Stein, Lorenz von: Die Verwaltungslehre. Bd. 2 (2,1). Stuttgart, 1866.natürlich in diesem Verwaltungsrecht keine Verwaltungslehre suchen c) Die Verwaltungslehre in der Form der Volkswirthschaftspflege. Das ist nun diejenige Richtung, welche, den Boden der deutschen Klar- Als in der Mitte des vorigen Jahrhunderts die Noth Frankreich natürlich in dieſem Verwaltungsrecht keine Verwaltungslehre ſuchen c) Die Verwaltungslehre in der Form der Volkswirthſchaftspflege. Das iſt nun diejenige Richtung, welche, den Boden der deutſchen Klar- Als in der Mitte des vorigen Jahrhunderts die Noth Frankreich <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <div n="4"> <div n="5"> <div n="6"> <p><pb facs="#f0061" n="39"/> natürlich in dieſem Verwaltung<hi rendition="#g">srecht</hi> keine Verwaltung<hi rendition="#g">slehre</hi> ſuchen<lb/> und finden. Es handelt ſich für daſſelbe <hi rendition="#g">nicht</hi> um die rationelle Ver-<lb/> waltung, ſondern darum, das in dem betreffenden Staate <hi rendition="#g">geltende<lb/> Recht</hi> der Verwaltung eben als ein ſelbſtändiges, geordnetes Ganze,<lb/> und zwar in jener organiſchen Verbindung mit dem Begriff und dem<lb/> geſammten Recht des Staats darzuſtellen, deren Mangel der eigentliche<lb/> Charakter der oben erwähnten Sammlungen als der Verwaltungsgeſetz-<lb/> kunde iſt. Während die letztern der amtlichen Function einen wichtigen<lb/> Dienſt erweiſen, haben dieſe „Verwaltungsrechte“ eine andere Aufgabe;<lb/> ſie erfüllen den Begriff des Staats und den abſtracten Organismus der<lb/> Verfaſſung mit ihrem concreten Inhalt; ſie ſind die Träger der Idee,<lb/> daß der Staat erſt dann vollſtändig erkannt iſt, wenn man ihn als<lb/> thätigen, als wirkenden, als in <hi rendition="#g">der Mitte ſeiner poſitiven Auf-<lb/> gaben ſtehenden Organismus</hi> erkennt. Dieſe organiſche Auffaſ-<lb/> ſung des Verwaltungsrechts iſt wieder eine ſpecifiſch <hi rendition="#g">deutſche</hi>, und<lb/> hier haben die übrigen Völker Europa’s unbedingt von uns zu lernen.<lb/> Daß aber die Aufgabe der Verwaltung<hi rendition="#g">slehre</hi> nicht in ihnen gelöst<lb/> iſt, noch gelöst werden ſoll, iſt wohl klar. Und in Ermanglung der-<lb/> ſelben müſſen wir uns nun zu einer dritten Erſcheinung wenden, von<lb/> der es höchſt zweifelhaft iſt, ob ſie mehr Nutzen als Schaden ſtiftet.</p> </div><lb/> <div n="6"> <head><hi rendition="#aq">c)</hi><hi rendition="#g">Die Verwaltungslehre in der Form der Volkswirthſchaftspflege</hi>.</head><lb/> <p>Das iſt nun diejenige Richtung, welche, den Boden der deutſchen Klar-<lb/> heit und des ſtrengen Bedürfniſſes nach wiſſenſchaftlicher Unterſcheidung<lb/> verlaſſend, nach franzöſiſchen und engliſchen Vorbildern die ganze <hi rendition="#g">Ver-<lb/> waltungslehre mit der Volkswirthſchaftslehre zu einem<lb/> ununterſcheidbaren Ganzen</hi> zuſammenſchmilzt. Grund und Er-<lb/> ſcheinungen dieſer Richtung werden, glauben wir, leicht verſtändlich ſein.