Ordnung der Bevölkerung gegeben ist; denn erst im Heimathsrecht treten amtliche und Selbstverwaltung einander bestimmt gegenüber. Während man nun aber das Indigenat unter dem Staatsrecht, die Competenz unter der Ge- richtsordnung, das Gemeindebürgerrecht unter der Gemeindeordnung behandelt, gibt es für das Heimathswesen gar keine systematische Stelle, wenn man nicht den Begriff der administrativen Bevölkerungsordnung aufnimmt. Eben darum dürfen wir keine regelrechte Behandlung desselben in der deutschen Lite- ratur erwarten; in der That schweigen einige, wie Zachariä, Klüber, Gönner u. s. w. ganz davon, andere wie Zöpfl nehmen es als Moment am Indigenat auf, andere wie Mohl (Präventivjustiz S. 194) sehen nichts als eine Polizeianstalt darin. Es lag nun in dem Wesen des Heimathsrechts, daß es, so wie eine ernsthafte Publicistik des Armenwesens und zwar mit Verglei- chung von England und Frankreich entstand, nicht länger bei Seite geschoben werden konnte. In der That hat das Studium des Armenwesens daher auch die eingehende Betrachtung des Heimathswesens hervorgerufen, und hier können wir nicht umhin, zwei Männer in erster Reihe zu stellen, denen wir eine ent- schiedene Erweiterung unserer Kenntnisse und unseres Gesichtskreises verdanken. Das sind Kries (Die englische Armenpflege, 1863) und Bitzer (Das Recht auf Armenunterstützung und die Freizügigkeit, ein Beitrag zu der Frage des allgemeinen deutschen Heimathsrechts, 1863). Beide haben das letztere gründ- lich untersucht, die historischen Thatsachen mit aufgenommen, und zugleich für die vergleichende Verwaltungslehre die Bahn gebrochen. Wir werden in Be- ziehung auf das Armenwesen sie als Hauptquellen festzuhalten haben. Allein im Heimathsrecht sind beide nicht zum Abschluß gelangt, weil sie eben nur in seiner Beziehung zum Armenwesen untersucht haben, und nicht in seiner allge- meineren Bedeutung als organischen Theil der administrativen Bevölkerungsord- nung. Das Correlat des Heimathswesens, das Gemeindebürgerrecht, verschwindet ihnen daher, wie den gewöhnlichen staatsrechtlichen Gebieten im Gemeindebürger- recht das correspondirende Heimathsrecht verschwindet, wie Mohl in seinen Darstellungen des Gemeindewesens (Literatur der Staatswissenschaft II. und III.). Indem wir daher diese unsere höchst achtungswerthen Vorgänger beständig be- nutzen, müssen wir doch einen andern Standpunkt einnehmen. Wir müssen fest- halten, daß das Heimathsrecht jedes einzelnen Staats in der That einen Theil der Gesammtbildung des öffentlichen Rechts der Bevölke- rungsordnung ausmacht, und daher auch nur im historischen Zusammen- hange mit der letzteren richtig dargestellt werden kann. Wir wollen dieß versuchen.
England, Schottland und Irland.
(Die Selbstverwaltungskörper als Grundlage der administrativen Ordnung der Bevölkerung. Die Stellung der Gerichte und ihre Aufgabe. Begriff und Inhalt des Verwaltungsbürgerrechts. Die Verschiedenheit des Heimaths- rechts in England, Schottland und Irland.)
Vielleicht in keinem Lande der Welt sind die Grundsätze, welche die administrative Ordnung der Bevölkerung bestimmen, so früh und
Ordnung der Bevölkerung gegeben iſt; denn erſt im Heimathsrecht treten amtliche und Selbſtverwaltung einander beſtimmt gegenüber. Während man nun aber das Indigenat unter dem Staatsrecht, die Competenz unter der Ge- richtsordnung, das Gemeindebürgerrecht unter der Gemeindeordnung behandelt, gibt es für das Heimathsweſen gar keine ſyſtematiſche Stelle, wenn man nicht den Begriff der adminiſtrativen Bevölkerungsordnung aufnimmt. Eben darum dürfen wir keine regelrechte Behandlung deſſelben in der deutſchen Lite- ratur erwarten; in der That ſchweigen einige, wie Zachariä, Klüber, Gönner u. ſ. w. ganz davon, andere wie Zöpfl nehmen es als Moment am Indigenat auf, andere wie Mohl (Präventivjuſtiz S. 194) ſehen nichts als eine Polizeianſtalt darin. Es lag nun in dem Weſen des Heimathsrechts, daß es, ſo wie eine ernſthafte Publiciſtik des Armenweſens und zwar mit Verglei- chung von England und Frankreich entſtand, nicht länger bei Seite geſchoben werden konnte. In der That hat das Studium des Armenweſens daher auch die eingehende Betrachtung des Heimathsweſens hervorgerufen, und hier können wir nicht umhin, zwei Männer in erſter Reihe zu ſtellen, denen wir eine ent- ſchiedene Erweiterung unſerer Kenntniſſe und unſeres Geſichtskreiſes verdanken. Das ſind Kries (Die engliſche Armenpflege, 1863) und Bitzer (Das Recht auf Armenunterſtützung und die Freizügigkeit, ein Beitrag zu der Frage des allgemeinen deutſchen Heimathsrechts, 1863). Beide haben das letztere gründ- lich unterſucht, die hiſtoriſchen Thatſachen mit aufgenommen, und zugleich für die vergleichende Verwaltungslehre die Bahn gebrochen. Wir werden in Be- ziehung auf das Armenweſen ſie als Hauptquellen feſtzuhalten haben. Allein im Heimathsrecht ſind beide nicht zum Abſchluß gelangt, weil ſie eben nur in ſeiner Beziehung zum Armenweſen unterſucht haben, und nicht in ſeiner allge- meineren Bedeutung als organiſchen Theil der adminiſtrativen Bevölkerungsord- nung. Das Correlat des Heimathsweſens, das Gemeindebürgerrecht, verſchwindet ihnen daher, wie den gewöhnlichen ſtaatsrechtlichen Gebieten im Gemeindebürger- recht das correſpondirende Heimathsrecht verſchwindet, wie Mohl in ſeinen Darſtellungen des Gemeindeweſens (Literatur der Staatswiſſenſchaft II. und III.). Indem wir daher dieſe unſere höchſt achtungswerthen Vorgänger beſtändig be- nutzen, müſſen wir doch einen andern Standpunkt einnehmen. Wir müſſen feſt- halten, daß das Heimathsrecht jedes einzelnen Staats in der That einen Theil der Geſammtbildung des öffentlichen Rechts der Bevölke- rungsordnung ausmacht, und daher auch nur im hiſtoriſchen Zuſammen- hange mit der letzteren richtig dargeſtellt werden kann. Wir wollen dieß verſuchen.
