und sonderlich bey manchen advocaten seye: zu geschweigen, was zuweilen auch von ein und andern richtern verschlucket werden muß. Daher sich nicht fehlet, wer in solcher hatz stehet, muß so viel unruhe, sorge, verdruß und andere gemüths be- schwerden leiden, dadurch aber an so vielem guten gehindert werden, daß kein ge- winn, den man endlich noch dabey erhalten möchte, warhafftig solchem schaden gleich geachtet werden könte. Nun GOtt sey danck, der meinen werthen freund aus solcher unruhe wieder heraus geführet hat, derselbe bewahre ihn ferner vor derglei- chen, und ersetze ihm das ausgestandene wiederum mit seiner gnade, und so viel ru- higerer seele, in welchem stande man der göttlichen wirckungen so viel fähiger ist.
Was von Herrn Wincklern, Herrn Feuerlin und Herrn Wegleitern gemel- det worden, freuet mich hertzlich, der HErr lasse die leute, so es treulich mit ihm mei- nen, immer mehr und mehr durchbrechen, einen sieg nach dem andern erhalten, und auch andre neben sich zugleich am eifer in wahrer klugheit der gerechten aufmun- tern. Geschiehet solches und fähet unser stand an endlich recht gebessert und von al- ler miedlings-art gereiniget zu werden, so bin ich versichert, daß es vollends leicht werden solle, auch die andere stände in ihre rechte ordnung zu bringen. Weil aber auch das übel in unserm stand so tieff eingewurtzelt ist, so zweifle ich sehr, daß dersel- be eher, als GOtt eine fast unbeliebige reformation vornehmen mag, zu recht solle gebracht werden. Lasset uns indessen uns freuen, wo wir von denen hören, deren her- tzen GOtt da und dorten rühret, und sie, durch sie aber noch mehrere andre aus dem verderben heraus zeucht, und den HErrn hertzlich anflehen, daß er selbs helffen wol- le, wo menschliche hülffe nicht mehr zulänglich seyn will. Er wird endlich nicht ver- schmähen das stäte gebet der seinigen, sondern hülffe schaffen, da wirs am wenigsten meinen. Jndessen bekräfftige er, was er erwecket hat, und lasse sie nicht in ihrem werck müde werden, sondern immer je mehr und mehr in der krafft des HERRN durchdringen, daß man auch daran erkenne, wie er gleichwol noch seiner kirchen nicht gantz vergessen habe, bis die stunde komme, daß er sie insgesamt in bessern stand setze, darauf wir mit gedult zu warten haben.
9. Mart. 1688.
SECTIO XIX. Ob mein länger leben oder ehender abschied nützli- cher/ GOtt befohlen. Mein vornehmstes werck nur andere aufzumuntern. Anderer brüder beyfall befestiget sehr. Hoffnung aus der vielen bewegung.
[unleserliches Material - 2 Zeichen fehlen]
IV. Theil. e e e e
ARTIC. V. SECTIO XIIX.
und ſonderlich bey manchen advocaten ſeye: zu geſchweigen, was zuweilen auch von ein und andern richtern verſchlucket werden muß. Daher ſich nicht fehlet, wer in ſolcher hatz ſtehet, muß ſo viel unruhe, ſorge, verdruß und andere gemuͤths be- ſchwerden leiden, dadurch aber an ſo vielem guten gehindert werden, daß kein ge- winn, den man endlich noch dabey erhalten moͤchte, warhafftig ſolchem ſchaden gleich geachtet werden koͤnte. Nun GOtt ſey danck, der meinen werthen freund aus ſolcher unruhe wieder heraus gefuͤhret hat, derſelbe bewahre ihn ferner vor derglei- chen, und erſetze ihm das ausgeſtandene wiederum mit ſeiner gnade, und ſo viel ru- higerer ſeele, in welchem ſtande man der goͤttlichen wirckungen ſo viel faͤhiger iſt.
Was von Herrn Wincklern, Herrn Feuerlin und Herrn Wegleitern gemel- det worden, freuet mich hertzlich, der HErr laſſe die leute, ſo es treulich mit ihm mei- nen, immer mehr und mehr durchbrechen, einen ſieg nach dem andern erhalten, und auch andre neben ſich zugleich am eifer in wahrer klugheit der gerechten aufmun- tern. Geſchiehet ſolches und faͤhet unſer ſtand an endlich recht gebeſſert und von al- ler miedlings-art gereiniget zu werden, ſo bin ich verſichert, daß es vollends leicht werden ſolle, auch die andere ſtaͤnde in ihre rechte ordnung zu bringen. Weil aber auch das uͤbel in unſerm ſtand ſo tieff eingewurtzelt iſt, ſo zweifle ich ſehr, daß derſel- be eher, als GOtt eine faſt unbeliebige reformation vornehmen mag, zu recht ſolle gebracht werden. Laſſet uns indeſſen uns freuen, wo wir von denen hoͤren, deren her- tzen GOtt da und dorten ruͤhret, und ſie, durch ſie aber noch mehrere andre aus dem verderben heraus zeucht, und den HErrn hertzlich anflehen, daß er ſelbs helffen wol- le, wo menſchliche huͤlffe nicht mehr zulaͤnglich ſeyn will. Er wird endlich nicht ver- ſchmaͤhen das ſtaͤte gebet der ſeinigen, ſondern huͤlffe ſchaffen, da wirs am wenigſten meinen. Jndeſſen bekraͤfftige er, was er erwecket hat, und laſſe ſie nicht in ihrem werck muͤde werden, ſondern immer je mehr und mehr in der krafft des HERRN durchdringen, daß man auch daran erkenne, wie er gleichwol noch ſeiner kirchen nicht gantz vergeſſen habe, bis die ſtunde kom̃e, daß er ſie insgeſamt in beſſern ſtand ſetze, darauf wir mit gedult zu warten haben.
