Hierbey bin für die anzeige und gegebene gelegenheit der erklärung verbun- den, wie mir denn allemal ein gefallen durch dergleichen geschihet. Der HErr aber leite und erhalte uns allezeit in aller wahrheit.
1699.
SECTIO V. Von dem buch der offenbahrung Johannis. Wie nothwendig dasselbe. Ob aller orten nach dem buchstaben zu verstehen? ob die sieben häup- ter des thieres sieben Churfürsten.
JCh habe das von Herrn NN. mir communicirte tractätlein des Herrn Pastoris in ihrer nach barschafft gelesen, und in solchem nichts gefunden, das mir anstoß gegeben: Jndem ich selbs darvor halte, daß solches buch der offenbarung, so wol als andere der schrifft, uns zur unterricht und erbauung gegeben, und deßwegen die verachtung desselben unbillig, und vielen nutzen der kirchen hindern könne; Sonderlich aber die erkäntnüß des Römischen Pabstums bedarf fleißiges lesen und betrachten solches buchs. Daß daher der Römische Pabst ein grosses zum vortheil bekommen würde, wo wir dasselbe aus den händen legeten: Da wir doch daraus die herrlich- ste waffen wider ihn hernehmen mögen. Wenn aber der Autor, meines behaltens, irgends wo auch saget, daß das buch zu lesen und zu verstehen gantz leicht seye/ würde ich etwas bedenckens haben, dergleichen zu sagen: Jn dem ich in der that befunden habe, und befinde, ob ich wol, aus gewisser ursach, eine grosse zahl der commentatorum darüber gelesen, (massen der- selben leicht auf die 50 seyn) daß gleichwol solches buch ziemlich schwer zu verstehen ist, in gegenhaltung gegen andere bücher, indem nicht so wol die eigenliche glaubens-articul darinnen gelehret oder ausgeführet werden, als vielmehr die zukünfftige fata der kirchen, welche nach art der prophezey- ung vor der erfüllung sehr dunckel sind, aber auch nach art der erfüllung ihre difficultaeten bey sich haben. Weswegen dann, gleich wie ich mit dem autore der meinung zugleich bin, daß es ein buch der gantzen kirchen hoch nöthig, und denen jenigen, welche sonsten das nothwendigere ihres Christen- thums bereits gefast haben, so dann mit einigen mehrern gaben begabet sind, zu lesen höchstens zu rathen seye, also würde ich doch davor halten, daß alle die singuli, auch einfältigeren, welche bloß etwa die fundamenta salu- tis zu fassen tüchtig sind, über solches buch sich bemühen, und dasselbige mit gleichem fleiß, als etwa andere ex prosess[o] von glaubens-articuln hand- lende heilige schrifften, ihnen stetig im gebrauch seyn lassen müsten. Was
aber
IV. Theil. d
ARTIC. I. SECT. V.
Hierbey bin fuͤr die anzeige und gegebene gelegenheit der erklaͤrung verbun- den, wie mir denn allemal ein gefallen durch dergleichen geſchihet. Der HErr aber leite und erhalte uns allezeit in aller wahrheit.
1699.
SECTIO V. Von dem buch der offenbahrung Johannis. Wie nothwendig daſſelbe. Ob aller orten nach dem buchſtaben zu verſtehen? ob die ſieben haͤup- ter des thieres ſieben Churfuͤrſten.
