Während der acht Tage, die seit der Abreise der Familie verflossen waren, hatte Oswald in der Ein¬ samkeit eines Fischerdorfes, Namens Sassitz, nicht weit von Berkow und Grenwitz, von allem Verkehr mit der Welt abgeschlossen, gelebt. Wie er nach Sas¬ sitz gekommen war, wußte er selbst kaum.
Seit ihm Melitta so plötzlich geraubt war, hatte ihn eine grenzenlose Gleichgültigkeit gegen Alles er¬ griffen, was nicht in irgend einer Beziehung zu ihr stand, die jetzt seine ganze Seele erfüllte. In dieser Apathie hatte er sich selbst von Bruno ohne Schmerz getrennt. Auf die Wünsche der Baronin ging er um so bereitwilliger ein, als er sich in seiner augenblick¬ lichen Stimmung nach Einsamkeit sehnte, wie ein Kranker nach Ruhe. So sagte er denn zu Allem: Ja, und als er den Wagen, welcher die Familie davon führte, sich in Bewegung setzen sah, fiel es ihm wie
Fünftes Kapitel.
Während der acht Tage, die ſeit der Abreiſe der Familie verfloſſen waren, hatte Oswald in der Ein¬ ſamkeit eines Fiſcherdorfes, Namens Saſſitz, nicht weit von Berkow und Grenwitz, von allem Verkehr mit der Welt abgeſchloſſen, gelebt. Wie er nach Saſ¬ ſitz gekommen war, wußte er ſelbſt kaum.
Seit ihm Melitta ſo plötzlich geraubt war, hatte ihn eine grenzenloſe Gleichgültigkeit gegen Alles er¬ griffen, was nicht in irgend einer Beziehung zu ihr ſtand, die jetzt ſeine ganze Seele erfüllte. In dieſer Apathie hatte er ſich ſelbſt von Bruno ohne Schmerz getrennt. Auf die Wünſche der Baronin ging er um ſo bereitwilliger ein, als er ſich in ſeiner augenblick¬ lichen Stimmung nach Einſamkeit ſehnte, wie ein Kranker nach Ruhe. So ſagte er denn zu Allem: Ja, und als er den Wagen, welcher die Familie davon führte, ſich in Bewegung ſetzen ſah, fiel es ihm wie
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[[93]/0103]
Fünftes Kapitel.
Während der acht Tage, die ſeit der Abreiſe der
Familie verfloſſen waren, hatte Oswald in der Ein¬
ſamkeit eines Fiſcherdorfes, Namens Saſſitz, nicht
weit von Berkow und Grenwitz, von allem Verkehr
mit der Welt abgeſchloſſen, gelebt. Wie er nach Saſ¬
ſitz gekommen war, wußte er ſelbſt kaum.
Seit ihm Melitta ſo plötzlich geraubt war, hatte
ihn eine grenzenloſe Gleichgültigkeit gegen Alles er¬
griffen, was nicht in irgend einer Beziehung zu ihr
ſtand, die jetzt ſeine ganze Seele erfüllte. In dieſer
Apathie hatte er ſich ſelbſt von Bruno ohne Schmerz
getrennt. Auf die Wünſche der Baronin ging er um
ſo bereitwilliger ein, als er ſich in ſeiner augenblick¬
lichen Stimmung nach Einſamkeit ſehnte, wie ein
Kranker nach Ruhe. So ſagte er denn zu Allem: Ja,
und als er den Wagen, welcher die Familie davon
führte, ſich in Bewegung ſetzen ſah, fiel es ihm wie
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Spielhagen, Friedrich: Problematische Naturen. Bd. 3. Berlin, 1861, S. [93]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/spielhagen_problematische03_1861/103>, abgerufen am 03.03.2025.
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