die Klage und die Beschwerde. Einen andern concreten Inhalt kann man sich dabei nicht denken. Einig ist die deutsche Literatur nur in zwei Punkten: daß es eigentlich keine unvernünftigen Gesetze geben müsse, damit jedes Gesetz in seiner Vernünftigkeit die Quelle des Gehorsams finde, was sehr richtig, aber kein Staatsrecht ist; und zweitens, daß der aktive Widerstand an sich strafbar sei. Vgl. Maurenbrecher §. 56. Klüber §. 4 und 550. Zacha- riäI. 67. Namentlich ZöpflII. §. 982. Die sehr fleißige Arbeit Mohls (Literatur der Staatswissenschaften I. 333) hat sich viele nutzlose Mühe gegeben, die unklaren Vorstellungen in der früheren deutschen Literatur als klar hin- zustellen.
2) Das administrative Klagrecht und der administrative Proceß.
Will man nun nach den obigen Voraussetzungen über den wich- tigen Begriff des administrativen Klagrechts ins Klare kommen, so müssen folgende Punkte feststehen, die auch wohl an sich kaum be- zweifelt werden dürften.
Eine Klage in dem allgemein anerkannten Sinne, den wir natür- lich festhalten, kann nur da entstehen, wo ein durch ein Gesetz aner- kanntes Recht durch eine Handlung eines Dritten angegriffen wird. Wo ein Gesetz ein solches gesetzlich bestehendes Recht aufhebt, kann natürlich von einer Klage keine Rede sein; hier bleibt dem seiner Meinung nach Ver- letzten nur übrig, etwa eine Aenderung des Gesetzes zu bewirken. Da aber das Gesetz der höchste Staatswille ist, so kann auch kein anderer als eben dieser höchste Staatswille das gesetzliche Recht ändern. Mit- hin kann dieß auch nicht durch die Verordnung und durch die Regie- rungsgewalt geschehen. Es ergibt sich, daß eine Klage in allen den Fällen in strenger Bedeutung des Wortes möglich ist, wo durch eine Verordnung ein vermöge des Gesetzes bestehendes Recht eines Einzelnen angegriffen wird. Allerdings wird diese Klage durch die Natur des Beklagten in ihrer ganzen Gestalt etwas verschieden, und das auf eine solche Klage entstehende Verfahren niemals ganz mit dem der bürger- lichen Klage identisch sein können. Wir nennen sie daher auch am besten mit einem eigenen Namen; es ist die administrative Klage, und das Recht des Einzelnen sie anzustellen ist das administrative Klagrecht.
Dieß administrative Klagrecht tritt nun nicht in den Fällen ein, wo der Staat als einzelne bürgerliche Persönlichkeit mit einer andern bürgerlichen Persönlichkeit einen Rechtsakt abschließt, oder wie wir sagen, wo er als Fiscus auftritt. Hier ist vielmehr für ihn und seine Handlungen das gewöhnliche bürgerliche Verfahren das gültige. Ein administratives Klagrecht entsteht nur da, wo das Recht des Einzelnen gegenüber einer
Stein, die Verwaltungslehre. I. 8
die Klage und die Beſchwerde. Einen andern concreten Inhalt kann man ſich dabei nicht denken. Einig iſt die deutſche Literatur nur in zwei Punkten: daß es eigentlich keine unvernünftigen Geſetze geben müſſe, damit jedes Geſetz in ſeiner Vernünftigkeit die Quelle des Gehorſams finde, was ſehr richtig, aber kein Staatsrecht iſt; und zweitens, daß der aktive Widerſtand an ſich ſtrafbar ſei. Vgl. Maurenbrecher §. 56. Klüber §. 4 und 550. Zacha- riäI. 67. Namentlich ZöpflII. §. 982. Die ſehr fleißige Arbeit Mohls (Literatur der Staatswiſſenſchaften I. 333) hat ſich viele nutzloſe Mühe gegeben, die unklaren Vorſtellungen in der früheren deutſchen Literatur als klar hin- zuſtellen.
2) Das adminiſtrative Klagrecht und der adminiſtrative Proceß.
Will man nun nach den obigen Vorausſetzungen über den wich- tigen Begriff des adminiſtrativen Klagrechts ins Klare kommen, ſo müſſen folgende Punkte feſtſtehen, die auch wohl an ſich kaum be- zweifelt werden dürften.
