Schullast §. 62 ff. (Gesetz vom 25. Mai 1868); Verhältniß der Schule zur Kirche; amtliche Oberaufsicht statt der kirchlichen hergestellt (Gesetz vom 26. März 1869); Errichtung von amtlichen Landes- und Bezirksschulräthen, mit Instruk- tionen vom 18. Mai und 11. Juni, und Organisation des Bildungswesens für Lehrer und Lehrerinnen (Verordnung vom 12. Juli 1869). -- Speciellere An- gaben bei Schmid unter den einzelnen Staaten. Positive Literatur fehlt.
II. Das Lehrerwesen.
a) Die Voraussetzung für alles, was die Schulordnung vorschreibt und beabsichtigt, ist die Lehrerbildung. Sie ist Jahrhunderte hin- durch mit der Lehre selbst nicht viel anders als ein Gewerbe gewesen. Der gebildete Lehrer war allein der Geistliche. Daher die natur- gemäße Abhängigkeit der Schule von der Kirche. Es war zugleich falsch und nutzlos, diese zu bekämpfen, bevor die Verwaltung in den Seminarien ein eigenes Lehrerbildungswesen gründete. Durch sie ist aus dem Lehrerwesen ein Lehrerberuf entstanden; und erst an diesen, der seine große ethische Auffassung seit Pestalozzi geistig erzeugt hat, schließt sich die höhere Entwicklung des ganzen Volksschulwesens.
b) Unmittelbar daran schließt sich die gesellschaftliche Stellung der Lehrer als Beamteter der Gemeinde und des Staats, die wirth- schaftliche Stellung derselben in Beziehung auf Gehalt und Ruhe- gehalt, und endlich die Selbstverwaltung des Lehrerberufs in den Lehrer conferenzen und den Lehrer vereinen. Sie sind berufen, die Entwicklung des Lehrerwesens vor allem zu fördern.
England hat gar kein eigentliches Lehrerwesen; seine Lehrer haben höch- stens einen individuellen Beruf, aber keine Stellung. Erst in jüngster Zeit die "Normal school" und das "Trinity College" mit ihrer misdirected in- struction (Senior, Report S. 21). Vergl. Literatur bei Stein S. 131. -- Frankreich hat zuerst das Princip des "Enseignement libre" aufgestellt, das mit der "Lehrfreiheit" gar nichts zu thun hat, sondern die rein negative Abtrennung von der Kirche in dem Satze enthält: daß jeder Franzose mit acht- zehn Jahren auf Grundlage eines brevet de capacite, ausgestellt durch einen andern Lehrer, sich als Lehrer niederlassen kann (Gesetz vom 28. Juni 1833, T. II. §. 4). Die Stellung der Lehrer ist jedoch bei den öffentlichen Schulen eine so abhängige von den amtlichen Behörden, daß schon darum die tüchtigen Lehrer Privatschulen gründen müssen. Errichtung einer Art von Seminarien in den Ecoles normales (Gesetz von 1850. Stein S. 133). -- In Deutschland Seminarien schon im vorigen Jahrhundert; das Seminarienwesen in den Auf- sätzen bei Schmid; Auszug bei Stein S. 133 ff. Neuere Bewegung in Preußen: "Zur Vorlage des Unterrichts- und Dotationsgesetzes," von einem deutschen Pädagogen 1868; Erhöhung der Lehrergehalte in Baden (Gesetz vom 27. Nov. 1864). Oesterreich: Lehrerbildung (Gesetz von 1869, §. 26 ff.).
Schullaſt §. 62 ff. (Geſetz vom 25. Mai 1868); Verhältniß der Schule zur Kirche; amtliche Oberaufſicht ſtatt der kirchlichen hergeſtellt (Geſetz vom 26. März 1869); Errichtung von amtlichen Landes- und Bezirksſchulräthen, mit Inſtruk- tionen vom 18. Mai und 11. Juni, und Organiſation des Bildungsweſens für Lehrer und Lehrerinnen (Verordnung vom 12. Juli 1869). — Speciellere An- gaben bei Schmid unter den einzelnen Staaten. Poſitive Literatur fehlt.
II. Das Lehrerweſen.
a) Die Vorausſetzung für alles, was die Schulordnung vorſchreibt und beabſichtigt, iſt die Lehrerbildung. Sie iſt Jahrhunderte hin- durch mit der Lehre ſelbſt nicht viel anders als ein Gewerbe geweſen. Der gebildete Lehrer war allein der Geiſtliche. Daher die natur- gemäße Abhängigkeit der Schule von der Kirche. Es war zugleich falſch und nutzlos, dieſe zu bekämpfen, bevor die Verwaltung in den Seminarien ein eigenes Lehrerbildungsweſen gründete. Durch ſie iſt aus dem Lehrerweſen ein Lehrerberuf entſtanden; und erſt an dieſen, der ſeine große ethiſche Auffaſſung ſeit Peſtalozzi geiſtig erzeugt hat, ſchließt ſich die höhere Entwicklung des ganzen Volksſchulweſens.
b) Unmittelbar daran ſchließt ſich die geſellſchaftliche Stellung der Lehrer als Beamteter der Gemeinde und des Staats, die wirth- ſchaftliche Stellung derſelben in Beziehung auf Gehalt und Ruhe- gehalt, und endlich die Selbſtverwaltung des Lehrerberufs in den Lehrer conferenzen und den Lehrer vereinen. Sie ſind berufen, die Entwicklung des Lehrerweſens vor allem zu fördern.
