von Verordnungen und Instruktio-
nen, jedoch stets provinziell; endlich Verfügungen über Milzbrand, Rotz
und Wurm und Verfahren dabei (Horn a. a. O. I. 247--261). In
Bayern ist das Strafpolizeigesetz Art. 140--143 maßgebend. Die Vor-
schriften in Württemberg sind sehr detaillirt über alle äußern Ge-
fahren (Roller a. a. O. §§. 202--232). -- Für Frankreich Tardieu
(Dictionnaire II. v. Epsizooties. Pappenheim, Sanitätspolizei III.
Art. Hundswuth). Nach englischem Recht besteht nur der Grundsatz der
privatrechtlichen Haftung für Schaden; so auch bei Hundswuth 26, 27
Vict. c. 100. (Austria 1864.)

II. Syphilis.

Der Kampf gegen dieß furchtbare Uebel ist neu und man ist sich weder
darüber ganz einig im europäischen Verwaltungsrecht, ob die Verwal-
tung die Berechtigung habe, hier an die Stelle der individuellen Für-
sorge zu treten, noch in welcher Weise dieß zu geschehen hat. Wenn
man nun überhaupt der Verwaltung die Aufgabe stellt, den Einzelnen

die Verwaltungslehre in dieſer gegenwärtigen Geſtalt der niederen
Geſundheitspolizei das ganze Gebiet des öffentlichen Strafrechts der
Strafrechtslehre überlaſſen, und auch für dieſen Theil nur dasjenige
hervorheben, wodurch, abgeſehen von den ſtrafrechtlichen Beſtimmun-
gen, das öffentliche Recht der Verwaltung dieſes Gebietes gebildet wird.

I. Geſundheitspolizei der natürlichen Gefährdungen.

Es liegt in der Natur der Sache, daß die hierauf bezüglichen Vor-
ſchriften ſo ſehr örtlicher Natur ſind, daß eine Verallgemeinerung ent-
weder nicht möglich oder werthlos wird. Dahin gehören alle ortspolizei-
lichen Vorſchriften über die Gefahren der Communikationswege, der
Badeplätze, der Bauunternehmungen, der Thiere u. ſ. w. Hervorge-
hoben muß wohl nur die Polizei der Hundswuth werden, weil dieß
der Punkt iſt, auf welchem es für wiſſenſchaftliche Unterſuchungen und
damit für allgemeine Regeln Raum gab. Aus der Beobachtung der
Hundswuth entſtand dann die Theorie und die Polizei der übrigen
Thierſeuchen
, die auf Menſchen übertragbar ſind, nebſt einer Reihe
von Verordnungen, welche hier Schutz zu gewähren haben.

Auf die Hundswuth hat, glaube ich, zuerſt Peter Frank, Medi-
cinalpolizei IV. 1. 6. als Gegenſtand der Medicinalpolizei hingewieſen.
Aus England und Frankreich, Belgien und Holland ſind mir keine Ver-
ordnungen bekannt. Von den deutſchen ſtehen die öſterreichiſchen
in Stubenrauch, Verwaltungsgeſetzkunde I. 233. Allgemeine Beleh-
rung: Erlaß vom 26. Mai 1854. Preußen: Edikt gegen Hunds-
wuth ſchon 1797; dann eine Reihe von Verordnungen und Inſtruktio-
nen, jedoch ſtets provinziell; endlich Verfügungen über Milzbrand, Rotz
und Wurm und Verfahren dabei (Horn a. a. O. I. 247—261). In
Bayern iſt das Strafpolizeigeſetz Art. 140—143 maßgebend. Die Vor-
ſchriften in Württemberg ſind ſehr detaillirt über alle äußern Ge-
fahren (Roller a. a. O. §§. 202—232). — Für Frankreich Tardieu
(Dictionnaire II. v. Epsizooties. Pappenheim, Sanitätspolizei III.
Art. Hundswuth). Nach engliſchem Recht beſteht nur der Grundſatz der
privatrechtlichen Haftung für Schaden; ſo auch bei Hundswuth 26, 27
Vict. c. 100. (Auſtria 1864.)