</p><lb/> <p>Als in der Mitte des vorigen Jahrhunderts die Noth Frankreich<lb/> nachdenken lehrte über das, was der Staat zu ſein und zu thun habe,<lb/> ſehen wir zwei Bewegungen faſt gleichzeitig auftreten. Die eine ergreift<lb/> die Frage nach der Verfaſſung; die zweite aber, ohne der Sache ihren<lb/> Namen zu geben, wendet ſich der innern Verwaltung zu. Der Vertreter<lb/> und der erſte ſyſtematiſche Ausdruck der letzteren Bewegung iſt die <hi rendition="#g">phyſio-<lb/> kratiſche Schule</hi>. Die Summe von Gedanken, welche wir mit dieſem<lb/> Worte bezeichnen, wird gewöhnlich als ein eigentlich <hi rendition="#g">nationalökono-<lb/> miſches</hi> Syſtem aufgeführt, und ſchwerlich dürfte eine Arbeit nachge-<lb/> wieſen werden können, weder in Frankreich noch in Deutſchland, welche<lb/> derſelben einen andern Platz angewieſen hätte. Das aber iſt nicht<lb/> richtig. Die phyſiokratiſche Schule iſt ebenſo ſehr das erſte, wenn auch<lb/> vage Syſtem der Verwaltungslehre als der Nationalökonomie. Es iſt<lb/></p> </div> </div> </div> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [39/0061]
natürlich in dieſem Verwaltungsrecht keine Verwaltungslehre ſuchen
und finden. Es handelt ſich für daſſelbe nicht um die rationelle Ver-
waltung, ſondern darum, das in dem betreffenden Staate geltende
Recht der Verwaltung eben als ein ſelbſtändiges, geordnetes Ganze,
und zwar in jener organiſchen Verbindung mit dem Begriff und dem
geſammten Recht des Staats darzuſtellen, deren Mangel der eigentliche
Charakter der oben erwähnten Sammlungen als der Verwaltungsgeſetz-
kunde iſt. Während die letztern der amtlichen Function einen wichtigen
Dienſt erweiſen, haben dieſe „Verwaltungsrechte“ eine andere Aufgabe;
ſie erfüllen den Begriff des Staats und den abſtracten Organismus der
Verfaſſung mit ihrem concreten Inhalt; ſie ſind die Träger der Idee,
daß der Staat erſt dann vollſtändig erkannt iſt, wenn man ihn als
thätigen, als wirkenden, als in der Mitte ſeiner poſitiven Auf-
gaben ſtehenden Organismus erkennt. Dieſe organiſche Auffaſ-
ſung des Verwaltungsrechts iſt wieder eine ſpecifiſch deutſche, und
hier haben die übrigen Völker Europa’s unbedingt von uns zu lernen.
Daß aber die Aufgabe der Verwaltungslehre nicht in ihnen gelöst
iſt, noch gelöst werden ſoll, iſt wohl klar. Und in Ermanglung der-
ſelben müſſen wir uns nun zu einer dritten Erſcheinung wenden, von
der es höchſt zweifelhaft iſt, ob ſie mehr Nutzen als Schaden ſtiftet.
c) Die Verwaltungslehre in der Form der Volkswirthſchaftspflege.
Das iſt nun diejenige Richtung, welche, den Boden der deutſchen Klar-
heit und des ſtrengen Bedürfniſſes nach wiſſenſchaftlicher Unterſcheidung
verlaſſend, nach franzöſiſchen und engliſchen Vorbildern die ganze Ver-
waltungslehre mit der Volkswirthſchaftslehre zu einem
ununterſcheidbaren Ganzen zuſammenſchmilzt. Grund und Er-
ſcheinungen dieſer Richtung werden, glauben wir, leicht verſtändlich ſein.
Als in der Mitte des vorigen Jahrhunderts die Noth Frankreich
nachdenken lehrte über das, was der Staat zu ſein und zu thun habe,
ſehen wir zwei Bewegungen faſt gleichzeitig auftreten. Die eine ergreift
die Frage nach der Verfaſſung; die zweite aber, ohne der Sache ihren
Namen zu geben, wendet ſich der innern Verwaltung zu. Der Vertreter
und der erſte ſyſtematiſche Ausdruck der letzteren Bewegung iſt die phyſio-
kratiſche Schule. Die Summe von Gedanken, welche wir mit dieſem
Worte bezeichnen, wird gewöhnlich als ein eigentlich nationalökono-
miſches Syſtem aufgeführt, und ſchwerlich dürfte eine Arbeit nachge-
wieſen werden können, weder in Frankreich noch in Deutſchland, welche
derſelben einen andern Platz angewieſen hätte. Das aber iſt nicht
richtig. Die phyſiokratiſche Schule iſt ebenſo ſehr das erſte, wenn auch
vage Syſtem der Verwaltungslehre als der Nationalökonomie. Es iſt
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