Spindler, Christian Gotthold: Unschuldige Jugend-Früchte. Leipzig, 1745.Anderer Abschnitt. Glückwünschungs-Schreiben, Hochwerther Clodius!An Herr M. Clodium, wohlverordnet un[d] treu-verdienten Rector der Zwickauischen Schulen; da selbiger/ als sein Hochwerther Lehrer, und fürnehmer Gönner von der An- nabergischen Schule abzog, und das Rectorat in Zwickau rühmlichst antrat. das hätt ich nicht geglaubt, Daß uns das Glück so bald des edlen Munds beraubt, Der uns so treu gelehrt, so fleißig unterwiesen, Ja, den auch Freund und Feind als treu und ächt gepriesen. Was GOtt und Himmel will, bleibt steiff und fest gesetzt. Allein erkenne doch, wie unser Auge netzt, Und deinen Abschieds-Gruß, der dir vergnüglich scheinet, Mit angehäufftem Schmertz und Thränen-Saltz beweinet. Denn, läst du, Vater, nicht dein Musen-Volck allein? Muß es denn abermahl durch dich verwayset seyn? Hält dich die Liebe nicht, so uns an dich gebunden, Vergissest du so bald der vormahls frohen Stunden? O! Frommer Clodius! ich halte nicht dafür, Daß du dich bessern wirst; so bleib doch immer hier! Wirst du in Schwanen-Feld auch so viel Freunde zehlen, Als sich zu deiner Lust mit jeden Tag vermählen? Wie B 4
Anderer Abſchnitt. Gluͤckwuͤnſchungs-Schreiben, Hochwerther Clodius!An Herr M. Clodium, wohlverordnet un[d] treu-verdienten Rector der Zwickauiſchen Schulen; da ſelbiger/ als ſein Hochwerther Lehrer, und fuͤrnehmer Goͤnner von der An- nabergiſchen Schule abzog, und das Rectorat in Zwickau ruͤhmlichſt antrat. das haͤtt ich nicht geglaubt, Daß uns das Gluͤck ſo bald des edlẽ Munds beꝛaubt, Der uns ſo treu gelehrt, ſo fleißig unterwieſen, Ja, den auch Freund und Feind als treu und aͤcht geprieſen. Was GOtt und Himmel will, bleibt ſteiff und feſt geſetzt. Allein erkenne doch, wie unſer Auge netzt, Und deinen Abſchieds-Gruß, der dir vergnuͤglich ſcheinet, Mit angehaͤufftem Schmertz und Thraͤnen-Saltz beweinet. Deñ, laͤſt du, Vater, nicht dein Muſen-Volck allein? Muß es denn abermahl durch dich verwayſet ſeyn? Haͤlt dich die Liebe nicht, ſo uns an dich gebunden, Vergiſſeſt du ſo bald der vormahls fꝛohen Stunden? O! Frommer Clodius! ich halte nicht dafuͤr, Daß du dich beſſern wirſt; ſo bleib doch immer hier! Wirſt du in Schwanen-Feld auch ſo viel Freunde zehlen, Als ſich zu deiner Luſt mit jeden Tag vermaͤhlen? Wie B 4
<TEI> <text> <body> <pb facs="#f0043" n="(23)[23]"/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> <div n="1"> <head> <hi rendition="#b">Anderer Abſchnitt.</hi> </head><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> <lg type="poem"> <head><hi rendition="#b">Gluͤckwuͤnſchungs-Schreiben,</hi><lb/> An Herr <hi rendition="#aq">M.</hi> <hi rendition="#fr">Clodium,</hi> wohlverordnet un<supplied>d</supplied> treu-verdienten<lb/><hi rendition="#aq">Rector</hi> der Zwickauiſchen Schulen; da ſelbiger/ als ſein<lb/> Hochwerther Lehrer, und fuͤrnehmer Goͤnner von der An-<lb/> nabergiſchen Schule abzog, und das <hi rendition="#aq">Rectorat</hi> in Zwickau<lb/> ruͤhmlichſt antrat.