JCh habe das von Herrn NN. mir communicirte tractaͤtlein des Herrn Paſtoris in ihrer nach barſchafft geleſen, und in ſolchem nichts gefunden, das mir anſtoß gegeben: Jndem ich ſelbs darvor halte, daß ſolches buch der offenbarung, ſo wol als andere der ſchrifft, uns zur unterricht und erbauung gegeben, und deßwegen die verachtung deſſelben unbillig, und vielen nutzen der kirchen hindern koͤnne; Sonderlich aber die erkaͤntnuͤß des Roͤmiſchen Pabſtums bedarf fleißiges leſen und betrachten ſolches buchs. Daß daher der Roͤmiſche Pabſt ein groſſes zum vortheil bekommen wuͤrde, wo wir daſſelbe aus den haͤnden legeten: Da wir doch daraus die herrlich- ſte waffen wider ihn hernehmen moͤgen. Wenn aber der Autor, meines behaltens, irgends wo auch ſaget, daß das buch zu leſen und zu verſtehen gantz leicht ſeye/ wuͤrde ich etwas bedenckens haben, dergleichen zu ſagen: Jn dem ich in der that befunden habe, und befinde, ob ich wol, aus gewiſſer urſach, eine groſſe zahl der commentatorum daruͤber geleſen, (maſſen der- ſelben leicht auf die 50 ſeyn) daß gleichwol ſolches buch ziemlich ſchwer zu verſtehen iſt, in gegenhaltung gegen andere buͤcher, indem nicht ſo wol die eigenliche glaubens-articul darinnen gelehret oder ausgefuͤhret werden, als vielmehr die zukuͤnfftige fata der kirchen, welche nach art der prophezey- ung vor der erfuͤllung ſehr dunckel ſind, aber auch nach art der erfuͤllung ihre difficultæten bey ſich haben. Weswegen dann, gleich wie ich mit dem autore der meinung zugleich bin, daß es ein buch der gantzen kirchen hoch noͤthig, und denen jenigen, welche ſonſten das nothwendigere ihres Chriſten- thums bereits gefaſt haben, ſo dann mit einigen mehrern gaben begabet ſind, zu leſen hoͤchſtens zu rathen ſeye, alſo wuͤrde ich doch davor halten, daß alle die ſinguli, auch einfaͤltigeren, welche bloß etwa die fundamenta ſalu- tis zu faſſen tuͤchtig ſind, uͤber ſolches buch ſich bemuͤhen, und daſſelbige mit gleichem fleiß, als etwa andere ex proſeſſ[o] von glaubens-articuln hand- lende heilige ſchrifften, ihnen ſtetig im gebrauch ſeyn laſſen muͤſten. Was
aber
IV. Theil. d
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><divn="3"><p><pbfacs="#f0037"n="25"/><fwplace="top"type="header"><hirendition="#b"><hirendition="#aq">ARTIC. I. SECT. V.</hi></hi></fw><lb/>
Hierbey bin fuͤr die anzeige und gegebene gelegenheit der erklaͤrung verbun-<lb/>
den, wie mir denn allemal ein gefallen durch dergleichen geſchihet. Der<lb/>
HErr aber leite und erhalte uns allezeit in aller wahrheit.</p><dateline>1699.</dateline></div><lb/><divn="3"><head><hirendition="#b"><hirendition="#aq"><hirendition="#g">SECTIO</hi> V.</hi><lb/>
Von dem buch der offenbahrung Johannis.<lb/>
Wie nothwendig daſſelbe. Ob aller orten nach dem<lb/>
buchſtaben zu verſtehen? ob die ſieben haͤup-<lb/>
ter des thieres ſieben Churfuͤrſten.</hi></head><lb/><p><hirendition="#in">J</hi>Ch habe das von Herrn NN. mir <hirendition="#aq">communicir</hi>te tractaͤtlein des<lb/>
Herrn Paſtoris in ihrer nach barſchafft geleſen, und in ſolchem nichts<lb/>
gefunden, das mir anſtoß gegeben: Jndem ich ſelbs darvor halte, daß<lb/>ſolches buch der offenbarung, ſo wol als andere der ſchrifft, uns zur unterricht<lb/>
und erbauung gegeben, und deßwegen die verachtung deſſelben unbillig, und<lb/>
vielen nutzen der kirchen hindern koͤnne; Sonderlich aber die erkaͤntnuͤß des<lb/>
Roͤmiſchen Pabſtums bedarf fleißiges leſen und betrachten ſolches buchs.<lb/>
Daß daher der Roͤmiſche Pabſt ein groſſes zum vortheil bekommen wuͤrde,<lb/>
wo wir daſſelbe aus den haͤnden legeten: Da wir doch daraus die herrlich-<lb/>ſte waffen wider ihn hernehmen moͤgen. Wenn aber der <hirendition="#aq">Autor,</hi> meines<lb/>
behaltens, irgends wo auch ſaget, daß das buch zu leſen und zu verſtehen<lb/>
gantz leicht ſeye/ wuͤrde ich etwas bedenckens haben, dergleichen zu ſagen:<lb/>
Jn dem ich in der that befunden habe, und befinde, ob ich wol, aus gewiſſer<lb/>
urſach, eine groſſe zahl der <hirendition="#aq">commentatorum</hi> daruͤber geleſen, (maſſen der-<lb/>ſelben leicht auf die 50 ſeyn) daß gleichwol ſolches buch ziemlich ſchwer zu<lb/>
verſtehen iſt, in gegenhaltung gegen andere buͤcher, indem nicht ſo wol<lb/>
die eigenliche glaubens-articul darinnen gelehret oder ausgefuͤhret werden,<lb/>
als vielmehr die zukuͤnfftige <hirendition="#aq">fata</hi> der kirchen, welche nach art der prophezey-<lb/>
ung vor der erfuͤllung ſehr dunckel ſind, aber auch nach art der erfuͤllung ihre<lb/><hirendition="#aq">difficultæt</hi>en bey ſich haben. Weswegen dann, gleich wie ich mit dem<lb/><hirendition="#aq">autore</hi> der meinung zugleich bin, daß es ein buch der gantzen kirchen hoch<lb/>
noͤthig, und denen jenigen, welche ſonſten das nothwendigere ihres Chriſten-<lb/>
thums bereits gefaſt haben, ſo dann mit einigen mehrern gaben begabet ſind,<lb/>
zu leſen hoͤchſtens zu rathen ſeye, alſo wuͤrde ich doch davor halten, daß alle<lb/>
die <hirendition="#aq">ſinguli,</hi> auch einfaͤltigeren, welche bloß etwa die <hirendition="#aq">fundamenta ſalu-<lb/>
tis</hi> zu faſſen tuͤchtig ſind, uͤber ſolches buch ſich bemuͤhen, und daſſelbige<lb/>
mit gleichem fleiß, als etwa andere <hirendition="#aq">ex proſeſſ<supplied>o</supplied></hi> von glaubens-articuln hand-<lb/>
lende heilige ſchrifften, ihnen ſtetig im gebrauch ſeyn laſſen muͤſten. Was<lb/><fwplace="bottom"type="sig"><hirendition="#aq">IV.</hi> Theil. d</fw><fwplace="bottom"type="catch">aber</fw><lb/></p></div></div></div></body></text></TEI>
[25/0037]
ARTIC. I. SECT. V.
