juristische Literatur, die schon seit Runde den Stoff in das deutsche Privat- recht aufnimmt; vergl. hier Mittermaier, deutsches Privatrecht. So hat sich ein gewaltiger Stoff angesammelt, der wesentlich nur historischen Werth hat. Den richtigen Standpunkt bezeichnet zuerst Geßler, "zur Gewerbeord- nung" (Zeitschrift für Staatswissenschaft Bd. 18) mit der Frage, ob es noch eine eigentliche "Gewerborganisation" durch die Gesetzgebung bei voller Gewerbe- freiheit geben könne? Nur will er doch noch zu viel "organisiren" (Bezirks- eintheilung mit Bezirksausschuß S. 458; Mangel des Verständnisses des Vereins- wesens). Statistisch hat dem eigentlichen Gewerbeverein, Kleingewerbe, in seiner Scheidung von der Industrie seine Selbständigkeit gegeben G. Schmoller, Geschichte der deutschen Kleingewerbe im neunzehnten Jahrhundert 1869.
Elemente der Geschichte des Gewerberechts.
Auch die Geschichte des Gewerberechts ist außerordentlich reich an Einzelnheiten, und zugleich höchst einfach in ihren Grundzügen. Es ist im Großen und Ganzen kein Zweifel, daß wir gegenwärtig am Anfang einer neuen Epoche stehen, deren Grundcharakter nach dem Siege der gewerblichen Freiheit über die ständische Unfreiheit der Kampf seiner höheren Natur, der individuellen durch das Gewerbe gegebenen Selbständigkeit, mit der Gewalt des Capitals ist, das auch die gewerbliche Arbeit sich dienstbar machen will. Daran schließt sich das Princip des Gewerbewesens unserer Gegenwart, das erst auf Grund- lage dieser historischen Auffassung seine wahre Bedeutung empfängt.
Das Gewerbe beginnt mit der Ablösung der freien Arbeit von der Grundherrlichkeit, und bildet sich seine Heimath und Ordnung in den Städten. Aber die Gewalt der ständischen Elemente ist so groß, daß sich die corporative Unfreiheit auch der Gewerbe bemächtigt. Die Zünfte und Innungen (ursprünglich Gilden) des freien Vereinswesens der gewerblichen Arbeit, werden schon im dreizehnten Jahrhundert zu ständischen Corporationen mit ausschließlichen Rechten, und eigener ständischer Gesetzgebung und Verwaltung. Die Folge des tiefen Wider- streites der freien Natur des Gewerbes mit der ständischen Gebundenheit und der Herrschaft der Sonderinteressen ist der Verfall der Gewerbe, der gleichen Schritt hält mit dem Zurückgehen des freien Bauernstandes, namentlich seit dem sechzehnten Jahrhundert. Dem entgegen tritt nun die neue Staatenbildung dieser Zeit mit ihrem beginnenden volkswirth- schaftlichen Bewußtsein und ihrer Negation jeder außerhalb ihres Rechts stehenden Selbständigkeit, und der Kampf für die Gewerbefreiheit beginnt. Seine erste Gestalt ist das Auftreten der Polizei gegen die schreiendsten Mißbräuche; seine zweite ist das Concessionswesen der Regierungen, welche neben den scharf begränzten Zünften und Innungen neue Zweige der gewerblichen Arbeit einzeln genehmigen;
juriſtiſche Literatur, die ſchon ſeit Runde den Stoff in das deutſche Privat- recht aufnimmt; vergl. hier Mittermaier, deutſches Privatrecht. So hat ſich ein gewaltiger Stoff angeſammelt, der weſentlich nur hiſtoriſchen Werth hat. Den richtigen Standpunkt bezeichnet zuerſt Geßler, „zur Gewerbeord- nung“ (Zeitſchrift für Staatswiſſenſchaft Bd. 18) mit der Frage, ob es noch eine eigentliche „Gewerborganiſation“ durch die Geſetzgebung bei voller Gewerbe- freiheit geben könne? Nur will er doch noch zu viel „organiſiren“ (Bezirks- eintheilung mit Bezirksausſchuß S. 458; Mangel des Verſtändniſſes des Vereins- weſens). Statiſtiſch hat dem eigentlichen Gewerbeverein, Kleingewerbe, in ſeiner Scheidung von der Induſtrie ſeine Selbſtändigkeit gegeben G. Schmoller, Geſchichte der deutſchen Kleingewerbe im neunzehnten Jahrhundert 1869.
Elemente der Geſchichte des Gewerberechts.
Auch die Geſchichte des Gewerberechts iſt außerordentlich reich an Einzelnheiten, und zugleich höchſt einfach in ihren Grundzügen. Es iſt im Großen und Ganzen kein Zweifel, daß wir gegenwärtig am Anfang einer neuen Epoche ſtehen, deren Grundcharakter nach dem Siege der gewerblichen Freiheit über die ſtändiſche Unfreiheit der Kampf ſeiner höheren Natur, der individuellen durch das Gewerbe gegebenen Selbſtändigkeit, mit der Gewalt des Capitals iſt, das auch die gewerbliche Arbeit ſich dienſtbar machen will. Daran ſchließt ſich das Princip des Gewerbeweſens unſerer Gegenwart, das erſt auf Grund- lage dieſer hiſtoriſchen Auffaſſung ſeine wahre Bedeutung empfängt.