</head><lb/> <l> <hi rendition="#fr"><hi rendition="#in">H</hi>ochwerther Clodius!</hi> </l><lb/> <l> <hi rendition="#et">das haͤtt ich nicht geglaubt,</hi> </l><lb/> <l>Daß uns das Gluͤck ſo bald des edlẽ Munds beꝛaubt,</l><lb/> <l>Der uns ſo treu gelehrt, ſo fleißig unterwieſen,</l><lb/> <l>Ja, den auch Freund und Feind als treu und aͤcht</l><lb/> <l> <hi rendition="#et">geprieſen.</hi> </l><lb/> <l>Was GOtt und Himmel will, bleibt ſteiff und feſt</l><lb/> <l> <hi rendition="#et">geſetzt.</hi> </l><lb/> <l>Allein erkenne doch, wie unſer Auge netzt,</l><lb/> <l>Und deinen Abſchieds-Gruß, der dir vergnuͤglich</l><lb/> <l> <hi rendition="#et">ſcheinet,</hi> </l><lb/> <l>Mit angehaͤufftem Schmertz und Thraͤnen-Saltz</l><lb/> <l> <hi rendition="#et">beweinet.</hi> </l><lb/> <l>Deñ, laͤſt du, Vater, nicht dein <hi rendition="#aq">Muſ</hi>en-Volck allein?</l><lb/> <l>Muß es denn abermahl durch dich verwayſet ſeyn?</l><lb/> <l>Haͤlt dich die Liebe nicht, ſo uns an dich gebunden,</l><lb/> <l>Vergiſſeſt du ſo bald der vormahls fꝛohen Stunden?</l><lb/> <l>O! <hi rendition="#fr">Frommer Clodius!</hi> ich halte nicht dafuͤr,</l><lb/> <l>Daß du dich beſſern wirſt; ſo bleib doch immer hier!</l><lb/> <l>Wirſt du in Schwanen-Feld auch ſo viel Freunde</l><lb/> <l> <hi rendition="#et">zehlen,</hi> </l><lb/> <l>Als ſich zu deiner Luſt mit jeden Tag vermaͤhlen?</l><lb/> <fw place="bottom" type="sig">B 4</fw> <fw place="bottom" type="catch">Wie</fw><lb/> </lg> </div> </body> </text> </TEI> [(23)[23]/0043]
Anderer Abſchnitt.
Gluͤckwuͤnſchungs-Schreiben,
An Herr M. Clodium, wohlverordnet und treu-verdienten
Rector der Zwickauiſchen Schulen; da ſelbiger/ als ſein
Hochwerther Lehrer, und fuͤrnehmer Goͤnner von der An-
nabergiſchen Schule abzog, und das Rectorat in Zwickau
ruͤhmlichſt antrat.
Hochwerther Clodius!
das haͤtt ich nicht geglaubt,
Daß uns das Gluͤck ſo bald des edlẽ Munds beꝛaubt,
Der uns ſo treu gelehrt, ſo fleißig unterwieſen,
Ja, den auch Freund und Feind als treu und aͤcht
geprieſen.
Was GOtt und Himmel will, bleibt ſteiff und feſt
geſetzt.
Allein erkenne doch, wie unſer Auge netzt,
Und deinen Abſchieds-Gruß, der dir vergnuͤglich
ſcheinet,
Mit angehaͤufftem Schmertz und Thraͤnen-Saltz
beweinet.
Deñ, laͤſt du, Vater, nicht dein Muſen-Volck allein?
Muß es denn abermahl durch dich verwayſet ſeyn?
Haͤlt dich die Liebe nicht, ſo uns an dich gebunden,
Vergiſſeſt du ſo bald der vormahls fꝛohen Stunden?
O! Frommer Clodius! ich halte nicht dafuͤr,
Daß du dich beſſern wirſt; ſo bleib doch immer hier!
Wirſt du in Schwanen-Feld auch ſo viel Freunde
zehlen,
Als ſich zu deiner Luſt mit jeden Tag vermaͤhlen?
Wie
B 4
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |