Stein, Lorenz von: Die Verwaltungslehre. Bd. 2 (2,1). Stuttgart, 1866.conjugia contrahere cum populo negari non potest, nisi delictum II. Das öffentliche Eherecht der ständischen Ordnung. (Die drei Formen und Stadien derselben bis zur neueren Zeit: das Ehe- Das öffentliche Eherecht der ständischen Ordnung ist nicht wie das 1) Das öffentliche Eherecht zwischen Freien und Unfreien. Das reine ständische Eherecht. Die Frage nach dem Rechte der Ehe zwischen Freien und Unfreien conjugia contrahere cum populo negari non potest, nisi delictum II. Das öffentliche Eherecht der ſtändiſchen Ordnung. (Die drei Formen und Stadien derſelben bis zur neueren Zeit: das Ehe- Das öffentliche Eherecht der ſtändiſchen Ordnung iſt nicht wie das 1) Das öffentliche Eherecht zwiſchen Freien und Unfreien. Das reine ſtändiſche Eherecht. Die Frage nach dem Rechte der Ehe zwiſchen Freien und Unfreien <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <div n="4"> <div n="5"> <div n="6"> <div n="7"> <p><pb facs="#f0154" n="132"/><hi rendition="#aq">conjugia contrahere cum populo negari non potest, <hi rendition="#g">nisi delictum<lb/> praecesserit</hi> (II. <hi rendition="#k">ii</hi>. 21).</hi> Dabei erkennt er das kirchliche Eherecht voll-<lb/> kommen an. Von da an verſchwindet der alte Standpunkt, ohne daß<lb/> man ihn eigentlich recht verſtanden hätte. Die Frage dagegen nach der Ehe<lb/> zwiſchen Freien und Unfreien bleibt; ſie gehört aber eigentlich nicht ins<lb/> Geſchlechterrecht, ſondern in das ſtändiſche Eherecht, bei welchem wir<lb/> darauf zurückkommen.</p> </div> </div><lb/> <div n="6"> <head> <hi rendition="#b"><hi rendition="#aq">II.</hi> Das öffentliche Eherecht der ſtändiſchen Ordnung.</hi> </head><lb/> <argument> <p>(Die drei Formen und Stadien derſelben bis zur neueren Zeit: das Ehe-<lb/> recht der ſtändiſchen Unterſchiede, des ſtändiſchen Beſitzes (Lehnrecht), und des<lb/> ſtändiſchen Berufes.)</p> </argument><lb/> <p>Das öffentliche Eherecht der ſtändiſchen Ordnung iſt nicht wie das<lb/> der Geſchlechterordnung ein an ſich einfaches. Es erſcheint vielmehr als<lb/> ein zum Theil ſehr ausgebildetes Syſtem von Rechtsſätzen, und dieß<lb/> Syſtem beruht auf den drei Elementen, welche den Inhalt der ſtändi-<lb/> ſchen beſtimmen, dem Elemente der <hi rendition="#g">Freiheit</hi>, dem Elemente des<lb/> ſtändiſchen <hi rendition="#g">Beſitzes</hi>, und dem des eigentlichen <hi rendition="#g">Berufes</hi>. Jedes dieſer<lb/> Elemente hat <hi rendition="#g">ſein</hi> Eherecht erzeugt, und hat daher auch ſeine eigene<lb/> Geſchichte; von dieſer Geſchichte aber iſt nur ein dem Umfange nach<lb/> ſehr geringer Theil in die ſtaatsbürgerliche Ordnung übergegangen.</p><lb/> <div n="7"> <head>1) <hi rendition="#g">Das öffentliche Eherecht zwiſchen Freien und Unfreien.<lb/> Das reine ſtändiſche Eherecht</hi>.</head><lb/> <p>Die Frage nach dem Rechte der Ehe zwiſchen Freien und Unfreien<lb/> gehört erſt dem germaniſchen Recht. Der römiſche Begriff der Sklaverei<lb/> ſchloß natürlich die Ehe zwiſchen dem <hi rendition="#aq">Ingenuus</hi> und <hi rendition="#aq">servus</hi> aus, und<lb/> ſowohl die Pandekten als Conſtantin (<hi rendition="#aq">l. 3. 7. Cod. de incest. et inut.<lb/> nuptiis</hi> 5. 5) und ihnen gemäß ſelbſt Juſtinian (<hi rendition="#aq">l. 28. Cod. de nupt.</hi><lb/> 5. 4) ſagen einfach <hi rendition="#aq">„cum ancillis non potest esse nuptium.