Stein, Lorenz von: Handbuch der Verwaltungslehre und des Verwaltungsrechts: mit Vergleichung der Literatur und Gesetzgebung von Frankreich, England und Deutschland; als Grundlage für Vorlesungen. Stuttgart, 1870.gebrauches den wirthschaftlichen Gesetzen unterordnet (vergl. Roscher a. a. O.). b) Der Pfandcredit, die Pfand- und Leihhäuser. Der Pfandcredit entsteht, im Gegensatz zum Darlehenscredit Stein, Handbuch der Verwaltungslehre. 17
gebrauches den wirthſchaftlichen Geſetzen unterordnet (vergl. Roſcher a. a. O.). b) Der Pfandcredit, die Pfand- und Leihhäuſer. Der Pfandcredit entſteht, im Gegenſatz zum Darlehenscredit Stein, Handbuch der Verwaltungslehre. 17
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <div n="4"> <div n="5"> <div n="6"> <div n="7"> <p><pb facs="#f0281" n="257"/> gebrauches den wirthſchaftlichen Geſetzen unterordnet (vergl. <hi rendition="#g">Roſcher</hi> a. a. O.).<lb/><hi rendition="#g">Benthams</hi> <hi rendition="#aq">Defense of usery</hi> 1787 formulirte die Sache dialektiſch. Daraus<lb/> ging der <hi rendition="#g">erſte</hi> Verſuch hervor, die Wuchergeſetze <hi rendition="#g">ganz</hi> aufzuheben; zuerſt in<lb/> Oeſterreich durch Joſeph <hi rendition="#aq">II.</hi> und (Patent vom 29. Jan. 1787; vergl. nament-<lb/> lich <hi rendition="#g">Rizy</hi> S. 98 ff.); dann die faktiſche, wenn auch nicht formelle (<hi rendition="#g">Rizy</hi><lb/> S. 124 und 145 ff.) Beſeitigung des Wuchergeſetzes durch die verſchiedenen<lb/> Geſetze von 1791 bis 1796. (<hi rendition="#g">Rizy</hi> S. 136). — <hi rendition="#g">England</hi> bleibt bei bloßen<lb/> Erleichterungen des Zinsweſens ſtehen (5. 8. <hi rendition="#aq">G. III.</hi> 93); doch wird die Auf-<lb/> hebung alles geſetzlichen Zinsfußes für <hi rendition="#g">Wechſel</hi> bis auf zwölf Monate durch<lb/> 1. <hi rendition="#aq">Vict.</hi> 80. (1837) anerkannt; <hi rendition="#g">Aufhebung</hi> der Wuchergeſetze erſt 17. 18. <hi rendition="#aq">Vict.</hi> 90.<lb/> Allein dieſer noch rein negative Kampf hat keinen dauernden Erfolg; in Oeſter-<lb/> reich neues Wucherpatent vom 2. Dec. 1803; in Frankreich nach harten Kämpfen<lb/> das Wuchergeſetz Napoleons <hi rendition="#aq">I.</hi> vom 3. Sept. 1807; in Italien eingeführt durch<lb/> Decret vom 31. Okt. 1807. Dem entſprechend halten im Anfange unſeres<lb/> Jahrhunderts die <hi rendition="#g">deutſchen</hi> Geſetzgebungen nicht bloß den Grundſatz der<lb/> Zinsgeſetzgebung feſt, ſondern führen auch die <hi rendition="#g">peinliche Beſtrafung</hi> des<lb/> Wuchers in den neuen Strafgeſetzbüchern durch. — <hi rendition="#g">Preußen</hi>: Allgem. Land-<lb/> recht §. 1273 und Strafgeſetzbuch Art. 263; ähnlich in <hi rendition="#g">Württemberg</hi> und<lb/><hi rendition="#g">Baden</hi>, jedoch vorſichtiger; <hi rendition="#g">Hannover</hi> und <hi rendition="#g">Oeſterreich</hi>: Strafgeſetzbuch<lb/> 1852; vergl. <hi rendition="#g">Lotz</hi>, Staatswiſſenſchaftslehre <hi rendition="#aq">II.</hi> 283; <hi rendition="#g">Rau</hi> <hi rendition="#aq">II.</hi> 319. 320; <hi rendition="#g">Braun</hi><lb/> und <hi rendition="#g">Wirth</hi>, die Zinswuchergeſetze 1856 S. 174 ff. Unterdeß bereitet ſich die<lb/> Umgeſtaltung des Verkehrs auf allen Punkten vor, und ſeit dem Jahre 1848<lb/> erſcheint das Vereinsweſen als die neue Creditorganiſation der ſiegenden freien<lb/> Geſellſchaft. Jetzt iſt der poſitive Boden für die Freiheit des Credits gefunden,<lb/> und nunmehr hebt ein Staat nach dem andern ſowohl den geſetzlichen Zinsfuß<lb/> als die Wucherſtrafe auf. <hi rendition="#g">England</hi> ging voran mit 2. 3. <hi rendition="#aq">Vict.</hi> 37. (1839);<lb/> dem die definitive und durchgreifende Aufhebung des Wuchergeſetzes der Königin<lb/> Anna durch 17. 18. <hi rendition="#aq">Vict.</hi> 90. (1854) folgte. Während nun Frankreich bei<lb/> ſeinem Geſetze von 1807 einfach ſtehen blieb, haben <hi rendition="#g">Preußen</hi> und <hi rendition="#g">Oeſter-<lb/> reich</hi> unter gleichzeitiger energiſcher Entwicklung des wirthſchaftlichen Vereins-<lb/> weſens ihre Wuchergeſetzgebungen beſeitigt; <hi rendition="#g">Aufhebung</hi> der <hi rendition="#aq">Lex Anast.</hi><lb/> (Geſetz vom 1. Febr. 1864); in <hi rendition="#g">Preußen</hi> und <hi rendition="#g">Hannover</hi>: Geſetz vom<lb/> 2. Juni 1864. Dann Aufhebung <hi rendition="#g">aller</hi> Zinsbeſchränkungen für Darlehen<lb/> ohne Immobilienſicherheit (Verordnung vom 12. Mai 1866).</p> </div><lb/> <div n="7"> <head><hi rendition="#aq">b)</hi> Der Pfandcredit, die Pfand- und Leihhäuſer.</head><lb/> <p>Der <hi rendition="#g">Pfandcredit</hi> entſteht, im Gegenſatz zum Darlehenscredit<lb/> da, wo das Suchen nach einem Darlehen auf perſönlicher Noth beruht,<lb/> und demnach die perſönlichen Verhältniſſe des Schuldners keine Sicher-<lb/> heit für Zins und Capital bieten. Hier macht daher die Noth die<lb/> Gefahr der Ausbeutung viel größer als bei dem Darlehen, die Aus-<lb/> beutung ſelbſt aber, da in dem Pfande doch die Sicherheit für Capital<lb/> und Zins geboten iſt, erſcheint um ſo härter, indem der ganze<lb/> Pfandcredit der Regel nach nur in den niederen, nichtbeſitzenden<lb/> <fw place="bottom" type="sig"><hi rendition="#g">Stein</hi>, Handbuch der Verwaltungslehre. 17</fw><lb/></p> </div> </div> </div> </div> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [257/0281]
gebrauches den wirthſchaftlichen Geſetzen unterordnet (vergl. Roſcher a. a. O.).
