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Sprengel, Christian Konrad: Das entdeckte Geheimniss der Natur im Bau und in der Befruchtung der Blumen. Berlin, 1793.

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Ophrys. Serapias.
als unterwärts. Alsdenn aber würde es die Staubkölbchen nicht
herausgezogen haben. So wie aber die Unterlippe wirklich ge-
bildet ist, konnte das Insekt sich nicht anders auf dieselbe setzen,
als so, daß es die rechten Füße auf den rechten, und die lin-
ken auf den linken Lappen setzte. Auf solche Art hatte es schon
jetzt völlig, oder doch beynahe diejenige Richtung, die es nach
der Absicht der Natur zuletzt haben sollte. In dieser Stellung
hatte es den untersten Theil der Saftdrüse grade vor sich, und
leckte denselben ab. Als es damit fertig war, so kroch es weiter
hinauf. Hier fand es nun nicht die geringste Ursache, seine
Richtung zu ändern, sondern behielt dieselbe, weil es bey dersel-
ben am bequemsten stehen konnte. Und je weiter es hinaufkroch,
desto schmäler ward die Unterlippe, desto weniger Freyheit hatte
also das Insekt, seine Füße anders wohin zu setzen, als es dem
angezeigten Endzweck gemäß war. Als es also bis an das oberste
Ende der Saftdrüse gekrochen war, so war es beynahe nicht mög-
lich, daß es eine andere Stellung hätte haben können, als die
es in der Figur hat.

Der Saft ist zwar in geringer Quantität vorhanden, scheint
aber für diese Insekten ein wahrer Nektar zu seyn; denn wenn sie
denselben einmal gekostet haben, so verlassen sie die Blumen nicht
bald wieder, sondern halten sich wohl eine halbe Stunde und
länger auf denselben auf. Daher kann man mit aller Bequem-
lichkeit ihr Verhalten auf denselben beobachten.

Serapias.

Serapias longifolia. Tab. XXIII. 27--30. 34--38.

27. Eine verblühete Blume in natürlicher Grösse und Stel-
lung, von der Seite gesehen.

28. Eine blühende Blume in natürlicher Stellung, von
vorne gesehen.

30. Eben diese Blume, von der Seite gesehen, nachdem
die vorderste Hälfte genau weggeschnitten worden. Bloß der
Deckel, unter welchem die Staubkölbchen liegen, ist ganz ge-
blieben.

38. Eine Blume, auf deren Unterlippe ein Regentropfen
gefallen ist, welcher dieselbe vermöge seiner Schwere aus der
mehr horizontalen Lage, welche sie vorher hatte, Fig. 28. 30., in
eine perpendikuläre Lage gebracht hat.

37. Die Blume mit eben diesem Regentropfen, von vorne
gesehen, nachdem die obersten Kronenblätter weggeschnitten wor-
den. Diese Figur dient zugleich zur Erläuterung der 28. und 30.
a ist der Deckel, unter welchem die beiden Staubkölbchen auf dem
Griffel liegen. b ist das klebrichte Stigma. In Fig. 28. klebt
auf demselben linker Hand ein Staubkölbchen. c d ist der
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Serapias.
Kahn *), welcher in der Mitte den Saft absondert und enthält
(die Saftdrüse ist hier, und in Fig. 28. und 30. punktirt). Er
ist auf beiden Seiten mit purpurfarbenen Linien geziert, welche
nach der Mitte, wo der Saft ist, sich hinziehen. Die Mitte
selbst aber ist mit gelben Flecken geziert. Die Unterlippe d e ist
mit dem Kahn bey d auf eine solche Art verbunden, daß sie von
einer geringen Kraft, zum Beyspiel, wie hier, von der Schwere
eines auf dieselbe gefallenen Regentropfens herabgebogen werden
kann. Zwischen dem Regentropfen und d sind zwey Höcker,
welche vorne gelb sind. Diese Farbe wird in Fig. 28. und 30.
durch Punkte angedeutet.

29. Gehört zu Fig. 28. Es ist nemlich der oberste Theil des
Griffels nebst dem Deckel a, welcher aber in die Höhe gehoben
worden ist, damit man die beiden auf seiner unteren Seite befind-
lichen Fächer sehen könne. Die Staubkölbchen liegen nicht mehr
auf dem Griffel. Am (punktirten) Stigma linker Hand klebt
das eine von denselben b.

