der Ansprüche und als Analogon der Handelsbücher in den Schiffs- büchern, die Pflicht zu ihrer Führung und dem Rechte ihrer Beweis- kraft hinzugefügt; sie sollten in allen Landen einen wesentlichen Be- standtheil des Seerechts bilden.
Die Ausbildung dieses Seerechts ist noch ungleichmäßig. England: "In privatrechtlicher Hinsicht sind die englischen Gesetze sehr mangelhaft. Pöhls I. 33. FrankreichsOrdonnance de la Marine ist ein Muster für alle Theile, mit Ausnahme der Schiffsbücher, die erst im Code de commerce (Livre II. du commerce maritime) ihre volle Entwicklung findet; die Asse- curanz ist jedoch in allem Wesentlichen trefflich organisirt. Das österreichische Editto hat das Personen- und Vertragsrecht nach französischem Muster vor- trefflich; Assecuranz fehlt; die Literatur sowie die genaue Zusammenstellung aller Gesetzgebungen über jeden Punkt bei Pöhls, Bodmerei und Assecuranz in den deutschen Privatrechten; namentlich bei Mittermaier mit kurzer Gründ- lichkeit als Theil "des Rechts der Forderungen" II. §. 303 ff. Rönne hat zwar das Seerecht weggelassen, dagegen das Flußschifffahrtsrecht aufgenommen II. 399, während die Frage, ob die Grundsätze des Seerechts auch auf Flußschifffahrt Anwendung finden, bei keinem Gesetz oder Schriftsteller zur Erwägung gelangt. Es ist klar, daß dieß nicht ganz der Fall sein kann; wie weit das aber thunlich? -- Das deutsche Handelsgesetzbuch ist arm, seine Exegeten hier nicht reich.
B. Die Schifffahrtsverwaltung in Schutz und Förderung.
Die Schifffahrtsverwaltung entsteht nun neben dem Seerecht durch die Erkenntniß, daß die Schifffahrt als wesentliches Element der all- gemeinen volkswirthschaftlichen Entwicklung durch die Thätigkeit des Staats diejenigen Bedingungen fordern müsse, welche die Schiffer so wenig als die Rheder sich selbst verschaffen können. Sie löst sich erst im sieb- zehnten Jahrhundert von dem Seerecht ab; ihr erstes Gebiet ist das der Navigationsgesetze zum Schutz der eigenen Flagge in der internationalen Concurrenz auf dem Gebiete des Welthandels; ihr zweites, zwar gleichzeitig in den Anfängen entstehendes, aber mit dem neunzehnten Jahrhundert entwickeltes Gebiet ist das der Maßregeln zur Hebung der Schifffahrt auf Grundlage des freigewordenen Welthandels. Jeder dieser Theile hat seine Geschichte und sein System. Die Elemente der- selben sind folgende.
A. Der Schutz der Schifffahrt im internationalen Verkehr ent- steht mit der Navigationsakte von 1651 als gesetzliches Princip der völligen Ausschließung jeder Schifffahrtsconcurrenz im eigenen Handel; sein zweites, gemildertes Stadium, wesentlich von Frankreich ausgehend, ist das der Differentialabgaben von fremden Flaggen in den eigenen Häfen; beide bilden den Grundsatz der Nationalität
der Anſprüche und als Analogon der Handelsbücher in den Schiffs- büchern, die Pflicht zu ihrer Führung und dem Rechte ihrer Beweis- kraft hinzugefügt; ſie ſollten in allen Landen einen weſentlichen Be- ſtandtheil des Seerechts bilden.
Die Ausbildung dieſes Seerechts iſt noch ungleichmäßig. England: „In privatrechtlicher Hinſicht ſind die engliſchen Geſetze ſehr mangelhaft. Pöhls I. 33. FrankreichsOrdonnance de la Marine iſt ein Muſter für alle Theile, mit Ausnahme der Schiffsbücher, die erſt im Code de commerce (Livre II. du commerce maritime) ihre volle Entwicklung findet; die Aſſe- curanz iſt jedoch in allem Weſentlichen trefflich organiſirt. Das öſterreichiſche Editto hat das Perſonen- und Vertragsrecht nach franzöſiſchem Muſter vor- trefflich; Aſſecuranz fehlt; die Literatur ſowie die genaue Zuſammenſtellung aller Geſetzgebungen über jeden Punkt bei Pöhls, Bodmerei und Aſſecuranz in den deutſchen Privatrechten; namentlich bei Mittermaier mit kurzer Gründ- lichkeit als Theil „des Rechts der Forderungen“ II. §. 303 ff. Rönne hat zwar das Seerecht weggelaſſen, dagegen das Flußſchifffahrtsrecht aufgenommen II. 399, während die Frage, ob die Grundſätze des Seerechts auch auf Flußſchifffahrt Anwendung finden, bei keinem Geſetz oder Schriftſteller zur Erwägung gelangt. Es iſt klar, daß dieß nicht ganz der Fall ſein kann; wie weit das aber thunlich? — Das deutſche Handelsgeſetzbuch iſt arm, ſeine Exegeten hier nicht reich.
