Die administrative Competenz und Zuständigkeit ist nun zwar ihrem Begriffe nach sehr einfach, in der Wirklichkeit aber nicht bloß vielfach verworren, sondern auch in beständiger Entwicklung begriffen. Das leitende Princip für dieselbe ist, daß jede bestimmte Funktion ihre bestimmte Competenz und Zuständigkeit hat, die ihrerseits nach der Zweckmäßigkeit festgestellt werden. Es gibt daher Competenzen und Zuständigkeiten für Zählungs-, Gesundheits-, Sicherheits-, Wege-, Post-, Eisenbahnwesen u. s. w. Diese Competenzen und Zuständig- keiten sind Bestimmungen der Organisationsgewalt. Die Darstellung der Competenzen ist die Aufgabe der Staatshandbücher, die der Zuständigkeiten bildet, soweit sie auf Grund und Boden beruht, den Inhalt der politischen Geographie. Der Charakter dieser Ord- nung ist in Deutschland und England die historische Staatenbildung, in Frankreich, Italien, Belgien das administrative Bedürfniß. Das Recht desselben beruht auf dem Grundsatz, daß die competente Behörde die Zuständigkeit des Einzelnen für sich gültig ausspricht, und daß der Beweis des Gegentheils von dem Einzelnen geleistet werden muß, wenn er die Competenz in Frage stellt. Die Entwicklung geht im Großen und Ganzen dahin, die Competenzen und Zuständigkeiten so viel als möglich zu vereinfachen; doch müssen bei ihr statistische Darstellungen die theoretische Behandlung vertreten, da eine einmal festgestellte Competenz nie ohne Schwierigkeit zu ändern ist. Es ist demnach klar, daß in Competenz und Zuständigkeit der Körper der einzelnen Verwaltungszweige gegeben ist; erst die Ausbildung des systematischen Klage- und Beschwerderechts wird für die Lehre von beiden Begriffen in der Wissenschaft einen nicht unwichtigen Platz finden.
Literatur. Aelteres Recht in den Rechtsgeschichten. Neuere Literatur mit neunzehntem Jahrhundert, getheilt zwischen der Frage nach dem System der amtlichen Competenzen, dem Gemeindewesen und der politischen Geographie. Malchus, Politik der innern Staatsverwaltung 1833, 3. Bd. Ebenso ist die Politik dieser Verwaltungsfragen immer nur für die einzelnen Gebiete auf- gefaßt; namentlich zeigen z. B. die Staatshandbücher hier eine große Be- schränkung auf das Amtswesen. Die neueste Staatenkunde steht statistisch weit höher, indem sie die gesammte administrative Bevölkerungsordnung und ihr Recht aufnimmt und statistisch verarbeitet. Vortrefflich ist in dieser Beziehung Brachelli, die Staaten Europa's 1865; für Deutschland dessen Staaten- kunde. -- Stein, Innere Verwaltungslehre (Organismus der vollziehenden Gewalt, S. 232 ff.).
Stein, Handbuch der Verwaltungslehre. 5
a)Die adminiſtrative Competenz und Zuſtändigkeit.
Die adminiſtrative Competenz und Zuſtändigkeit iſt nun zwar ihrem Begriffe nach ſehr einfach, in der Wirklichkeit aber nicht bloß vielfach verworren, ſondern auch in beſtändiger Entwicklung begriffen. Das leitende Princip für dieſelbe iſt, daß jede beſtimmte Funktion ihre beſtimmte Competenz und Zuſtändigkeit hat, die ihrerſeits nach der Zweckmäßigkeit feſtgeſtellt werden. Es gibt daher Competenzen und Zuſtändigkeiten für Zählungs-, Geſundheits-, Sicherheits-, Wege-, Poſt-, Eiſenbahnweſen u. ſ. w. Dieſe Competenzen und Zuſtändig- keiten ſind Beſtimmungen der Organiſationsgewalt. Die Darſtellung der Competenzen iſt die Aufgabe der Staatshandbücher, die der Zuſtändigkeiten bildet, ſoweit ſie auf Grund und Boden beruht, den Inhalt der politiſchen Geographie. Der Charakter dieſer Ord- nung iſt in Deutſchland und England die hiſtoriſche Staatenbildung, in Frankreich, Italien, Belgien das adminiſtrative Bedürfniß. Das Recht deſſelben beruht auf dem Grundſatz, daß die competente Behörde die Zuſtändigkeit des Einzelnen für ſich gültig ausſpricht, und daß der Beweis des Gegentheils von dem Einzelnen geleiſtet werden muß, wenn er die Competenz in Frage ſtellt. Die Entwicklung geht im Großen und Ganzen dahin, die Competenzen und Zuſtändigkeiten ſo viel als möglich zu vereinfachen; doch müſſen bei ihr ſtatiſtiſche Darſtellungen die theoretiſche Behandlung vertreten, da eine einmal feſtgeſtellte Competenz nie ohne Schwierigkeit zu ändern iſt. Es iſt demnach klar, daß in Competenz und Zuſtändigkeit der Körper der einzelnen Verwaltungszweige gegeben iſt; erſt die Ausbildung des ſyſtematiſchen Klage- und Beſchwerderechts wird für die Lehre von beiden Begriffen in der Wiſſenſchaft einen nicht unwichtigen Platz finden.