Benthams Defense of usery 1787 formulirte die Sache dialektiſch. Daraus
ging der erſte Verſuch hervor, die Wuchergeſetze ganz aufzuheben; zuerſt in
Oeſterreich durch Joſeph II. und (Patent vom 29. Jan. 1787; vergl. nament-
lich Rizy S. 98 ff.); dann die faktiſche, wenn auch nicht formelle (Rizy
S. 124 und 145 ff.) Beſeitigung des Wuchergeſetzes durch die verſchiedenen
Geſetze von 1791 bis 1796. (Rizy S. 136). — England bleibt bei bloßen
Erleichterungen des Zinsweſens ſtehen (5. 8. G. III. 93); doch wird die Auf-
hebung alles geſetzlichen Zinsfußes für Wechſel bis auf zwölf Monate durch
1. Vict. 80. (1837) anerkannt; Aufhebung der Wuchergeſetze erſt 17. 18. Vict. 90.
Allein dieſer noch rein negative Kampf hat keinen dauernden Erfolg; in Oeſter-
reich neues Wucherpatent vom 2. Dec. 1803; in Frankreich nach harten Kämpfen
das Wuchergeſetz Napoleons I. vom 3. Sept. 1807; in Italien eingeführt durch
Decret vom 31. Okt. 1807. Dem entſprechend halten im Anfange unſeres
Jahrhunderts die deutſchen Geſetzgebungen nicht bloß den Grundſatz der
Zinsgeſetzgebung feſt, ſondern führen auch die peinliche Beſtrafung des
Wuchers in den neuen Strafgeſetzbüchern durch. — Preußen: Allgem. Land-
recht §. 1273 und Strafgeſetzbuch Art. 263; ähnlich in Württemberg und
Baden, jedoch vorſichtiger; Hannover und Oeſterreich: Strafgeſetzbuch
1852; vergl. Lotz, Staatswiſſenſchaftslehre II. 283; Rau II. 319. 320; Braun
und Wirth, die Zinswuchergeſetze 1856 S. 174 ff. Unterdeß bereitet ſich die
Umgeſtaltung des Verkehrs auf allen Punkten vor, und ſeit dem Jahre 1848
erſcheint das Vereinsweſen als die neue Creditorganiſation der ſiegenden freien
Geſellſchaft. Jetzt iſt der poſitive Boden für die Freiheit des Credits gefunden,
und nunmehr hebt ein Staat nach dem andern ſowohl den geſetzlichen Zinsfuß
als die Wucherſtrafe auf. England ging voran mit 2. 3. Vict. 37. (1839);
dem die definitive und durchgreifende Aufhebung des Wuchergeſetzes der Königin
Anna durch 17. 18. Vict. 90. (1854) folgte. Während nun Frankreich bei
ſeinem Geſetze von 1807 einfach ſtehen blieb, haben Preußen und Oeſter-
reich unter gleichzeitiger energiſcher Entwicklung des wirthſchaftlichen Vereins-
weſens ihre Wuchergeſetzgebungen beſeitigt; Aufhebung der Lex Anast.
(Geſetz vom 1. Febr. 1864); in Preußen und Hannover: Geſetz vom
2. Juni 1864. Dann Aufhebung aller Zinsbeſchränkungen für Darlehen
ohne Immobilienſicherheit (Verordnung vom 12. Mai 1866).
b) Der Pfandcredit, die Pfand- und Leihhäuſer.
Der Pfandcredit entſteht, im Gegenſatz zum Darlehenscredit
da, wo das Suchen nach einem Darlehen auf perſönlicher Noth beruht,
und demnach die perſönlichen Verhältniſſe des Schuldners keine Sicher-
heit für Zins und Capital bieten. Hier macht daher die Noth die
Gefahr der Ausbeutung viel größer als bei dem Darlehen, die Aus-
beutung ſelbſt aber, da in dem Pfande doch die Sicherheit für Capital
und Zins geboten iſt, erſcheint um ſo härter, indem der ganze
Pfandcredit der Regel nach nur in den niederen, nichtbeſitzenden
Stein, Handbuch der Verwaltungslehre. 17
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