9. Mart. 1688.
SECTIO XIX. Ob mein laͤnger leben oder ehender abſchied nuͤtzli- cher/ GOtt befohlen. Mein vornehmſtes werck nur andere aufzumuntern. Anderer bruͤder beyfall befeſtiget ſehr. Hoffnung aus der vielen bewegung.
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IV. Theil. e e e e
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ARTIC. V. SECTIO XIIX.
und ſonderlich bey manchen advocaten ſeye: zu geſchweigen, was zuweilen auch
von ein und andern richtern verſchlucket werden muß. Daher ſich nicht fehlet, wer
in ſolcher hatz ſtehet, muß ſo viel unruhe, ſorge, verdruß und andere gemuͤths be-
ſchwerden leiden, dadurch aber an ſo vielem guten gehindert werden, daß kein ge-
winn, den man endlich noch dabey erhalten moͤchte, warhafftig ſolchem ſchaden
gleich geachtet werden koͤnte. Nun GOtt ſey danck, der meinen werthen freund aus
ſolcher unruhe wieder heraus gefuͤhret hat, derſelbe bewahre ihn ferner vor derglei-
chen, und erſetze ihm das ausgeſtandene wiederum mit ſeiner gnade, und ſo viel ru-
higerer ſeele, in welchem ſtande man der goͤttlichen wirckungen ſo viel faͤhiger iſt.
Was von Herrn Wincklern, Herrn Feuerlin und Herrn Wegleitern gemel-
det worden, freuet mich hertzlich, der HErr laſſe die leute, ſo es treulich mit ihm mei-
nen, immer mehr und mehr durchbrechen, einen ſieg nach dem andern erhalten, und
auch andre neben ſich zugleich am eifer in wahrer klugheit der gerechten aufmun-
tern. Geſchiehet ſolches und faͤhet unſer ſtand an endlich recht gebeſſert und von al-
ler miedlings-art gereiniget zu werden, ſo bin ich verſichert, daß es vollends leicht
werden ſolle, auch die andere ſtaͤnde in ihre rechte ordnung zu bringen. Weil aber
auch das uͤbel in unſerm ſtand ſo tieff eingewurtzelt iſt, ſo zweifle ich ſehr, daß derſel-
be eher, als GOtt eine faſt unbeliebige reformation vornehmen mag, zu recht ſolle
gebracht werden. Laſſet uns indeſſen uns freuen, wo wir von denen hoͤren, deren her-
tzen GOtt da und dorten ruͤhret, und ſie, durch ſie aber noch mehrere andre aus dem
verderben heraus zeucht, und den HErrn hertzlich anflehen, daß er ſelbs helffen wol-
le, wo menſchliche huͤlffe nicht mehr zulaͤnglich ſeyn will. Er wird endlich nicht ver-
ſchmaͤhen das ſtaͤte gebet der ſeinigen, ſondern huͤlffe ſchaffen, da wirs am wenigſten
meinen. Jndeſſen bekraͤfftige er, was er erwecket hat, und laſſe ſie nicht in ihrem
werck muͤde werden, ſondern immer je mehr und mehr in der krafft des HERRN
durchdringen, daß man auch daran erkenne, wie er gleichwol noch ſeiner kirchen
nicht gantz vergeſſen habe, bis die ſtunde kom̃e, daß er ſie insgeſamt in beſſern ſtand
ſetze, darauf wir mit gedult zu warten haben.
9. Mart. 1688.
SECTIO XIX.
Ob mein laͤnger leben oder ehender abſchied nuͤtzli-
cher/ GOtt befohlen. Mein vornehmſtes werck nur andere
aufzumuntern. Anderer bruͤder beyfall befeſtiget ſehr.
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Spener, Philipp Jakob: Theologische Bedencken. Bd. 4. 3. Aufl. Halle (Saale), 1715, S. 585. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/spener_bedencken04_1702/597>, abgerufen am 30.12.2024.
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