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Staiger, Emil: Grundbegriffe der Poetik. Zürich, 1946.

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diese Strophen kaum. Der etwas schwere Auftakt in pst_031.002
der ersten wiederholt sich an derselben Stelle in der pst_031.003
zweiten:

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"Oft aus der dunklen Wolkenhülle ..." pst_031.005
"Leis Schauern in den dunklen Bäumen ..."
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ebenso im letzten Vers der etwas leichtere, aber immer pst_031.007
noch fast unmerklich akzentuierte Auftakt:

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"Dann wieder alles grau und stille ..." pst_031.009
"Ist wie ein Rufen nur aus Träumen ..."
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Die Gewichte sind auffallend ähnlich verteilt. Einzig im pst_031.011
vierten Vers ist der Rhythmus empfindlich verändert:

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"Und hin und her im Tal ..." pst_031.013
"Wirrst die Gedanken mir ..."
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Daß weitere, nicht mehr faßliche Unterschiede bestehen, pst_031.015
sei nicht bestritten. Sie kommen aber gegen die pst_031.016
rhythmische Ähnlichkeit im Ganzen nicht auf. Das pst_031.017
heißt: Die Musik der ersten Strophe wird in der zweiten pst_031.018
wiederholt. Dieselbe Saite klingt noch einmal, gibt einen pst_031.019
zweiten, ganz ähnlichen Ton, dessen Schwingung pst_031.020
sogar die Unterschiede der Aussage zu verschleiern pst_031.021
scheint wie ein mit Pedal gehaltener Akkord, über dem pst_031.022
eine Melodie sich fortsetzt.

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Noch einen Schritt weiter führt uns Mörikes "Um pst_031.024
Mitternacht".

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"Gelassen stieg die Nacht ans Land, pst_031.026
Lehnt träumend an der Berge Wand, pst_031.027
Ihr Auge sieht die goldne Waage nun pst_031.028
Der Zeit in gleichen Schalen stille ruhn;"

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diese Strophen kaum. Der etwas schwere Auftakt in pst_031.002
der ersten wiederholt sich an derselben Stelle in der pst_031.003
zweiten:

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«Oft aus der dunklen Wolkenhülle ...» pst_031.005
«Leis Schauern in den dunklen Bäumen ...»
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ebenso im letzten Vers der etwas leichtere, aber immer pst_031.007
noch fast unmerklich akzentuierte Auftakt:

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«Dann wieder alles grau und stille ...» pst_031.009
«Ist wie ein Rufen nur aus Träumen ...»
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Die Gewichte sind auffallend ähnlich verteilt. Einzig im pst_031.011
vierten Vers ist der Rhythmus empfindlich verändert:

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«Und hin und her im Tal ...» pst_031.013
«Wirrst die Gedanken mir ...»
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Daß weitere, nicht mehr faßliche Unterschiede bestehen, pst_031.015
sei nicht bestritten. Sie kommen aber gegen die pst_031.016
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wiederholt. Dieselbe Saite klingt noch einmal, gibt einen pst_031.019
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scheint wie ein mit Pedal gehaltener Akkord, über dem pst_031.022
eine Melodie sich fortsetzt.

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  Noch einen Schritt weiter führt uns Mörikes «Um pst_031.024
Mitternacht».

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«Gelassen stieg die Nacht ans Land, pst_031.026
Lehnt träumend an der Berge Wand, pst_031.027
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[31/0035] pst_031.001 diese Strophen kaum. Der etwas schwere Auftakt in pst_031.002 der ersten wiederholt sich an derselben Stelle in der pst_031.003 zweiten: pst_031.004 «Oft aus der dunklen Wolkenhülle ...» pst_031.005 «Leis Schauern in den dunklen Bäumen ...» pst_031.006 ebenso im letzten Vers der etwas leichtere, aber immer pst_031.007 noch fast unmerklich akzentuierte Auftakt: pst_031.008 «Dann wieder alles grau und stille ...» pst_031.009 «Ist wie ein Rufen nur aus Träumen ...» pst_031.010 Die Gewichte sind auffallend ähnlich verteilt. Einzig im pst_031.011 vierten Vers ist der Rhythmus empfindlich verändert: pst_031.012 «Und hin und her im Tal ...» pst_031.013 «Wirrst die Gedanken mir ...» pst_031.014 Daß weitere, nicht mehr faßliche Unterschiede bestehen, pst_031.015 sei nicht bestritten. Sie kommen aber gegen die pst_031.016 rhythmische Ähnlichkeit im Ganzen nicht auf. Das pst_031.017 heißt: Die Musik der ersten Strophe wird in der zweiten pst_031.018 wiederholt. Dieselbe Saite klingt noch einmal, gibt einen pst_031.019 zweiten, ganz ähnlichen Ton, dessen Schwingung pst_031.020 sogar die Unterschiede der Aussage zu verschleiern pst_031.021 scheint wie ein mit Pedal gehaltener Akkord, über dem pst_031.022 eine Melodie sich fortsetzt. pst_031.023   Noch einen Schritt weiter führt uns Mörikes «Um pst_031.024 Mitternacht». pst_031.025 «Gelassen stieg die Nacht ans Land, pst_031.026 Lehnt träumend an der Berge Wand, pst_031.027 Ihr Auge sieht die goldne Waage nun pst_031.028 Der Zeit in gleichen Schalen stille ruhn;»

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Zitationshilfe: Staiger, Emil: Grundbegriffe der Poetik. Zürich, 1946, S. 31. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/staiger_poetik_1946/35>, abgerufen am 26.04.2024.