ökonomie 3. Aufl. §. 457. Aehnlich bei Lotz, Staatswirthschaftslehre II. §. 95. Ausführlich und umsichtig bei Rau, Volkswirthschaftspflege II. 203. Neues österreich. Gesetz vom 9. Mai 1869.
VI. Der Handel und die Verwaltung.
Begriff.
Von jeher war man sich einig über die hohe Wichtigkeit des Handels; aber auch von jeher uneinig über das, was der Staat für denselben zu thun habe. Um darüber klar zu werden, muß man den Begriff des Handels allerdings in der bestimmtesten Weise feststellen.
Während wir nämlich als Verkehr die Gesammtheit aller der- jenigen Bewegungen im Güterleben bezeichnen, durch welche ein Gut von einer Wirthschaft zur andern übergeht, muß der Handel als der- jenige Theil des Verkehrs betrachtet werden, in welchem die Vermitt- lung dieses Ueberganges als ein selbständiges Unternehmen erscheint. Die wirthschaftliche Aufgabe dieses Unternehmens besteht darin, für jedes Gut seinen höchsten Preis zu suchen, indem es aus der Differenz des Kaufs- und Verkaufspreises seinen Gewinn zieht. Allerdings ist somit jede Handelsunternehmung zunächst auf den eigenen Gewinn berechnet. Allein es ist klar, daß die Funktion des Handels von entscheidender Bedeutung für das Gesammtleben der Volkswirth- schaft ist; denn der Preis, den er für jedes Gut sucht und findet, wird natürlich zur Grundlage und Bedingung der Produktion und Consum- tion jedes Produkts; er erscheint daher als der große Lebensproceß, durch den sich die beiden Grundgesetze des ganzen Güterlebens verwirk- lichen, das Gesetz des Werthes und das der Produktivität. Erst durch den Handel kann daher der regelmäßige Fortschritt der Volkswirthschaft erzeugt werden, und erst in ihm seinen Ausdruck und sein äußeres Maß finden. Es ist daher leicht begreiflich, daß man nicht bloß stets für den Handel zu sorgen gesucht hat, sondern auch daß sich Jahr- hunderte hindurch das ganze volkswirthschaftliche Bewußtsein in der Hochachtung desselben und dem Streben nach seiner Entwicklung con- centrirt hat. Und zu allen Zeiten wird die Frage von entscheidender Bedeutung sein, was denn von Seiten der Gesammtheit und ihres Staates für diesen Handel, der beiden so wichtig ist, geschehen könne und solle.
Auch diese Frage hat natürlich ihre Geschichte. Allein die Ge- schichte bringt zuletzt doch nur das Wesen der Dinge zur Geltung.
Der Handel ist nämlich unter allen Gebieten der Volkswirthschaft dasjenige, welches am meisten auf der individuellen Tüchtigkeit und
ökonomie 3. Aufl. §. 457. Aehnlich bei Lotz, Staatswirthſchaftslehre II. §. 95. Ausführlich und umſichtig bei Rau, Volkswirthſchaftspflege II. 203. Neues öſterreich. Geſetz vom 9. Mai 1869.
VI. Der Handel und die Verwaltung.
Begriff.
Von jeher war man ſich einig über die hohe Wichtigkeit des Handels; aber auch von jeher uneinig über das, was der Staat für denſelben zu thun habe. Um darüber klar zu werden, muß man den Begriff des Handels allerdings in der beſtimmteſten Weiſe feſtſtellen.
Während wir nämlich als Verkehr die Geſammtheit aller der- jenigen Bewegungen im Güterleben bezeichnen, durch welche ein Gut von einer Wirthſchaft zur andern übergeht, muß der Handel als der- jenige Theil des Verkehrs betrachtet werden, in welchem die Vermitt- lung dieſes Ueberganges als ein ſelbſtändiges Unternehmen erſcheint. Die wirthſchaftliche Aufgabe dieſes Unternehmens beſteht darin, für jedes Gut ſeinen höchſten Preis zu ſuchen, indem es aus der Differenz des Kaufs- und Verkaufspreiſes ſeinen Gewinn zieht. Allerdings iſt ſomit jede Handelsunternehmung zunächſt auf den eigenen Gewinn berechnet. Allein es iſt klar, daß die Funktion des Handels von entſcheidender Bedeutung für das Geſammtleben der Volkswirth- ſchaft iſt; denn der Preis, den er für jedes Gut ſucht und findet, wird natürlich zur Grundlage und Bedingung der Produktion und Conſum- tion jedes Produkts; er erſcheint daher als der große Lebensproceß, durch den ſich die beiden Grundgeſetze des ganzen Güterlebens verwirk- lichen, das Geſetz des Werthes und das der Produktivität. Erſt durch den Handel kann daher der regelmäßige Fortſchritt der Volkswirthſchaft erzeugt werden, und erſt in ihm ſeinen Ausdruck und ſein äußeres Maß finden. Es iſt daher leicht begreiflich, daß man nicht bloß ſtets für den Handel zu ſorgen geſucht hat, ſondern auch daß ſich Jahr- hunderte hindurch das ganze volkswirthſchaftliche Bewußtſein in der Hochachtung deſſelben und dem Streben nach ſeiner Entwicklung con- centrirt hat. Und zu allen Zeiten wird die Frage von entſcheidender Bedeutung ſein, was denn von Seiten der Geſammtheit und ihres Staates für dieſen Handel, der beiden ſo wichtig iſt, geſchehen könne und ſolle.
