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Spener, Philipp Jakob: Theologische Bedencken. Bd. 3. Halle (Saale), 1702.

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Das sechste Capitel.
vor der gantzen kirchen beschuldiget hat/ dero gerechten schutz zu suchen. Daher
meine gegen solche Wittenbergische Facultät nothwendig publicirte verantwor-
tung E. Churf. Durchl. hohen nahmen selbs zuschreiben sollen; nichts anders da-
bey unterthänigst bittende/ als daß sie nach der macht/ die ihro der Allerhöchste ge-
geben/ und sie auch zu seinen ehren anzuwenden fordert/ durch nachdrückliche däm-
pfung der vonden widrigen auffgebrachten und durch allerley unlöbliche künste biß
daher gehegte fabel einer neuen secte des pietismi, nach der löblichen intention
dero Hoch Sel. Herrn Bruders Churf. Durch. der Evangelischen ki[r]chen ihrer
seits erwünschte ruhe zu verschaffen/ meine und andrer betrangten unschuld zu ret-
ten/ und welche alles bißherigen unwesens urheber sind mächtiglich zurück zuhal-
ten geruhen wolten.

Dieses thuende wird E. Churf. Durchl. sich um des grossen GOttes/ von
dessen gnade sie ihre würde trägt/ ehre/ um der kirchen/ die sonsten von denen/ wel-
che andere dessen fälschlich beschuldigen/ immer mehr zerrüttet werden wird/ seligen
wolstand/ um des reichs (wie sich denn gefahr aus dem geistlichen das weltliche
durch böse leute endlich ziehen möchte) fried und einigkeit/ um dero lande gesegne-
tes wohlseyen/ welches sonsten durch reitzung göttlichen zorns mehr und mehr gehin-
dert werden würde/ und um viele bißher auf allerley weiß betrangte/ die nachmal
desto innbrünstiger vor dieselbe zu GOtt ruffen und alles ersprießliche erbitten helf-
fen werden/ stattlich verdienen/ und vielen segen auff dero würdige person und
hohes Churhauß ziehen. etc. 5. Oct. 1695.

SECTIO XXV.

Wegen die Pietisten wird nicht über die lehr ge-
stritten.
Interesse in solcher sache der clerisey und Do-
ctorum Academicorum.

ES ist einmal an dem/ daß nicht gestritten werde eigenlich um die lehre selbs
oder um glaubens articuln/ gleich ob wäre wahrhafftig unter beyden bereits
ein unterscheid (wiewol dahin stehet/ wie weit Gott das gegentheil noch in sei-
nem gericht verfallen lassen möchte/ massen es in der Wittenberger schrifft ein fast
betrübtes ansehen gewinnet/ als wolte man allgemach von unsrer wah[r]en lehr/ wie
sie von Luthero und in dem Symbolischen büchern getrieben worden/ etwas ab-
weichen) auch wo noch eine differenz ist/ als von der künfftigen hoffnung/ würde
man bey anderer bewandnüß der gemüther bald sich mit einander vergleichen: son-
dern es ist zu thun um das interesse theils der gesamten clerisey, theils sonderlich der
Doctorum Acade micorum: jenen ist das bißher getriebene studium pietatis
beschwehrlich/ weil sie mehrern fleiß in ihrem amt anzuwenden angemahnet wer-

den

Das ſechſte Capitel.
vor der gantzen kirchen beſchuldiget hat/ dero gerechten ſchutz zu ſuchen. Daher
meine gegen ſolche Wittenbergiſche Facultaͤt nothwendig publicirte verantwor-
tung E. Churf. Durchl. hohen nahmen ſelbs zuſchreiben ſollen; nichts anders da-
bey unterthaͤnigſt bittende/ als daß ſie nach der macht/ die ihro der Allerhoͤchſte ge-
geben/ und ſie auch zu ſeinen ehren anzuwenden fordert/ durch nachdruͤckliche daͤm-
pfung der vonden widrigen auffgebrachten und durch allerley unloͤbliche kuͤnſte biß
daher gehegte fabel einer neuen ſecte des pietismi, nach deꝛ loͤblichen intention
dero Hoch Sel. Herrn Bꝛuders Churf. Durch. der Evangeliſchen ki[r]chen ihrer
ſeits erwuͤnſchte ruhe zu verſchaffen/ meine und andrer betrangten unſchuld zu ret-
ten/ und welche alles bißherigen unweſens urheber ſind maͤchtiglich zuruͤck zuhal-
ten geruhen wolten.

Dieſes thuende wird E. Churf. Durchl. ſich um des groſſen GOttes/ von
deſſen gnade ſie ihre wuͤrde traͤgt/ ehꝛe/ um der kirchen/ die ſonſten von denen/ wel-
che andere deſſen faͤlſchlich beſchuldigen/ immer mehr zerruͤttet werden wird/ ſeligen
wolſtand/ um des reichs (wie ſich denn gefahr aus dem geiſtlichen das weltliche
durch boͤſe leute endlich ziehen moͤchte) fried und einigkeit/ um dero lande geſegne-
tes wohlſeyen/ welches ſonſten durch reitzung goͤttlichen zorns mehr und mehr gehin-
dert werden wuͤrde/ und um viele bißher auf allerley weiß betrangte/ die nachmal
deſto innbruͤnſtiger vor dieſelbe zu GOtt ruffen und alles erſprießliche erbitten helf-
fen werden/ ſtattlich verdienen/ und vielen ſegen auff dero wuͤrdige perſon und
hohes Churhauß ziehen. ꝛc. 5. Oct. 1695.