35. Gehört zu Fig. 30. Der oberste Theil des der Länge
nach durchschnittenen Griffels mit dem gleichfalls in die Höhe ge-
hobenen ganzen Deckel. Das halbe Stigma ist punktirt. Das
eine Staubkölbchen, welches auf dieser Hälfte des Griffels gele-
gen hat, ist nicht mehr da.

34. Stellt den obersten Theil des Griffels vor, wie derselbe
dem in der Linie a b Fig. 30. sich befindenden Auge erscheint.
Das Staubkölbchen rechter Hand liegt noch in seinem Behält-
niß; es ragt eben so, wie der Deckel, zum Theil über das Stigma
herüber. Das andere Staubkölbchen klebt am Stigma.

36. Stellt wieder den obersten Theil des Griffels vor, wie
derselbe einem in der Linie c d Fig. 30. befindlichen Auge erscheint.
Der Deckel, welcher bey a ganz schwach befestigt war, ist abge-
rissen worden, so daß man nun die glatte Stelle sieht, wo die
nicht mehr vorhandenen Staubkölbchen gelegen haben.

Wenn Linne von dieser und der folgenden Art sagt, daß
die Blumen hangen, so ist dies zwar von den verblüheten, kei-
nesweges aber von den blühenden wahr; denn diese haben eine
horizontale Stellung. Weil aber die Blume, wann sie abge-
blühet hat und befruchtet worden ist, noch die Krone behält, und,
wann die Pflanze eine Zeit lang geblühet hat, sie mehr verblü-
hete hangende, als blühende horizontal stehende Blumen hat: so
kann man sich leicht in Ansehung dieses Umstandes irren. Es
findet also auch hier Statt, was ich schon einigemal erinnert
habe, daß nemlich Blumen, welche eine Aehre bilden, gemei-

niglich
*) So hat auch Haller diesen Theil genannt.

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Ophrys. Serapias.
als unterwaͤrts. Alsdenn aber wuͤrde es die Staubkoͤlbchen nicht
herausgezogen haben. So wie aber die Unterlippe wirklich ge-
bildet iſt, konnte das Inſekt ſich nicht anders auf dieſelbe ſetzen,
als ſo, daß es die rechten Fuͤße auf den rechten, und die lin-
ken auf den linken Lappen ſetzte. Auf ſolche Art hatte es ſchon
jetzt voͤllig, oder doch beynahe diejenige Richtung, die es nach
der Abſicht der Natur zuletzt haben ſollte. In dieſer Stellung
hatte es den unterſten Theil der Saftdruͤſe grade vor ſich, und
leckte denſelben ab. Als es damit fertig war, ſo kroch es weiter
hinauf. Hier fand es nun nicht die geringſte Urſache, ſeine
Richtung zu aͤndern, ſondern behielt dieſelbe, weil es bey derſel-
ben am bequemſten ſtehen konnte. Und je weiter es hinaufkroch,
deſto ſchmaͤler ward die Unterlippe, deſto weniger Freyheit hatte
alſo das Inſekt, ſeine Fuͤße anders wohin zu ſetzen, als es dem
angezeigten Endzweck gemaͤß war. Als es alſo bis an das oberſte
Ende der Saftdruͤſe gekrochen war, ſo war es beynahe nicht moͤg-
lich, daß es eine andere Stellung haͤtte haben koͤnnen, als die
es in der Figur hat.

Der Saft iſt zwar in geringer Quantitaͤt vorhanden, ſcheint
aber fuͤr dieſe Inſekten ein wahrer Nektar zu ſeyn; denn wenn ſie
denſelben einmal gekoſtet haben, ſo verlaſſen ſie die Blumen nicht
bald wieder, ſondern halten ſich wohl eine halbe Stunde und
laͤnger auf denſelben auf. Daher kann man mit aller Bequem-
lichkeit ihr Verhalten auf denſelben beobachten.

Serapias.

Serapias longifolia. Tab. XXIII. 27—30. 34—38.

27. Eine verbluͤhete Blume in natuͤrlicher Groͤſſe und Stel-
lung, von der Seite geſehen.

28. Eine bluͤhende Blume in natuͤrlicher Stellung, von
vorne geſehen.

30. Eben dieſe Blume, von der Seite geſehen, nachdem
die vorderſte Haͤlfte genau weggeſchnitten worden. Bloß der
Deckel, unter welchem die Staubkoͤlbchen liegen, iſt ganz ge-
blieben.