Eine Klage in dem allgemein anerkannten Sinne, den wir natür- lich feſthalten, kann nur da entſtehen, wo ein durch ein Geſetz aner- kanntes Recht durch eine Handlung eines Dritten angegriffen wird. Wo ein Geſetz ein ſolches geſetzlich beſtehendes Recht aufhebt, kann natürlich von einer Klage keine Rede ſein; hier bleibt dem ſeiner Meinung nach Ver- letzten nur übrig, etwa eine Aenderung des Geſetzes zu bewirken. Da aber das Geſetz der höchſte Staatswille iſt, ſo kann auch kein anderer als eben dieſer höchſte Staatswille das geſetzliche Recht ändern. Mit- hin kann dieß auch nicht durch die Verordnung und durch die Regie- rungsgewalt geſchehen. Es ergibt ſich, daß eine Klage in allen den Fällen in ſtrenger Bedeutung des Wortes möglich iſt, wo durch eine Verordnung ein vermöge des Geſetzes beſtehendes Recht eines Einzelnen angegriffen wird. Allerdings wird dieſe Klage durch die Natur des Beklagten in ihrer ganzen Geſtalt etwas verſchieden, und das auf eine ſolche Klage entſtehende Verfahren niemals ganz mit dem der bürger- lichen Klage identiſch ſein können. Wir nennen ſie daher auch am beſten mit einem eigenen Namen; es iſt die adminiſtrative Klage, und das Recht des Einzelnen ſie anzuſtellen iſt das adminiſtrative Klagrecht.
Dieß adminiſtrative Klagrecht tritt nun nicht in den Fällen ein, wo der Staat als einzelne bürgerliche Perſönlichkeit mit einer andern bürgerlichen Perſönlichkeit einen Rechtsakt abſchließt, oder wie wir ſagen, wo er als Fiscus auftritt. Hier iſt vielmehr für ihn und ſeine Handlungen das gewöhnliche bürgerliche Verfahren das gültige. Ein adminiſtratives Klagrecht entſteht nur da, wo das Recht des Einzelnen gegenüber einer
Stein, die Verwaltungslehre. I. 8
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die Klage und die Beſchwerde. Einen andern concreten Inhalt kann man ſich
dabei nicht denken. Einig iſt die deutſche Literatur nur in zwei Punkten:
daß es eigentlich keine unvernünftigen Geſetze geben müſſe, damit jedes Geſetz
in ſeiner Vernünftigkeit die Quelle des Gehorſams finde, was ſehr richtig,
aber kein Staatsrecht iſt; und zweitens, daß der aktive Widerſtand an ſich
ſtrafbar ſei. Vgl. Maurenbrecher §. 56. Klüber §. 4 und 550. Zacha-
riä I. 67. Namentlich Zöpfl II. §. 982. Die ſehr fleißige Arbeit Mohls
(Literatur der Staatswiſſenſchaften I. 333) hat ſich viele nutzloſe Mühe gegeben,
die unklaren Vorſtellungen in der früheren deutſchen Literatur als klar hin-
zuſtellen.
2) Das adminiſtrative Klagrecht und der adminiſtrative
Proceß.
Will man nun nach den obigen Vorausſetzungen über den wich-
tigen Begriff des adminiſtrativen Klagrechts ins Klare kommen, ſo
müſſen folgende Punkte feſtſtehen, die auch wohl an ſich kaum be-
zweifelt werden dürften.
Eine Klage in dem allgemein anerkannten Sinne, den wir natür-
lich feſthalten, kann nur da entſtehen, wo ein durch ein Geſetz aner-
kanntes Recht durch eine Handlung eines Dritten angegriffen wird. Wo
ein Geſetz ein ſolches geſetzlich beſtehendes Recht aufhebt, kann natürlich
von einer Klage keine Rede ſein; hier bleibt dem ſeiner Meinung nach Ver-
letzten nur übrig, etwa eine Aenderung des Geſetzes zu bewirken. Da
aber das Geſetz der höchſte Staatswille iſt, ſo kann auch kein anderer
als eben dieſer höchſte Staatswille das geſetzliche Recht ändern. Mit-
hin kann dieß auch nicht durch die Verordnung und durch die Regie-
rungsgewalt geſchehen. Es ergibt ſich, daß eine Klage in allen den
Fällen in ſtrenger Bedeutung des Wortes möglich iſt, wo durch eine
Verordnung ein vermöge des Geſetzes beſtehendes Recht eines Einzelnen
angegriffen wird. Allerdings wird dieſe Klage durch die Natur des
Beklagten in ihrer ganzen Geſtalt etwas verſchieden, und das auf eine
ſolche Klage entſtehende Verfahren niemals ganz mit dem der bürger-
lichen Klage identiſch ſein können. Wir nennen ſie daher auch am
beſten mit einem eigenen Namen; es iſt die adminiſtrative Klage, und
das Recht des Einzelnen ſie anzuſtellen iſt das adminiſtrative
Klagrecht.
Dieß adminiſtrative Klagrecht tritt nun nicht in den Fällen ein,
wo der Staat als einzelne bürgerliche Perſönlichkeit mit einer andern
bürgerlichen Perſönlichkeit einen Rechtsakt abſchließt, oder wie wir ſagen,
wo er als Fiscus auftritt. Hier iſt vielmehr für ihn und ſeine Handlungen
das gewöhnliche bürgerliche Verfahren das gültige. Ein adminiſtratives
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Stein, Lorenz von: Die Verwaltungslehre. Bd. 1. Stuttgart, 1865, S. 113. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/stein_verwaltungslehre01_1865/137>, abgerufen am 21.11.2024.
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