“</hi> Allein<lb/> das germaniſche Recht kennt zwar Unfreie, aber keine Sklaven, und<lb/> die Ehe iſt gleich anfangs eine chriſtliche Inſtitution. Damit entſtand<lb/> die Frage, ob hier eine Ehe ſtattfinden könne. Obgleich nun die alten<lb/> ſtrengen Geſchlechter lange aufgelöst waren, blieb der Geſchlechterſtolz<lb/> lebendig. <hi rendition="#aq">„Claritas generis,“</hi> ſagt die <hi rendition="#aq">Lex Wisig. V.</hi> 7. 17, bei der<lb/><hi rendition="#aq">generosa nobilitas „sordescit commixtione abjectae conditionis,“</hi> darum<lb/> ſollen ſolche Heirathen „verboten“ ſein; man ſieht deutlich den Einfluß<lb/> der römiſchen Beſtimmungen des <hi rendition="#aq"><hi rendition="#g">Cod. Theod</hi>. („clara nobilitas<lb/> indigni consortii foeditate inlescit“ T. p. m. 596. ed. Lugd. 1593).</hi><lb/></p> </div> </div> </div> </div> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [132/0154]
conjugia contrahere cum populo negari non potest, nisi delictum
praecesserit (II. ii. 21). Dabei erkennt er das kirchliche Eherecht voll-
kommen an. Von da an verſchwindet der alte Standpunkt, ohne daß
man ihn eigentlich recht verſtanden hätte. Die Frage dagegen nach der Ehe
zwiſchen Freien und Unfreien bleibt; ſie gehört aber eigentlich nicht ins
Geſchlechterrecht, ſondern in das ſtändiſche Eherecht, bei welchem wir
darauf zurückkommen.
II. Das öffentliche Eherecht der ſtändiſchen Ordnung.
(Die drei Formen und Stadien derſelben bis zur neueren Zeit: das Ehe-
recht der ſtändiſchen Unterſchiede, des ſtändiſchen Beſitzes (Lehnrecht), und des
ſtändiſchen Berufes.)
Das öffentliche Eherecht der ſtändiſchen Ordnung iſt nicht wie das
der Geſchlechterordnung ein an ſich einfaches. Es erſcheint vielmehr als
ein zum Theil ſehr ausgebildetes Syſtem von Rechtsſätzen, und dieß
Syſtem beruht auf den drei Elementen, welche den Inhalt der ſtändi-
ſchen beſtimmen, dem Elemente der Freiheit, dem Elemente des
ſtändiſchen Beſitzes, und dem des eigentlichen Berufes. Jedes dieſer
Elemente hat ſein Eherecht erzeugt, und hat daher auch ſeine eigene
Geſchichte; von dieſer Geſchichte aber iſt nur ein dem Umfange nach
ſehr geringer Theil in die ſtaatsbürgerliche Ordnung übergegangen.
1) Das öffentliche Eherecht zwiſchen Freien und Unfreien.
Das reine ſtändiſche Eherecht.
Die Frage nach dem Rechte der Ehe zwiſchen Freien und Unfreien
gehört erſt dem germaniſchen Recht. Der römiſche Begriff der Sklaverei
ſchloß natürlich die Ehe zwiſchen dem Ingenuus und servus aus, und
ſowohl die Pandekten als Conſtantin (l. 3. 7. Cod. de incest. et inut.
nuptiis 5. 5) und ihnen gemäß ſelbſt Juſtinian (l. 28. Cod. de nupt.
5. 4) ſagen einfach „cum ancillis non potest esse nuptium.“ Allein
das germaniſche Recht kennt zwar Unfreie, aber keine Sklaven, und
die Ehe iſt gleich anfangs eine chriſtliche Inſtitution. Damit entſtand
die Frage, ob hier eine Ehe ſtattfinden könne. Obgleich nun die alten
ſtrengen Geſchlechter lange aufgelöst waren, blieb der Geſchlechterſtolz
lebendig. „Claritas generis,“ ſagt die Lex Wisig. V. 7. 17, bei der
generosa nobilitas „sordescit commixtione abjectae conditionis,“ darum
ſollen ſolche Heirathen „verboten“ ſein; man ſieht deutlich den Einfluß
der römiſchen Beſtimmungen des Cod. Theod. („clara nobilitas
indigni consortii foeditate inlescit“ T. p. m. 596. ed. Lugd. 1593).
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