Auch dieſe Frage hat natürlich ihre Geſchichte. Allein die Ge- ſchichte bringt zuletzt doch nur das Weſen der Dinge zur Geltung.
Der Handel iſt nämlich unter allen Gebieten der Volkswirthſchaft dasjenige, welches am meiſten auf der individuellen Tüchtigkeit und
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ökonomie 3. Aufl. §. 457. Aehnlich bei Lotz, Staatswirthſchaftslehre II. §. 95.
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öſterreich. Geſetz vom 9. Mai 1869.
VI. Der Handel und die Verwaltung.
Begriff.
Von jeher war man ſich einig über die hohe Wichtigkeit des Handels;
aber auch von jeher uneinig über das, was der Staat für denſelben
zu thun habe. Um darüber klar zu werden, muß man den Begriff
des Handels allerdings in der beſtimmteſten Weiſe feſtſtellen.
Während wir nämlich als Verkehr die Geſammtheit aller der-
jenigen Bewegungen im Güterleben bezeichnen, durch welche ein Gut
von einer Wirthſchaft zur andern übergeht, muß der Handel als der-
jenige Theil des Verkehrs betrachtet werden, in welchem die Vermitt-
lung dieſes Ueberganges als ein ſelbſtändiges Unternehmen
erſcheint. Die wirthſchaftliche Aufgabe dieſes Unternehmens beſteht
darin, für jedes Gut ſeinen höchſten Preis zu ſuchen, indem es aus
der Differenz des Kaufs- und Verkaufspreiſes ſeinen Gewinn zieht.
Allerdings iſt ſomit jede Handelsunternehmung zunächſt auf den eigenen
Gewinn berechnet. Allein es iſt klar, daß die Funktion des Handels
von entſcheidender Bedeutung für das Geſammtleben der Volkswirth-
ſchaft iſt; denn der Preis, den er für jedes Gut ſucht und findet, wird
natürlich zur Grundlage und Bedingung der Produktion und Conſum-
tion jedes Produkts; er erſcheint daher als der große Lebensproceß,
durch den ſich die beiden Grundgeſetze des ganzen Güterlebens verwirk-
lichen, das Geſetz des Werthes und das der Produktivität. Erſt durch
den Handel kann daher der regelmäßige Fortſchritt der Volkswirthſchaft
erzeugt werden, und erſt in ihm ſeinen Ausdruck und ſein äußeres
Maß finden. Es iſt daher leicht begreiflich, daß man nicht bloß ſtets
für den Handel zu ſorgen geſucht hat, ſondern auch daß ſich Jahr-
hunderte hindurch das ganze volkswirthſchaftliche Bewußtſein in der
Hochachtung deſſelben und dem Streben nach ſeiner Entwicklung con-
centrirt hat. Und zu allen Zeiten wird die Frage von entſcheidender
Bedeutung ſein, was denn von Seiten der Geſammtheit und ihres
Staates für dieſen Handel, der beiden ſo wichtig iſt, geſchehen könne
und ſolle.
Auch dieſe Frage hat natürlich ihre Geſchichte. Allein die Ge-
ſchichte bringt zuletzt doch nur das Weſen der Dinge zur Geltung.
Der Handel iſt nämlich unter allen Gebieten der Volkswirthſchaft
dasjenige, welches am meiſten auf der individuellen Tüchtigkeit und
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Stein, Lorenz von: Handbuch der Verwaltungslehre und des Verwaltungsrechts: mit Vergleichung der Literatur und Gesetzgebung von Frankreich, England und Deutschland; als Grundlage für Vorlesungen. Stuttgart, 1870, S. 363. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/stein_handbuch_1870/387>, abgerufen am 19.11.2024.
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