Die Baronin Grenwitz war aus mehr denn einem Grunde fest entschlossen, Oswald auf der projectirten Badereise nach Helgoland nicht mitzunehmen, und sie hatte während der dreitägigen Visitentour vielfach bei sich überlegt, wie sie, ohne sich selbst doch gar zu viel zu vergeben, diesen Entschluß ausführen könnte. Wie erfreut war sie deshalb, als Oswald bei ihrer Zu¬ rückkunft (es war den Tag nach Melitta's Abreise) ihre leiseste Anspielung, ob es ihm nicht lieber wäre, diese Zeit ganz zu seiner Erholung zu verwenden, be¬ gierig ergriff; als er erklärte, während dieser Zeit nicht einmal auf dem Schlosse bleiben, sondern eine Reise, vielleicht durch die Insel, die er noch nicht kannte, vielleicht nach der Residenz zu seinen Freun¬ den machen zu wollen. Anna-Maria freute sich so sehr über dieses ganz unerwartete Entgegenkommen, daß sie nicht einmal über die Motive, die Oswald
Viertes Kapitel.
Die Baronin Grenwitz war aus mehr denn einem Grunde feſt entſchloſſen, Oswald auf der projectirten Badereiſe nach Helgoland nicht mitzunehmen, und ſie hatte während der dreitägigen Viſitentour vielfach bei ſich überlegt, wie ſie, ohne ſich ſelbſt doch gar zu viel zu vergeben, dieſen Entſchluß ausführen könnte. Wie erfreut war ſie deshalb, als Oswald bei ihrer Zu¬ rückkunft (es war den Tag nach Melitta's Abreiſe) ihre leiſeſte Anſpielung, ob es ihm nicht lieber wäre, dieſe Zeit ganz zu ſeiner Erholung zu verwenden, be¬ gierig ergriff; als er erklärte, während dieſer Zeit nicht einmal auf dem Schloſſe bleiben, ſondern eine Reiſe, vielleicht durch die Inſel, die er noch nicht kannte, vielleicht nach der Reſidenz zu ſeinen Freun¬ den machen zu wollen. Anna-Maria freute ſich ſo ſehr über dieſes ganz unerwartete Entgegenkommen, daß ſie nicht einmal über die Motive, die Oswald
<TEI><text><body><pbn="[84]"facs="#f0094"/><divn="1"><head><hirendition="#b">Viertes Kapitel.</hi><lb/></head><milestoneunit="section"rendition="#hr"/><p>Die Baronin Grenwitz war aus mehr denn einem<lb/>
Grunde feſt entſchloſſen, Oswald auf der projectirten<lb/>
Badereiſe nach Helgoland nicht mitzunehmen, und ſie<lb/>
hatte während der dreitägigen Viſitentour vielfach bei<lb/>ſich überlegt, wie ſie, ohne ſich ſelbſt doch gar zu viel<lb/>
zu vergeben, dieſen Entſchluß ausführen könnte. Wie<lb/>
erfreut war ſie deshalb, als Oswald bei ihrer Zu¬<lb/>
rückkunft (es war den Tag nach Melitta's Abreiſe)<lb/>
ihre leiſeſte Anſpielung, ob es ihm nicht lieber wäre,<lb/>
dieſe Zeit ganz zu ſeiner Erholung zu verwenden, be¬<lb/>
gierig ergriff; als er erklärte, während dieſer Zeit<lb/>
nicht einmal auf dem Schloſſe bleiben, ſondern eine<lb/>
Reiſe, vielleicht durch die Inſel, die er noch nicht<lb/>
kannte, vielleicht nach der Reſidenz zu ſeinen Freun¬<lb/>
den machen zu wollen. Anna-Maria freute ſich ſo<lb/>ſehr über dieſes ganz unerwartete Entgegenkommen,<lb/>
daß ſie nicht einmal über die Motive, die Oswald<lb/></p></div></body></text></TEI>
[[84]/0094]
Viertes Kapitel.
Die Baronin Grenwitz war aus mehr denn einem
Grunde feſt entſchloſſen, Oswald auf der projectirten
Badereiſe nach Helgoland nicht mitzunehmen, und ſie
hatte während der dreitägigen Viſitentour vielfach bei
ſich überlegt, wie ſie, ohne ſich ſelbſt doch gar zu viel
zu vergeben, dieſen Entſchluß ausführen könnte. Wie
erfreut war ſie deshalb, als Oswald bei ihrer Zu¬
rückkunft (es war den Tag nach Melitta's Abreiſe)
ihre leiſeſte Anſpielung, ob es ihm nicht lieber wäre,
dieſe Zeit ganz zu ſeiner Erholung zu verwenden, be¬
gierig ergriff; als er erklärte, während dieſer Zeit
nicht einmal auf dem Schloſſe bleiben, ſondern eine
Reiſe, vielleicht durch die Inſel, die er noch nicht
kannte, vielleicht nach der Reſidenz zu ſeinen Freun¬
den machen zu wollen. Anna-Maria freute ſich ſo
ſehr über dieſes ganz unerwartete Entgegenkommen,
daß ſie nicht einmal über die Motive, die Oswald
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend
gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien
von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem
DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.
Spielhagen, Friedrich: Problematische Naturen. Bd. 3. Berlin, 1861, S. [84]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/spielhagen_problematische03_1861/94>, abgerufen am 03.03.2025.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2025 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften
(Kontakt).
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2025. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.