38. Eine Blume, auf deren Unterlippe ein Regentropfen
gefallen iſt, welcher dieſelbe vermoͤge ſeiner Schwere aus der
mehr horizontalen Lage, welche ſie vorher hatte, Fig. 28. 30., in
eine perpendikulaͤre Lage gebracht hat.

37. Die Blume mit eben dieſem Regentropfen, von vorne
geſehen, nachdem die oberſten Kronenblaͤtter weggeſchnitten wor-
den. Dieſe Figur dient zugleich zur Erlaͤuterung der 28. und 30.
a iſt der Deckel, unter welchem die beiden Staubkoͤlbchen auf dem
Griffel liegen. b iſt das klebrichte Stigma. In Fig. 28. klebt
auf demſelben linker Hand ein Staubkoͤlbchen. c d iſt der
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Serapias.
Kahn *), welcher in der Mitte den Saft abſondert und enthaͤlt
(die Saftdruͤſe iſt hier, und in Fig. 28. und 30. punktirt). Er
iſt auf beiden Seiten mit purpurfarbenen Linien geziert, welche
nach der Mitte, wo der Saft iſt, ſich hinziehen. Die Mitte
ſelbſt aber iſt mit gelben Flecken geziert. Die Unterlippe d e iſt
mit dem Kahn bey d auf eine ſolche Art verbunden, daß ſie von
einer geringen Kraft, zum Beyſpiel, wie hier, von der Schwere
eines auf dieſelbe gefallenen Regentropfens herabgebogen werden
kann. Zwiſchen dem Regentropfen und d ſind zwey Hoͤcker,
welche vorne gelb ſind. Dieſe Farbe wird in Fig. 28. und 30.
durch Punkte angedeutet.

29. Gehoͤrt zu Fig. 28. Es iſt nemlich der oberſte Theil des
Griffels nebſt dem Deckel a, welcher aber in die Hoͤhe gehoben
worden iſt, damit man die beiden auf ſeiner unteren Seite befind-
lichen Faͤcher ſehen koͤnne. Die Staubkoͤlbchen liegen nicht mehr
auf dem Griffel. Am (punktirten) Stigma linker Hand klebt
das eine von denſelben b.

35. Gehoͤrt zu Fig. 30. Der oberſte Theil des der Laͤnge
nach durchſchnittenen Griffels mit dem gleichfalls in die Hoͤhe ge-
hobenen ganzen Deckel. Das halbe Stigma iſt punktirt. Das
eine Staubkoͤlbchen, welches auf dieſer Haͤlfte des Griffels gele-
gen hat, iſt nicht mehr da.

34. Stellt den oberſten Theil des Griffels vor, wie derſelbe
dem in der Linie a b Fig. 30. ſich befindenden Auge erſcheint.
Das Staubkoͤlbchen rechter Hand liegt noch in ſeinem Behaͤlt-
niß; es ragt eben ſo, wie der Deckel, zum Theil uͤber das Stigma
heruͤber. Das andere Staubkoͤlbchen klebt am Stigma.

36. Stellt wieder den oberſten Theil des Griffels vor, wie
derſelbe einem in der Linie c d Fig. 30. befindlichen Auge erſcheint.
Der Deckel, welcher bey a ganz ſchwach befeſtigt war, iſt abge-
riſſen worden, ſo daß man nun die glatte Stelle ſieht, wo die
nicht mehr vorhandenen Staubkoͤlbchen gelegen haben.

Wenn Linné von dieſer und der folgenden Art ſagt, daß
die Blumen hangen, ſo iſt dies zwar von den verbluͤheten, kei-
nesweges aber von den bluͤhenden wahr; denn dieſe haben eine
horizontale Stellung. Weil aber die Blume, wann ſie abge-
bluͤhet hat und befruchtet worden iſt, noch die Krone behaͤlt, und,
wann die Pflanze eine Zeit lang gebluͤhet hat, ſie mehr verbluͤ-
hete hangende, als bluͤhende horizontal ſtehende Blumen hat: ſo
kann man ſich leicht in Anſehung dieſes Umſtandes irren. Es
findet alſo auch hier Statt, was ich ſchon einigemal erinnert
habe, daß nemlich Blumen, welche eine Aehre bilden, gemei-

