Spener, Philipp Jakob: Theologische Bedencken. Bd. 2. Halle (Saale), 1701.Das fünffte Capitel. SECTIO IX. Aufmunterung an eine Christliche Princeßin. WJe mich freuet/ das sowol vormal als noch in letzterem gnädigsten be- stan-
Das fuͤnffte Capitel. SECTIO IX. Aufmunterung an eine Chriſtliche Princeßin. WJe mich freuet/ das ſowol vormal als noch in letzterem gnaͤdigſten be- ſtan-
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <pb facs="#f0664" n="656"/> <fw place="top" type="header"> <hi rendition="#b">Das fuͤnffte Capitel.</hi> </fw><lb/> <div n="3"> <head> <hi rendition="#b"><hi rendition="#aq"><hi rendition="#g">SECTIO</hi> IX.</hi><lb/> Aufmunterung an eine Chriſtliche Princeßin.</hi> </head><lb/> <p><hi rendition="#in">W</hi>Je mich freuet/ das ſowol vormal als noch in letzterem gnaͤdigſten be-<lb/> zeugte E. Hochfl. Durchl. gnaͤdigſte vertrauen und zuneigung gegen<lb/> meine wenigkeit: ſo erfreuet mich noch ſo vielmehr die an deroſelben<lb/> hervorleuchtende goͤttliche gnade/ welche das in Jhro angefangene<lb/> werck ferner fortzuſetzen nicht muͤßig iſt. Es iſt je freylich eine theure<lb/> wolthat/ welche E. Hochfl. Durchl. von der himmliſchen guͤtigkeit ruͤhmen/ ſo<lb/> ſie in der jugend kraͤfftig zu ſich gezogen/ und zu ihrer erkaͤntnuͤß gebracht/ auch<lb/> biß daher die begierde Chriſto nachzufolgen und danckbar zu werden erhalten hat.<lb/> Wertheſte Fuͤrſtin/ ob Jhr hoher ſtand und geburt auch eine nicht geringe wol-<lb/> that iſt/ ſonderlich wo ſolche zu ſo viel mehrer gelegenheit das gute nachtruͤcklicher<lb/> zubefoͤrdern/ ja zu deſſen inſtrument/ wie es dann ſeyn ſolle/ gebrauchet wird/ ſo<lb/> iſt doch die hoheit jener wolthat zur erkaͤntnuͤß GOttes gefuͤhret und in ſeiner<lb/> huld zu ſeyn/ unvergleichlich hoͤher und groͤſſer: dann es wird die zeit kommen/<lb/> da mit dem abſchied aus dieſer zeit jener hoheit auffhoͤret/ und die ſeele nichts da-<lb/> von/ ſondern allein was ſie aus dieſer geiſtlichen wuͤrde und liecht in ſich gefaſſet<lb/> hat/ behalten oder vor GOtt bringen wird. Alſo laſſet uns das theure gut ſol-<lb/> cher erkaͤntnuͤß und das geſchmeckte liecht recht danckbarlich annehmen und ge-<lb/> brauchen/ ſo wiſſen wir gewiß/ daß wer da hat/ demſelben mehr gegeben werde<lb/> werden/ <hi rendition="#fr">Matth. 25/ 29.</hi> Der groſſe GOtt hat dieſelbe in einen ſtand geſetzet/<lb/> daß das liecht/ welches ſie von ſich aus ſeiner gnaden-krafft leuchten laſſen ſolle/<lb/> ſich ſo viel weiter zu GOttes preiß und vieler frucht ausbreiten kan/ als auf einem<lb/> hoͤhern leuchter ſie ſtehet/ und mehrere augen auff ſie gerichtet werden werden.<lb/> So hoffe ich E. Hochfl. Durchl. werde zu deſſelben preiß allzeit nicht weniger eine<lb/> Chriſtin zu ſeyn/ als des Fuͤrſtlichen angeerbten tituls ſich erinnern/ aber dabey<lb/> glauben/ es ſeye ein nahme/ welcher wahrhafftig nicht weniges in ſich faſſet/ und<lb/> die ehre haben will/ daß er des Fuͤrſtlichen/ nicht aber dieſer titul des Chriſtlichen/<lb/> regel ſeye. Theure Fuͤrſtin/ ich rede mit deroſelben hertzlich/ wozu mich ihr gnaͤ-<lb/> diges vertrauen locket/ und der HErr mich in meinem gemuͤth durch die liebe/ ſo<lb/> zu ihrer liebſten ſeele trage/ treibet. Sie weiß die reguln ihres Heylandes und ſeiner<lb/> diener von verleugnung ſeiner ſelbſt/ aufnehmung ſeines ereutzes und ſeiner nach-<lb/> ſolge/ alſo auch von <choice><sic>verfchmaͤhung</sic><corr>verſchmaͤhung</corr></choice> und entſchlagung der liebe der welt und ihrer<lb/> eitelkeit: Sie hat auch die verſicherung/ daß dieſelbe ohne unterſcheid/ perſon und<lb/> <fw place="bottom" type="catch">ſtan-</fw><lb/></p> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [656/0664]
Das fuͤnffte Capitel.