B. Die Schifffahrtsverwaltung in Schutz und Förderung.
Die Schifffahrtsverwaltung entſteht nun neben dem Seerecht durch die Erkenntniß, daß die Schifffahrt als weſentliches Element der all- gemeinen volkswirthſchaftlichen Entwicklung durch die Thätigkeit des Staats diejenigen Bedingungen fordern müſſe, welche die Schiffer ſo wenig als die Rheder ſich ſelbſt verſchaffen können. Sie löst ſich erſt im ſieb- zehnten Jahrhundert von dem Seerecht ab; ihr erſtes Gebiet iſt das der Navigationsgeſetze zum Schutz der eigenen Flagge in der internationalen Concurrenz auf dem Gebiete des Welthandels; ihr zweites, zwar gleichzeitig in den Anfängen entſtehendes, aber mit dem neunzehnten Jahrhundert entwickeltes Gebiet iſt das der Maßregeln zur Hebung der Schifffahrt auf Grundlage des freigewordenen Welthandels. Jeder dieſer Theile hat ſeine Geſchichte und ſein Syſtem. Die Elemente der- ſelben ſind folgende.
A. Der Schutz der Schifffahrt im internationalen Verkehr ent- ſteht mit der Navigationsakte von 1651 als geſetzliches Princip der völligen Ausſchließung jeder Schifffahrtsconcurrenz im eigenen Handel; ſein zweites, gemildertes Stadium, weſentlich von Frankreich ausgehend, iſt das der Differentialabgaben von fremden Flaggen in den eigenen Häfen; beide bilden den Grundſatz der Nationalität
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[192/0216]
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büchern, die Pflicht zu ihrer Führung und dem Rechte ihrer Beweis-
kraft hinzugefügt; ſie ſollten in allen Landen einen weſentlichen Be-
ſtandtheil des Seerechts bilden.
Die Ausbildung dieſes Seerechts iſt noch ungleichmäßig. England: „In
privatrechtlicher Hinſicht ſind die engliſchen Geſetze ſehr mangelhaft. Pöhls
I. 33. Frankreichs Ordonnance de la Marine iſt ein Muſter für alle
Theile, mit Ausnahme der Schiffsbücher, die erſt im Code de commerce
(Livre II. du commerce maritime) ihre volle Entwicklung findet; die Aſſe-
curanz iſt jedoch in allem Weſentlichen trefflich organiſirt. Das öſterreichiſche
Editto hat das Perſonen- und Vertragsrecht nach franzöſiſchem Muſter vor-
trefflich; Aſſecuranz fehlt; die Literatur ſowie die genaue Zuſammenſtellung aller
Geſetzgebungen über jeden Punkt bei Pöhls, Bodmerei und Aſſecuranz in
den deutſchen Privatrechten; namentlich bei Mittermaier mit kurzer Gründ-
lichkeit als Theil „des Rechts der Forderungen“ II. §. 303 ff. Rönne hat
zwar das Seerecht weggelaſſen, dagegen das Flußſchifffahrtsrecht aufgenommen
II. 399, während die Frage, ob die Grundſätze des Seerechts auch auf
Flußſchifffahrt Anwendung finden, bei keinem Geſetz oder Schriftſteller
zur Erwägung gelangt. Es iſt klar, daß dieß nicht ganz der Fall ſein kann;
wie weit das aber thunlich? — Das deutſche Handelsgeſetzbuch iſt arm,
ſeine Exegeten hier nicht reich.
B. Die Schifffahrtsverwaltung in Schutz und Förderung.
Die Schifffahrtsverwaltung entſteht nun neben dem Seerecht durch
die Erkenntniß, daß die Schifffahrt als weſentliches Element der all-
gemeinen volkswirthſchaftlichen Entwicklung durch die Thätigkeit des
Staats diejenigen Bedingungen fordern müſſe, welche die Schiffer ſo wenig
als die Rheder ſich ſelbſt verſchaffen können. Sie löst ſich erſt im ſieb-
zehnten Jahrhundert von dem Seerecht ab; ihr erſtes Gebiet iſt das der
Navigationsgeſetze zum Schutz der eigenen Flagge in der internationalen
Concurrenz auf dem Gebiete des Welthandels; ihr zweites, zwar
gleichzeitig in den Anfängen entſtehendes, aber mit dem neunzehnten
Jahrhundert entwickeltes Gebiet iſt das der Maßregeln zur Hebung
der Schifffahrt auf Grundlage des freigewordenen Welthandels. Jeder
dieſer Theile hat ſeine Geſchichte und ſein Syſtem. Die Elemente der-
ſelben ſind folgende.
A. Der Schutz der Schifffahrt im internationalen Verkehr ent-
ſteht mit der Navigationsakte von 1651 als geſetzliches Princip der
völligen Ausſchließung jeder Schifffahrtsconcurrenz im eigenen
Handel; ſein zweites, gemildertes Stadium, weſentlich von Frankreich
ausgehend, iſt das der Differentialabgaben von fremden Flaggen
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Stein, Lorenz von: Handbuch der Verwaltungslehre und des Verwaltungsrechts: mit Vergleichung der Literatur und Gesetzgebung von Frankreich, England und Deutschland; als Grundlage für Vorlesungen. Stuttgart, 1870, S. 192. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/stein_handbuch_1870/216>, abgerufen am 16.07.2024.
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