II. Syphilis.

Der Kampf gegen dieß furchtbare Uebel iſt neu und man iſt ſich weder
darüber ganz einig im europäiſchen Verwaltungsrecht, ob die Verwal-
tung die Berechtigung habe, hier an die Stelle der individuellen Für-
ſorge zu treten, noch in welcher Weiſe dieß zu geſchehen hat. Wenn
man nun überhaupt der Verwaltung die Aufgabe ſtellt, den Einzelnen

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[78/0094] die Verwaltungslehre in dieſer gegenwärtigen Geſtalt der niederen Geſundheitspolizei das ganze Gebiet des öffentlichen Strafrechts der Strafrechtslehre überlaſſen, und auch für dieſen Theil nur dasjenige hervorheben, wodurch, abgeſehen von den ſtrafrechtlichen Beſtimmun- gen, das öffentliche Recht der Verwaltung dieſes Gebietes gebildet wird. I. Geſundheitspolizei der natürlichen Gefährdungen. Es liegt in der Natur der Sache, daß die hierauf bezüglichen Vor- ſchriften ſo ſehr örtlicher Natur ſind, daß eine Verallgemeinerung ent- weder nicht möglich oder werthlos wird. Dahin gehören alle ortspolizei- lichen Vorſchriften über die Gefahren der Communikationswege, der Badeplätze, der Bauunternehmungen, der Thiere u. ſ. w. Hervorge- hoben muß wohl nur die Polizei der Hundswuth werden, weil dieß der Punkt iſt, auf welchem es für wiſſenſchaftliche Unterſuchungen und damit für allgemeine Regeln Raum gab. Aus der Beobachtung der Hundswuth entſtand dann die Theorie und die Polizei der übrigen Thierſeuchen, die auf Menſchen übertragbar ſind, nebſt einer Reihe von Verordnungen, welche hier Schutz zu gewähren haben. Auf die Hundswuth hat, glaube ich, zuerſt Peter Frank, Medi- cinalpolizei IV. 1. 6. als Gegenſtand der Medicinalpolizei hingewieſen. Aus England und Frankreich, Belgien und Holland ſind mir keine Ver- ordnungen bekannt. Von den deutſchen ſtehen die öſterreichiſchen in Stubenrauch, Verwaltungsgeſetzkunde I. 233. Allgemeine Beleh- rung: Erlaß vom 26. Mai 1854. Preußen: Edikt gegen Hunds- wuth ſchon 1797; dann eine Reihe von Verordnungen und Inſtruktio- nen, jedoch ſtets provinziell; endlich Verfügungen über Milzbrand, Rotz und Wurm und Verfahren dabei (Horn a. a. O. I. 247—261). In Bayern iſt das Strafpolizeigeſetz Art. 140—143 maßgebend. Die Vor- ſchriften in Württemberg ſind ſehr detaillirt über alle äußern Ge- fahren (Roller a. a. O. §§. 202—232). — Für Frankreich Tardieu (Dictionnaire II. v. Epsizooties. Pappenheim, Sanitätspolizei III. Art. Hundswuth). Nach engliſchem Recht beſteht nur der Grundſatz der privatrechtlichen Haftung für Schaden; ſo auch bei Hundswuth 26, 27 Vict. c. 100. (Auſtria 1864.) II. Syphilis. Der Kampf gegen dieß furchtbare Uebel iſt neu und man iſt ſich weder darüber ganz einig im europäiſchen Verwaltungsrecht, ob die Verwal- tung die Berechtigung habe, hier an die Stelle der individuellen Für- ſorge zu treten, noch in welcher Weiſe dieß zu geſchehen hat. Wenn man nun überhaupt der Verwaltung die Aufgabe ſtellt, den Einzelnen

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Zitationshilfe: Stein, Lorenz von: Die Verwaltungslehre. Bd. 3 (2,2). Stuttgart, 1867, S. 78. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/stein_verwaltungslehre03_1867/94>, abgerufen am 21.12.2024.