Das Gewerbe beginnt mit der Ablöſung der freien Arbeit von der Grundherrlichkeit, und bildet ſich ſeine Heimath und Ordnung in den Städten. Aber die Gewalt der ſtändiſchen Elemente iſt ſo groß, daß ſich die corporative Unfreiheit auch der Gewerbe bemächtigt. Die Zünfte und Innungen (urſprünglich Gilden) des freien Vereinsweſens der gewerblichen Arbeit, werden ſchon im dreizehnten Jahrhundert zu ſtändiſchen Corporationen mit ausſchließlichen Rechten, und eigener ſtändiſcher Geſetzgebung und Verwaltung. Die Folge des tiefen Wider- ſtreites der freien Natur des Gewerbes mit der ſtändiſchen Gebundenheit und der Herrſchaft der Sonderintereſſen iſt der Verfall der Gewerbe, der gleichen Schritt hält mit dem Zurückgehen des freien Bauernſtandes, namentlich ſeit dem ſechzehnten Jahrhundert. Dem entgegen tritt nun die neue Staatenbildung dieſer Zeit mit ihrem beginnenden volkswirth- ſchaftlichen Bewußtſein und ihrer Negation jeder außerhalb ihres Rechts ſtehenden Selbſtändigkeit, und der Kampf für die Gewerbefreiheit beginnt. Seine erſte Geſtalt iſt das Auftreten der Polizei gegen die ſchreiendſten Mißbräuche; ſeine zweite iſt das Conceſſionsweſen der Regierungen, welche neben den ſcharf begränzten Zünften und Innungen neue Zweige der gewerblichen Arbeit einzeln genehmigen;
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ſich ein gewaltiger Stoff angeſammelt, der weſentlich nur hiſtoriſchen Werth
hat. Den richtigen Standpunkt bezeichnet zuerſt Geßler, „zur Gewerbeord-
nung“ (Zeitſchrift für Staatswiſſenſchaft Bd. 18) mit der Frage, ob es noch
eine eigentliche „Gewerborganiſation“ durch die Geſetzgebung bei voller Gewerbe-
freiheit geben könne? Nur will er doch noch zu viel „organiſiren“ (Bezirks-
eintheilung mit Bezirksausſchuß S. 458; Mangel des Verſtändniſſes des Vereins-
weſens). Statiſtiſch hat dem eigentlichen Gewerbeverein, Kleingewerbe, in ſeiner
Scheidung von der Induſtrie ſeine Selbſtändigkeit gegeben G. Schmoller,
Geſchichte der deutſchen Kleingewerbe im neunzehnten Jahrhundert 1869.
Elemente der Geſchichte des Gewerberechts.
Auch die Geſchichte des Gewerberechts iſt außerordentlich reich an
Einzelnheiten, und zugleich höchſt einfach in ihren Grundzügen. Es
iſt im Großen und Ganzen kein Zweifel, daß wir gegenwärtig am
Anfang einer neuen Epoche ſtehen, deren Grundcharakter nach dem
Siege der gewerblichen Freiheit über die ſtändiſche Unfreiheit der Kampf
ſeiner höheren Natur, der individuellen durch das Gewerbe gegebenen
Selbſtändigkeit, mit der Gewalt des Capitals iſt, das auch die
gewerbliche Arbeit ſich dienſtbar machen will. Daran ſchließt ſich das
Princip des Gewerbeweſens unſerer Gegenwart, das erſt auf Grund-
lage dieſer hiſtoriſchen Auffaſſung ſeine wahre Bedeutung empfängt.
Das Gewerbe beginnt mit der Ablöſung der freien Arbeit von
der Grundherrlichkeit, und bildet ſich ſeine Heimath und Ordnung in
den Städten. Aber die Gewalt der ſtändiſchen Elemente iſt ſo groß,
daß ſich die corporative Unfreiheit auch der Gewerbe bemächtigt. Die
Zünfte und Innungen (urſprünglich Gilden) des freien Vereinsweſens
der gewerblichen Arbeit, werden ſchon im dreizehnten Jahrhundert zu
ſtändiſchen Corporationen mit ausſchließlichen Rechten, und eigener
ſtändiſcher Geſetzgebung und Verwaltung. Die Folge des tiefen Wider-
ſtreites der freien Natur des Gewerbes mit der ſtändiſchen Gebundenheit
und der Herrſchaft der Sonderintereſſen iſt der Verfall der Gewerbe,
der gleichen Schritt hält mit dem Zurückgehen des freien Bauernſtandes,
namentlich ſeit dem ſechzehnten Jahrhundert. Dem entgegen tritt nun
die neue Staatenbildung dieſer Zeit mit ihrem beginnenden volkswirth-
ſchaftlichen Bewußtſein und ihrer Negation jeder außerhalb ihres Rechts
ſtehenden Selbſtändigkeit, und der Kampf für die Gewerbefreiheit
beginnt. Seine erſte Geſtalt iſt das Auftreten der Polizei gegen die
ſchreiendſten Mißbräuche; ſeine zweite iſt das Conceſſionsweſen
der Regierungen, welche neben den ſcharf begränzten Zünften und
Innungen neue Zweige der gewerblichen Arbeit einzeln genehmigen;
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Stein, Lorenz von: Handbuch der Verwaltungslehre und des Verwaltungsrechts: mit Vergleichung der Literatur und Gesetzgebung von Frankreich, England und Deutschland; als Grundlage für Vorlesungen. Stuttgart, 1870, S. 341. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/stein_handbuch_1870/365>, abgerufen am 22.12.2024.
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