SECTIO XXV.

Wegen die Pietiſten wird nicht uͤber die lehr ge-
ſtritten.
Intereſſe in ſolcher ſache der cleriſey und Do-
ctorum Academicorum.

ES iſt einmal an dem/ daß nicht geſtritten werde eigenlich um die lehre ſelbs
oder um glaubens articuln/ gleich ob waͤre wahrhafftig unter beyden bereits
ein unterſcheid (wiewol dahin ſtehet/ wie weit Gott das gegentheil noch in ſei-
nem gericht verfallen laſſen moͤchte/ maſſen es in der Wittenberger ſchrifft ein faſt
betruͤbtes anſehen gewinnet/ als wolte man allgemach von unſrer wah[r]en lehr/ wie
ſie von Luthero und in dem Symboliſchen buͤchern getꝛieben worden/ etwas ab-
weichen) auch wo noch eine differenz iſt/ als von der kuͤnfftigen hoffnung/ wuͤrde
man bey anderer bewandnuͤß der gemuͤther bald ſich mit einander vergleichen: ſon-
dern es iſt zu thun um das intereſſe theils der geſamten cleriſey, theils ſonderlich deꝛ
Doctorum Acade micorum: jenen iſt das bißher getriebene ſtudium pietatis
beſchwehrlich/ weil ſie mehrern fleiß in ihrem amt anzuwenden angemahnet wer-

den
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[950/0968] Das ſechſte Capitel. vor der gantzen kirchen beſchuldiget hat/ dero gerechten ſchutz zu ſuchen. Daher meine gegen ſolche Wittenbergiſche Facultaͤt nothwendig publicirte verantwor- tung E. Churf. Durchl. hohen nahmen ſelbs zuſchreiben ſollen; nichts anders da- bey unterthaͤnigſt bittende/ als daß ſie nach der macht/ die ihro der Allerhoͤchſte ge- geben/ und ſie auch zu ſeinen ehren anzuwenden fordert/ durch nachdruͤckliche daͤm- pfung der vonden widrigen auffgebrachten und durch allerley unloͤbliche kuͤnſte biß daher gehegte fabel einer neuen ſecte des pietismi, nach deꝛ loͤblichen intention dero Hoch Sel. Herrn Bꝛuders Churf. Durch. der Evangeliſchen kirchen ihrer ſeits erwuͤnſchte ruhe zu verſchaffen/ meine und andrer betrangten unſchuld zu ret- ten/ und welche alles bißherigen unweſens urheber ſind maͤchtiglich zuruͤck zuhal- ten geruhen wolten. Dieſes thuende wird E. Churf. Durchl. ſich um des groſſen GOttes/ von deſſen gnade ſie ihre wuͤrde traͤgt/ ehꝛe/ um der kirchen/ die ſonſten von denen/ wel- che andere deſſen faͤlſchlich beſchuldigen/ immer mehr zerruͤttet werden wird/ ſeligen wolſtand/ um des reichs (wie ſich denn gefahr aus dem geiſtlichen das weltliche durch boͤſe leute endlich ziehen moͤchte) fried und einigkeit/ um dero lande geſegne- tes wohlſeyen/ welches ſonſten durch reitzung goͤttlichen zorns mehr und mehr gehin- dert werden wuͤrde/ und um viele bißher auf allerley weiß betrangte/ die nachmal deſto innbruͤnſtiger vor dieſelbe zu GOtt ruffen und alles erſprießliche erbitten helf- fen werden/ ſtattlich verdienen/ und vielen ſegen auff dero wuͤrdige perſon und hohes Churhauß ziehen. ꝛc. 5. Oct. 1695. SECTIO XXV. Wegen die Pietiſten wird nicht uͤber die lehr ge- ſtritten. Intereſſe in ſolcher ſache der cleriſey und Do- ctorum Academicorum. ES iſt einmal an dem/ daß nicht geſtritten werde eigenlich um die lehre ſelbs oder um glaubens articuln/ gleich ob waͤre wahrhafftig unter beyden bereits ein unterſcheid (wiewol dahin ſtehet/ wie weit Gott das gegentheil noch in ſei- nem gericht verfallen laſſen moͤchte/ maſſen es in der Wittenberger ſchrifft ein faſt betruͤbtes anſehen gewinnet/ als wolte man allgemach von unſrer wahren lehr/ wie ſie von Luthero und in dem Symboliſchen buͤchern getꝛieben worden/ etwas ab- weichen) auch wo noch eine differenz iſt/ als von der kuͤnfftigen hoffnung/ wuͤrde man bey anderer bewandnuͤß der gemuͤther bald ſich mit einander vergleichen: ſon- dern es iſt zu thun um das intereſſe theils der geſamten cleriſey, theils ſonderlich deꝛ Doctorum Acade micorum: jenen iſt das bißher getriebene ſtudium pietatis beſchwehrlich/ weil ſie mehrern fleiß in ihrem amt anzuwenden angemahnet wer- den

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Zitationshilfe: Spener, Philipp Jakob: Theologische Bedencken. Bd. 3. Halle (Saale), 1702, S. 950. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/spener_bedencken03_1702/968>, abgerufen am 21.11.2024.