SECTIO IX.
Aufmunterung an eine Chriſtliche Princeßin.
WJe mich freuet/ das ſowol vormal als noch in letzterem gnaͤdigſten be-
zeugte E. Hochfl. Durchl. gnaͤdigſte vertrauen und zuneigung gegen
meine wenigkeit: ſo erfreuet mich noch ſo vielmehr die an deroſelben
hervorleuchtende goͤttliche gnade/ welche das in Jhro angefangene
werck ferner fortzuſetzen nicht muͤßig iſt. Es iſt je freylich eine theure
wolthat/ welche E. Hochfl. Durchl. von der himmliſchen guͤtigkeit ruͤhmen/ ſo
ſie in der jugend kraͤfftig zu ſich gezogen/ und zu ihrer erkaͤntnuͤß gebracht/ auch
biß daher die begierde Chriſto nachzufolgen und danckbar zu werden erhalten hat.
Wertheſte Fuͤrſtin/ ob Jhr hoher ſtand und geburt auch eine nicht geringe wol-
that iſt/ ſonderlich wo ſolche zu ſo viel mehrer gelegenheit das gute nachtruͤcklicher
zubefoͤrdern/ ja zu deſſen inſtrument/ wie es dann ſeyn ſolle/ gebrauchet wird/ ſo
iſt doch die hoheit jener wolthat zur erkaͤntnuͤß GOttes gefuͤhret und in ſeiner
huld zu ſeyn/ unvergleichlich hoͤher und groͤſſer: dann es wird die zeit kommen/
da mit dem abſchied aus dieſer zeit jener hoheit auffhoͤret/ und die ſeele nichts da-
von/ ſondern allein was ſie aus dieſer geiſtlichen wuͤrde und liecht in ſich gefaſſet
hat/ behalten oder vor GOtt bringen wird. Alſo laſſet uns das theure gut ſol-
cher erkaͤntnuͤß und das geſchmeckte liecht recht danckbarlich annehmen und ge-
brauchen/ ſo wiſſen wir gewiß/ daß wer da hat/ demſelben mehr gegeben werde
werden/ Matth. 25/ 29. Der groſſe GOtt hat dieſelbe in einen ſtand geſetzet/
daß das liecht/ welches ſie von ſich aus ſeiner gnaden-krafft leuchten laſſen ſolle/
ſich ſo viel weiter zu GOttes preiß und vieler frucht ausbreiten kan/ als auf einem
hoͤhern leuchter ſie ſtehet/ und mehrere augen auff ſie gerichtet werden werden.
So hoffe ich E. Hochfl. Durchl. werde zu deſſelben preiß allzeit nicht weniger eine
Chriſtin zu ſeyn/ als des Fuͤrſtlichen angeerbten tituls ſich erinnern/ aber dabey
glauben/ es ſeye ein nahme/ welcher wahrhafftig nicht weniges in ſich faſſet/ und
die ehre haben will/ daß er des Fuͤrſtlichen/ nicht aber dieſer titul des Chriſtlichen/
regel ſeye. Theure Fuͤrſtin/ ich rede mit deroſelben hertzlich/ wozu mich ihr gnaͤ-
diges vertrauen locket/ und der HErr mich in meinem gemuͤth durch die liebe/ ſo
zu ihrer liebſten ſeele trage/ treibet. Sie weiß die reguln ihres Heylandes und ſeiner
diener von verleugnung ſeiner ſelbſt/ aufnehmung ſeines ereutzes und ſeiner nach-
ſolge/ alſo auch von verſchmaͤhung und entſchlagung der liebe der welt und ihrer
eitelkeit: Sie hat auch die verſicherung/ daß dieſelbe ohne unterſcheid/ perſon und
ſtan-
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools
|
URL zu diesem Werk: | https://www.deutschestextarchiv.de/spener_bedencken02_1701 |
URL zu dieser Seite: | https://www.deutschestextarchiv.de/spener_bedencken02_1701/664 |
Zitationshilfe: | Spener, Philipp Jakob: Theologische Bedencken. Bd. 2. Halle (Saale), 1701, S. 656. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/spener_bedencken02_1701/664>, abgerufen am 22.02.2025. |