England hat gar kein eigentliches Lehrerweſen; ſeine Lehrer haben höch- ſtens einen individuellen Beruf, aber keine Stellung. Erſt in jüngſter Zeit die „Normal school“ und das „Trinity College“ mit ihrer misdirected in- struction (Senior, Report S. 21). Vergl. Literatur bei Stein S. 131. — Frankreich hat zuerſt das Princip des „Enseignement libre“ aufgeſtellt, das mit der „Lehrfreiheit“ gar nichts zu thun hat, ſondern die rein negative Abtrennung von der Kirche in dem Satze enthält: daß jeder Franzoſe mit acht- zehn Jahren auf Grundlage eines brevet de capacité, ausgeſtellt durch einen andern Lehrer, ſich als Lehrer niederlaſſen kann (Geſetz vom 28. Juni 1833, T. II. §. 4). Die Stellung der Lehrer iſt jedoch bei den öffentlichen Schulen eine ſo abhängige von den amtlichen Behörden, daß ſchon darum die tüchtigen Lehrer Privatſchulen gründen müſſen. Errichtung einer Art von Seminarien in den Ecoles normales (Geſetz von 1850. Stein S. 133). — In Deutſchland Seminarien ſchon im vorigen Jahrhundert; das Seminarienweſen in den Auf- ſätzen bei Schmid; Auszug bei Stein S. 133 ff. Neuere Bewegung in Preußen: „Zur Vorlage des Unterrichts- und Dotationsgeſetzes,“ von einem deutſchen Pädagogen 1868; Erhöhung der Lehrergehalte in Baden (Geſetz vom 27. Nov. 1864). Oeſterreich: Lehrerbildung (Geſetz von 1869, §. 26 ff.).
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Schullaſt §. 62 ff. (Geſetz vom 25. Mai 1868); Verhältniß der Schule zur
Kirche; amtliche Oberaufſicht ſtatt der kirchlichen hergeſtellt (Geſetz vom 26. März
1869); Errichtung von amtlichen Landes- und Bezirksſchulräthen, mit Inſtruk-
tionen vom 18. Mai und 11. Juni, und Organiſation des Bildungsweſens für
Lehrer und Lehrerinnen (Verordnung vom 12. Juli 1869). — Speciellere An-
gaben bei Schmid unter den einzelnen Staaten. Poſitive Literatur fehlt.
II. Das Lehrerweſen.
a) Die Vorausſetzung für alles, was die Schulordnung vorſchreibt
und beabſichtigt, iſt die Lehrerbildung. Sie iſt Jahrhunderte hin-
durch mit der Lehre ſelbſt nicht viel anders als ein Gewerbe geweſen.
Der gebildete Lehrer war allein der Geiſtliche. Daher die natur-
gemäße Abhängigkeit der Schule von der Kirche. Es war zugleich
falſch und nutzlos, dieſe zu bekämpfen, bevor die Verwaltung in den
Seminarien ein eigenes Lehrerbildungsweſen gründete. Durch ſie iſt
aus dem Lehrerweſen ein Lehrerberuf entſtanden; und erſt an dieſen,
der ſeine große ethiſche Auffaſſung ſeit Peſtalozzi geiſtig erzeugt hat,
ſchließt ſich die höhere Entwicklung des ganzen Volksſchulweſens.
b) Unmittelbar daran ſchließt ſich die geſellſchaftliche Stellung der
Lehrer als Beamteter der Gemeinde und des Staats, die wirth-
ſchaftliche Stellung derſelben in Beziehung auf Gehalt und Ruhe-
gehalt, und endlich die Selbſtverwaltung des Lehrerberufs in den
Lehrer conferenzen und den Lehrer vereinen. Sie ſind berufen,
die Entwicklung des Lehrerweſens vor allem zu fördern.
England hat gar kein eigentliches Lehrerweſen; ſeine Lehrer haben höch-
ſtens einen individuellen Beruf, aber keine Stellung. Erſt in jüngſter Zeit
die „Normal school“ und das „Trinity College“ mit ihrer misdirected in-
struction (Senior, Report S. 21). Vergl. Literatur bei Stein S. 131. —
Frankreich hat zuerſt das Princip des „Enseignement libre“ aufgeſtellt,
das mit der „Lehrfreiheit“ gar nichts zu thun hat, ſondern die rein negative
Abtrennung von der Kirche in dem Satze enthält: daß jeder Franzoſe mit acht-
zehn Jahren auf Grundlage eines brevet de capacité, ausgeſtellt durch einen
andern Lehrer, ſich als Lehrer niederlaſſen kann (Geſetz vom 28. Juni 1833, T. II.
§. 4). Die Stellung der Lehrer iſt jedoch bei den öffentlichen Schulen eine
ſo abhängige von den amtlichen Behörden, daß ſchon darum die tüchtigen Lehrer
Privatſchulen gründen müſſen. Errichtung einer Art von Seminarien in den
Ecoles normales (Geſetz von 1850. Stein S. 133). — In Deutſchland
Seminarien ſchon im vorigen Jahrhundert; das Seminarienweſen in den Auf-
ſätzen bei Schmid; Auszug bei Stein S. 133 ff. Neuere Bewegung in
Preußen: „Zur Vorlage des Unterrichts- und Dotationsgeſetzes,“ von einem
deutſchen Pädagogen 1868; Erhöhung der Lehrergehalte in Baden (Geſetz
vom 27. Nov. 1864). Oeſterreich: Lehrerbildung (Geſetz von 1869, §. 26 ff.).
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Stein, Lorenz von: Handbuch der Verwaltungslehre und des Verwaltungsrechts: mit Vergleichung der Literatur und Gesetzgebung von Frankreich, England und Deutschland; als Grundlage für Vorlesungen. Stuttgart, 1870, S. 121. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/stein_handbuch_1870/145>, abgerufen am 16.07.2024.
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