Hierbey bin fuͤr die anzeige und gegebene gelegenheit der erklaͤrung verbun-
den, wie mir denn allemal ein gefallen durch dergleichen geſchihet. Der
HErr aber leite und erhalte uns allezeit in aller wahrheit.
1699.
SECTIO V.
Von dem buch der offenbahrung Johannis.
Wie nothwendig daſſelbe. Ob aller orten nach dem
buchſtaben zu verſtehen? ob die ſieben haͤup-
ter des thieres ſieben Churfuͤrſten.
JCh habe das von Herrn NN. mir communicirte tractaͤtlein des
Herrn Paſtoris in ihrer nach barſchafft geleſen, und in ſolchem nichts
gefunden, das mir anſtoß gegeben: Jndem ich ſelbs darvor halte, daß
ſolches buch der offenbarung, ſo wol als andere der ſchrifft, uns zur unterricht
und erbauung gegeben, und deßwegen die verachtung deſſelben unbillig, und
vielen nutzen der kirchen hindern koͤnne; Sonderlich aber die erkaͤntnuͤß des
Roͤmiſchen Pabſtums bedarf fleißiges leſen und betrachten ſolches buchs.
Daß daher der Roͤmiſche Pabſt ein groſſes zum vortheil bekommen wuͤrde,
wo wir daſſelbe aus den haͤnden legeten: Da wir doch daraus die herrlich-
ſte waffen wider ihn hernehmen moͤgen. Wenn aber der Autor, meines
behaltens, irgends wo auch ſaget, daß das buch zu leſen und zu verſtehen
gantz leicht ſeye/ wuͤrde ich etwas bedenckens haben, dergleichen zu ſagen:
Jn dem ich in der that befunden habe, und befinde, ob ich wol, aus gewiſſer
urſach, eine groſſe zahl der commentatorum daruͤber geleſen, (maſſen der-
ſelben leicht auf die 50 ſeyn) daß gleichwol ſolches buch ziemlich ſchwer zu
verſtehen iſt, in gegenhaltung gegen andere buͤcher, indem nicht ſo wol
die eigenliche glaubens-articul darinnen gelehret oder ausgefuͤhret werden,
als vielmehr die zukuͤnfftige fata der kirchen, welche nach art der prophezey-
ung vor der erfuͤllung ſehr dunckel ſind, aber auch nach art der erfuͤllung ihre
difficultæten bey ſich haben. Weswegen dann, gleich wie ich mit dem
autore der meinung zugleich bin, daß es ein buch der gantzen kirchen hoch
noͤthig, und denen jenigen, welche ſonſten das nothwendigere ihres Chriſten-
thums bereits gefaſt haben, ſo dann mit einigen mehrern gaben begabet ſind,
zu leſen hoͤchſtens zu rathen ſeye, alſo wuͤrde ich doch davor halten, daß alle
die ſinguli, auch einfaͤltigeren, welche bloß etwa die fundamenta ſalu-
tis zu faſſen tuͤchtig ſind, uͤber ſolches buch ſich bemuͤhen, und daſſelbige
mit gleichem fleiß, als etwa andere ex proſeſſo von glaubens-articuln hand-
lende heilige ſchrifften, ihnen ſtetig im gebrauch ſeyn laſſen muͤſten. Was
aber
IV. Theil. d
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Spener, Philipp Jakob: Theologische Bedencken. Bd. 4. 3. Aufl. Halle (Saale), 1715, S. 25. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/spener_bedencken04_1702/37>, abgerufen am 03.12.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.