niglich
*) So hat auch Haller dieſen Theil genannt.
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[[218]/0218] Ophrys. Serapias. Serapias. als unterwaͤrts. Alsdenn aber wuͤrde es die Staubkoͤlbchen nicht herausgezogen haben. So wie aber die Unterlippe wirklich ge- bildet iſt, konnte das Inſekt ſich nicht anders auf dieſelbe ſetzen, als ſo, daß es die rechten Fuͤße auf den rechten, und die lin- ken auf den linken Lappen ſetzte. Auf ſolche Art hatte es ſchon jetzt voͤllig, oder doch beynahe diejenige Richtung, die es nach der Abſicht der Natur zuletzt haben ſollte. In dieſer Stellung hatte es den unterſten Theil der Saftdruͤſe grade vor ſich, und leckte denſelben ab. Als es damit fertig war, ſo kroch es weiter hinauf. Hier fand es nun nicht die geringſte Urſache, ſeine Richtung zu aͤndern, ſondern behielt dieſelbe, weil es bey derſel- ben am bequemſten ſtehen konnte. Und je weiter es hinaufkroch, deſto ſchmaͤler ward die Unterlippe, deſto weniger Freyheit hatte alſo das Inſekt, ſeine Fuͤße anders wohin zu ſetzen, als es dem angezeigten Endzweck gemaͤß war. 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Die Unterlippe d e iſt mit dem Kahn bey d auf eine ſolche Art verbunden, daß ſie von einer geringen Kraft, zum Beyſpiel, wie hier, von der Schwere eines auf dieſelbe gefallenen Regentropfens herabgebogen werden kann. Zwiſchen dem Regentropfen und d ſind zwey Hoͤcker, welche vorne gelb ſind. Dieſe Farbe wird in Fig. 28. und 30. durch Punkte angedeutet. 29. Gehoͤrt zu Fig. 28. Es iſt nemlich der oberſte Theil des Griffels nebſt dem Deckel a, welcher aber in die Hoͤhe gehoben worden iſt, damit man die beiden auf ſeiner unteren Seite befind- lichen Faͤcher ſehen koͤnne. Die Staubkoͤlbchen liegen nicht mehr auf dem Griffel. Am (punktirten) Stigma linker Hand klebt das eine von denſelben b. 35. Gehoͤrt zu Fig. 30. Der oberſte Theil des der Laͤnge nach durchſchnittenen Griffels mit dem gleichfalls in die Hoͤhe ge- hobenen ganzen Deckel. Das halbe Stigma iſt punktirt. Das eine Staubkoͤlbchen, welches auf dieſer Haͤlfte des Griffels gele- gen hat, iſt nicht mehr da. 34. Stellt den oberſten Theil des Griffels vor, wie derſelbe dem in der Linie a b Fig. 30. ſich befindenden Auge erſcheint. Das Staubkoͤlbchen rechter Hand liegt noch in ſeinem Behaͤlt- niß; es ragt eben ſo, wie der Deckel, zum Theil uͤber das Stigma heruͤber. Das andere Staubkoͤlbchen klebt am Stigma. 36. Stellt wieder den oberſten Theil des Griffels vor, wie derſelbe einem in der Linie c d Fig. 30. befindlichen Auge erſcheint. Der Deckel, welcher bey a ganz ſchwach befeſtigt war, iſt abge- riſſen worden, ſo daß man nun die glatte Stelle ſieht, wo die nicht mehr vorhandenen Staubkoͤlbchen gelegen haben. Wenn Linné von dieſer und der folgenden Art ſagt, daß die Blumen hangen, ſo iſt dies zwar von den verbluͤheten, kei- nesweges aber von den bluͤhenden wahr; denn dieſe haben eine horizontale Stellung. Weil aber die Blume, wann ſie abge- bluͤhet hat und befruchtet worden iſt, noch die Krone behaͤlt, und, wann die Pflanze eine Zeit lang gebluͤhet hat, ſie mehr verbluͤ- hete hangende, als bluͤhende horizontal ſtehende Blumen hat: ſo kann man ſich leicht in Anſehung dieſes Umſtandes irren. Es findet alſo auch hier Statt, was ich ſchon einigemal erinnert habe, daß nemlich Blumen, welche eine Aehre bilden, gemei- niglich *) So hat auch Haller dieſen Theil genannt.

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Zitationshilfe: Sprengel, Christian Konrad: Das entdeckte Geheimniss der Natur im Bau und in der Befruchtung der Blumen. Berlin, 1793, S. [218]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/sprengel_blumen_1793/218>, abgerufen am 03.12.2024.