Bestrebungen zur Einführung des metrischen Systems, namentlich auch in Deutsch- land. Diese Bestrebungen (namentlich Erklärung des deutschen Handelstages in Heidelberg 1861) leiden daran, daß sie die unbeschränkte Einführung fordern, während dieselbe nur innerhalb des obigen Kreises von wirklichem Werth ist (vgl. Rau, Verwaltungspflege II. §. 230 ff). Einsetzung der Bundes- Commission für die Einführung der deutschen Maß- und Gewichtsordnung; Schlußprotocoll vom 9. Aug. 1865.
B. Der Werthumlauf. Das Geldwesen. Begriff und Inhalt.
Das Geld ist ein national-ökonomischer Begriff. Derselbe kann nicht verstanden werden ohne die strenge Scheidung von Gut und Werth. Denn das Geld ist eben der vom Gute geschiedene, selbständig erschei- nende und daher auch selbständig funktionirende Werth. Auf diesem Gedanken beruht das ganze System des Geldwesens.
Es ist nun klar, daß diese Selbständigkeit des Werthes im Gelde die erste Voraussetzung jedes Umlaufes ist. Jeder Kauf ist in der That nichts anderes, als die Hingabe des Werthes für das Gut. Mit dem Gelde ist daher das gemeinsame Werthmaß für alle Güter, und damit die erste Voraussetzung aller wirthschaftlichen Gegenseitigkeit gegeben.
Eben darum entsteht Geld stets unmittelbar mit der Produktion des Einen für den Andern. Aber eben deßhalb kann auch das Geld nicht der Willkür des Einzelnen unterworfen sein. Es muß die Grund- sätze, welche für Maß und Gewicht gelten, auf den selbständigen Werth anwenden; das ist, es muß selbst ein System von öffentlich anerkanntem Maß und Gewicht sein. Damit ist es der Thätigkeit so- wohl der Selbstverwaltung als der Vereine entzogen; es ist in seiner Herstellung nothwendig eine ausschließliche Aufgabe der Regierung; dieses ausschließliche Recht nennen wir die Regalität; das Geldwesen ist daher ein Regal, und die Gesammtheit von Anstalten und Be- stimmungen der Regierung über Ordnung und Recht des Geldes als Grundlage des selbständigen Werthumlaufes nennen wir das Geld- wesen.
Ein Geldwesen ist daher zu allen Zeiten mit der Staatsordnung zugleich entstanden, mit ihm seine systematischen Hauptgebiete, welche in seiner Natur selbst liegen. Diese sind das Münzwesen, welches die Ordnung, das Wahrungswesen, welches das Recht, und das Papiergeldwesen, welches die Quantität des Geldes zum Objekt hat. Diese drei Theile bilden daher die Verwaltung des Geld- wesens.
Beſtrebungen zur Einführung des metriſchen Syſtems, namentlich auch in Deutſch- land. Dieſe Beſtrebungen (namentlich Erklärung des deutſchen Handelstages in Heidelberg 1861) leiden daran, daß ſie die unbeſchränkte Einführung fordern, während dieſelbe nur innerhalb des obigen Kreiſes von wirklichem Werth iſt (vgl. Rau, Verwaltungspflege II. §. 230 ff). Einſetzung der Bundes- Commiſſion für die Einführung der deutſchen Maß- und Gewichtsordnung; Schlußprotocoll vom 9. Aug. 1865.
B. Der Werthumlauf. Das Geldweſen. Begriff und Inhalt.
Das Geld iſt ein national-ökonomiſcher Begriff. Derſelbe kann nicht verſtanden werden ohne die ſtrenge Scheidung von Gut und Werth. Denn das Geld iſt eben der vom Gute geſchiedene, ſelbſtändig erſchei- nende und daher auch ſelbſtändig funktionirende Werth. Auf dieſem Gedanken beruht das ganze Syſtem des Geldweſens.
Es iſt nun klar, daß dieſe Selbſtändigkeit des Werthes im Gelde die erſte Vorausſetzung jedes Umlaufes iſt. Jeder Kauf iſt in der That nichts anderes, als die Hingabe des Werthes für das Gut. Mit dem Gelde iſt daher das gemeinſame Werthmaß für alle Güter, und damit die erſte Vorausſetzung aller wirthſchaftlichen Gegenſeitigkeit gegeben.