England, Schottland und Irland.
(Die Selbſtverwaltungskörper als Grundlage der adminiſtrativen Ordnung der Bevölkerung. Die Stellung der Gerichte und ihre Aufgabe. Begriff und Inhalt des Verwaltungsbürgerrechts. Die Verſchiedenheit des Heimaths- rechts in England, Schottland und Irland.)
Vielleicht in keinem Lande der Welt ſind die Grundſätze, welche die adminiſtrative Ordnung der Bevölkerung beſtimmen, ſo früh und
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[287/0309]
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amtliche und Selbſtverwaltung einander beſtimmt gegenüber. Während man
nun aber das Indigenat unter dem Staatsrecht, die Competenz unter der Ge-
richtsordnung, das Gemeindebürgerrecht unter der Gemeindeordnung behandelt,
gibt es für das Heimathsweſen gar keine ſyſtematiſche Stelle, wenn man
nicht den Begriff der adminiſtrativen Bevölkerungsordnung aufnimmt. Eben
darum dürfen wir keine regelrechte Behandlung deſſelben in der deutſchen Lite-
ratur erwarten; in der That ſchweigen einige, wie Zachariä, Klüber,
Gönner u. ſ. w. ganz davon, andere wie Zöpfl nehmen es als Moment am
Indigenat auf, andere wie Mohl (Präventivjuſtiz S. 194) ſehen nichts als eine
Polizeianſtalt darin. Es lag nun in dem Weſen des Heimathsrechts, daß es,
ſo wie eine ernſthafte Publiciſtik des Armenweſens und zwar mit Verglei-
chung von England und Frankreich entſtand, nicht länger bei Seite geſchoben
werden konnte. In der That hat das Studium des Armenweſens daher auch
die eingehende Betrachtung des Heimathsweſens hervorgerufen, und hier können
wir nicht umhin, zwei Männer in erſter Reihe zu ſtellen, denen wir eine ent-
ſchiedene Erweiterung unſerer Kenntniſſe und unſeres Geſichtskreiſes verdanken.
Das ſind Kries (Die engliſche Armenpflege, 1863) und Bitzer (Das Recht
auf Armenunterſtützung und die Freizügigkeit, ein Beitrag zu der Frage des
allgemeinen deutſchen Heimathsrechts, 1863). Beide haben das letztere gründ-
lich unterſucht, die hiſtoriſchen Thatſachen mit aufgenommen, und zugleich für
die vergleichende Verwaltungslehre die Bahn gebrochen. Wir werden in Be-
ziehung auf das Armenweſen ſie als Hauptquellen feſtzuhalten haben. Allein
im Heimathsrecht ſind beide nicht zum Abſchluß gelangt, weil ſie eben nur in
ſeiner Beziehung zum Armenweſen unterſucht haben, und nicht in ſeiner allge-
meineren Bedeutung als organiſchen Theil der adminiſtrativen Bevölkerungsord-
nung. Das Correlat des Heimathsweſens, das Gemeindebürgerrecht, verſchwindet
ihnen daher, wie den gewöhnlichen ſtaatsrechtlichen Gebieten im Gemeindebürger-
recht das correſpondirende Heimathsrecht verſchwindet, wie Mohl in ſeinen
Darſtellungen des Gemeindeweſens (Literatur der Staatswiſſenſchaft II. und III.).
Indem wir daher dieſe unſere höchſt achtungswerthen Vorgänger beſtändig be-
nutzen, müſſen wir doch einen andern Standpunkt einnehmen. Wir müſſen feſt-
halten, daß das Heimathsrecht jedes einzelnen Staats in der That einen
Theil der Geſammtbildung des öffentlichen Rechts der Bevölke-
rungsordnung ausmacht, und daher auch nur im hiſtoriſchen Zuſammen-
hange mit der letzteren richtig dargeſtellt werden kann. Wir wollen dieß verſuchen.
England, Schottland und Irland.
(Die Selbſtverwaltungskörper als Grundlage der adminiſtrativen Ordnung
der Bevölkerung. Die Stellung der Gerichte und ihre Aufgabe. Begriff und
Inhalt des Verwaltungsbürgerrechts. Die Verſchiedenheit des Heimaths-
rechts in England, Schottland und Irland.)
Vielleicht in keinem Lande der Welt ſind die Grundſätze, welche
die adminiſtrative Ordnung der Bevölkerung beſtimmen, ſo früh und
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Stein, Lorenz von: Die Verwaltungslehre. Bd. 2 (2,1). Stuttgart, 1866, S. 287. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/stein_verwaltungslehre02_1866/309>, abgerufen am 22.02.2025.
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