Literatur. Aelteres Recht in den Rechtsgeſchichten. Neuere Literatur mit neunzehntem Jahrhundert, getheilt zwiſchen der Frage nach dem Syſtem der amtlichen Competenzen, dem Gemeindeweſen und der politiſchen Geographie. Malchus, Politik der innern Staatsverwaltung 1833, 3. Bd. Ebenſo iſt die Politik dieſer Verwaltungsfragen immer nur für die einzelnen Gebiete auf- gefaßt; namentlich zeigen z. B. die Staatshandbücher hier eine große Be- ſchränkung auf das Amtsweſen. Die neueſte Staatenkunde ſteht ſtatiſtiſch weit höher, indem ſie die geſammte adminiſtrative Bevölkerungsordnung und ihr Recht aufnimmt und ſtatiſtiſch verarbeitet. Vortrefflich iſt in dieſer Beziehung Brachelli, die Staaten Europa’s 1865; für Deutſchland deſſen Staaten- kunde. — Stein, Innere Verwaltungslehre (Organismus der vollziehenden Gewalt, S. 232 ff.).
Stein, Handbuch der Verwaltungslehre. 5
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Die adminiſtrative Competenz und Zuſtändigkeit iſt nun zwar
ihrem Begriffe nach ſehr einfach, in der Wirklichkeit aber nicht bloß
vielfach verworren, ſondern auch in beſtändiger Entwicklung begriffen.
Das leitende Princip für dieſelbe iſt, daß jede beſtimmte Funktion
ihre beſtimmte Competenz und Zuſtändigkeit hat, die ihrerſeits nach
der Zweckmäßigkeit feſtgeſtellt werden. Es gibt daher Competenzen
und Zuſtändigkeiten für Zählungs-, Geſundheits-, Sicherheits-, Wege-,
Poſt-, Eiſenbahnweſen u. ſ. w. Dieſe Competenzen und Zuſtändig-
keiten ſind Beſtimmungen der Organiſationsgewalt. Die Darſtellung
der Competenzen iſt die Aufgabe der Staatshandbücher, die der
Zuſtändigkeiten bildet, ſoweit ſie auf Grund und Boden beruht, den
Inhalt der politiſchen Geographie. Der Charakter dieſer Ord-
nung iſt in Deutſchland und England die hiſtoriſche Staatenbildung,
in Frankreich, Italien, Belgien das adminiſtrative Bedürfniß. Das
Recht deſſelben beruht auf dem Grundſatz, daß die competente Behörde
die Zuſtändigkeit des Einzelnen für ſich gültig ausſpricht, und daß der
Beweis des Gegentheils von dem Einzelnen geleiſtet werden muß,
wenn er die Competenz in Frage ſtellt. Die Entwicklung geht im
Großen und Ganzen dahin, die Competenzen und Zuſtändigkeiten ſo
viel als möglich zu vereinfachen; doch müſſen bei ihr ſtatiſtiſche
Darſtellungen die theoretiſche Behandlung vertreten, da eine einmal
feſtgeſtellte Competenz nie ohne Schwierigkeit zu ändern iſt. Es iſt
demnach klar, daß in Competenz und Zuſtändigkeit der Körper der
einzelnen Verwaltungszweige gegeben iſt; erſt die Ausbildung des
ſyſtematiſchen Klage- und Beſchwerderechts wird für die Lehre von
beiden Begriffen in der Wiſſenſchaft einen nicht unwichtigen Platz
finden.
Literatur. Aelteres Recht in den Rechtsgeſchichten. Neuere Literatur
mit neunzehntem Jahrhundert, getheilt zwiſchen der Frage nach dem Syſtem
der amtlichen Competenzen, dem Gemeindeweſen und der politiſchen Geographie.
Malchus, Politik der innern Staatsverwaltung 1833, 3. Bd. Ebenſo iſt
die Politik dieſer Verwaltungsfragen immer nur für die einzelnen Gebiete auf-
gefaßt; namentlich zeigen z. B. die Staatshandbücher hier eine große Be-
ſchränkung auf das Amtsweſen. Die neueſte Staatenkunde ſteht ſtatiſtiſch weit
höher, indem ſie die geſammte adminiſtrative Bevölkerungsordnung und ihr
Recht aufnimmt und ſtatiſtiſch verarbeitet. Vortrefflich iſt in dieſer Beziehung
Brachelli, die Staaten Europa’s 1865; für Deutſchland deſſen Staaten-
kunde. — Stein, Innere Verwaltungslehre (Organismus der vollziehenden
Gewalt, S. 232 ff.).
Stein, Handbuch der Verwaltungslehre. 5
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Stein, Lorenz von: Handbuch der Verwaltungslehre und des Verwaltungsrechts: mit Vergleichung der Literatur und Gesetzgebung von Frankreich, England und Deutschland; als Grundlage für Vorlesungen. Stuttgart, 1870, S. 65. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/stein_handbuch_1870/89>, abgerufen am 19.11.2024.
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