Eben darum entſteht Geld ſtets unmittelbar mit der Produktion des Einen für den Andern. Aber eben deßhalb kann auch das Geld nicht der Willkür des Einzelnen unterworfen ſein. Es muß die Grund- ſätze, welche für Maß und Gewicht gelten, auf den ſelbſtändigen Werth anwenden; das iſt, es muß ſelbſt ein Syſtem von öffentlich anerkanntem Maß und Gewicht ſein. Damit iſt es der Thätigkeit ſo- wohl der Selbſtverwaltung als der Vereine entzogen; es iſt in ſeiner Herſtellung nothwendig eine ausſchließliche Aufgabe der Regierung; dieſes ausſchließliche Recht nennen wir die Regalität; das Geldweſen iſt daher ein Regal, und die Geſammtheit von Anſtalten und Be- ſtimmungen der Regierung über Ordnung und Recht des Geldes als Grundlage des ſelbſtändigen Werthumlaufes nennen wir das Geld- weſen.
Ein Geldweſen iſt daher zu allen Zeiten mit der Staatsordnung zugleich entſtanden, mit ihm ſeine ſyſtematiſchen Hauptgebiete, welche in ſeiner Natur ſelbſt liegen. Dieſe ſind das Münzweſen, welches die Ordnung, das Wahrungsweſen, welches das Recht, und das Papiergeldweſen, welches die Quantität des Geldes zum Objekt hat. Dieſe drei Theile bilden daher die Verwaltung des Geld- weſens.
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Beſtrebungen zur Einführung des metriſchen Syſtems, namentlich auch in Deutſch-
land. Dieſe Beſtrebungen (namentlich Erklärung des deutſchen Handelstages
in Heidelberg 1861) leiden daran, daß ſie die unbeſchränkte Einführung
fordern, während dieſelbe nur innerhalb des obigen Kreiſes von wirklichem
Werth iſt (vgl. Rau, Verwaltungspflege II. §. 230 ff). Einſetzung der Bundes-
Commiſſion für die Einführung der deutſchen Maß- und Gewichtsordnung;
Schlußprotocoll vom 9. Aug. 1865.
B. Der Werthumlauf. Das Geldweſen.
Begriff und Inhalt.
Das Geld iſt ein national-ökonomiſcher Begriff. Derſelbe kann
nicht verſtanden werden ohne die ſtrenge Scheidung von Gut und Werth.
Denn das Geld iſt eben der vom Gute geſchiedene, ſelbſtändig erſchei-
nende und daher auch ſelbſtändig funktionirende Werth. Auf dieſem
Gedanken beruht das ganze Syſtem des Geldweſens.
Es iſt nun klar, daß dieſe Selbſtändigkeit des Werthes im Gelde
die erſte Vorausſetzung jedes Umlaufes iſt. Jeder Kauf iſt in der
That nichts anderes, als die Hingabe des Werthes für das Gut.
Mit dem Gelde iſt daher das gemeinſame Werthmaß für alle Güter,
und damit die erſte Vorausſetzung aller wirthſchaftlichen Gegenſeitigkeit
gegeben.
Eben darum entſteht Geld ſtets unmittelbar mit der Produktion
des Einen für den Andern. Aber eben deßhalb kann auch das Geld
nicht der Willkür des Einzelnen unterworfen ſein. Es muß die Grund-
ſätze, welche für Maß und Gewicht gelten, auf den ſelbſtändigen
Werth anwenden; das iſt, es muß ſelbſt ein Syſtem von öffentlich
anerkanntem Maß und Gewicht ſein. Damit iſt es der Thätigkeit ſo-
wohl der Selbſtverwaltung als der Vereine entzogen; es iſt in ſeiner
Herſtellung nothwendig eine ausſchließliche Aufgabe der Regierung;
dieſes ausſchließliche Recht nennen wir die Regalität; das Geldweſen
iſt daher ein Regal, und die Geſammtheit von Anſtalten und Be-
ſtimmungen der Regierung über Ordnung und Recht des Geldes als
Grundlage des ſelbſtändigen Werthumlaufes nennen wir das Geld-
weſen.
Ein Geldweſen iſt daher zu allen Zeiten mit der Staatsordnung
zugleich entſtanden, mit ihm ſeine ſyſtematiſchen Hauptgebiete, welche
in ſeiner Natur ſelbſt liegen. Dieſe ſind das Münzweſen, welches
die Ordnung, das Wahrungsweſen, welches das Recht, und das
Papiergeldweſen, welches die Quantität des Geldes zum Objekt
hat. Dieſe drei Theile bilden daher die Verwaltung des Geld-
weſens.
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Stein, Lorenz von: Handbuch der Verwaltungslehre und des Verwaltungsrechts: mit Vergleichung der Literatur und Gesetzgebung von Frankreich, England und Deutschland; als Grundlage für Vorlesungen. Stuttgart, 1870, S. 229. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/stein_handbuch_1870/253>, abgerufen am 16.07.2024.
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