Spener, Philipp Jakob: Theologische Bedencken. Bd. 2. Halle (Saale), 1701.ARTIC. IV. SECTIO VIII. le alsein liecht in der welt. Es fordert solches die schuldige dancksagung ge-gen GOtt den treuen helffer/ die nicht so viel in worten bestehet/ als in der treuen anwendung zu seinem preiß der neu empfangenen leibes und gemüths kräfften/ dero continuation wir uns auch nicht gewisser versichern können/ als durch solche heiligung des theuren geschenckes. Wie wir auch gewiß seyn müssen/ der HErr fordere von denen personen/ an welchen er sondere zeugnüs- sen seiner barmhertzigkeit erwiesen hat/ auch noch vor andern allen einen desto eiffrigeren fleiß/ nach seinem willen sich in allen stücken einzurichten. Jn dem Papstum ist man gewohnet/ nach erhaltener errettung aus ungemeiner noth/ in ein kloster zu gehen/ oder einige ihren principiis gemässe gelübde GOtt o- der den heiligen zu thun. Wir überlassen aber denselben ihre abergläubische dinge/ damit sie GOtt dienen wollen mit solcher lehr und diensten/ die nichts als menschen gebot/ ja dem HErren vielmehr ein greuel sind/ aber das allge- meine bleibt auch bey uns/ wir seyen dem HErren nicht eine nur in worten be- stehende/ sondern wurckliche danckbarkeit schuldig/ daß wir ihm unsere allge- meine gelübde/ daran wir genug haben können/ (weil die absonderliche/ obwol nicht allemal/ nach betrachtung der umstände/ ohne nutzen sind/ doch zuwei- len ihre difficultäten haben) zu bezahlen/ uns noch vor andern müssen lassen angelegen seyn. Ja wir müssen glauben/ wo uns der HErr andern zum e- xempel/ wie mit sonderem leiden also nachmal kräfftiger hülffe gesetzet hat/ daß er uns damit allerdings von der welt wolle abziehen: wozu es eben keines einsperrens in ein kloster bedarff/ sondern allein eine absonderung und enthal- tung alles dessen/ was nach derjenigen welt schmecket/ welche in fleisches- lust/ augen-lust/ und hoffärtigem leben bestehet/ ob auch solches schon durch die verderbliche gewohnheit fast aller orten als mit dem Christenthum wohlstehende solte auctorisiret seyn worden. Ach wohl uns in solcher heili- gen resolution, annoch so viel besser aber in der aus seiner krafft/ daran es nicht mangeln wird/ folgender deroselben erfüllung. Jch werde auch nicht unterlassen/ für diese gnade dem geber alles guten demüthig zu dancken/ und um die folge dessen was er damit suchet/ zu bitten. SECTIO IX. Einsamkeit und stille ein gutes hülffs-mittel zur heiligung. An eine vornehme Adeliche Fräulein. JCh zweifle auch nicht/ aus dero erkanter gottseliger begierde ihr leben worffen G g g 3
ARTIC. IV. SECTIO VIII. le alsein liecht in der welt. Es fordert ſolches die ſchuldige danckſagung ge-gen GOtt den treuen helffer/ die nicht ſo viel in worten beſtehet/ als in der treuen anwendung zu ſeinem preiß der neu empfangenen leibes und gemuͤths kraͤfften/ deꝛo continuation wir uns auch nicht gewiſſer verſichern koͤnnen/ als durch ſolche heiligung des theuren geſchenckes. Wie wir auch gewiß ſeyn muͤſſen/ der HErr fordere von denen perſonen/ an welchen er ſondere zeugnuͤſ- ſen ſeiner barmhertzigkeit erwieſen hat/ auch noch vor andern allen einen deſto eiffrigeren fleiß/ nach ſeinem willen ſich in allen ſtuͤcken einzurichten. Jn dem Papſtum iſt man gewohnet/ nach erhaltener errettung aus ungemeiner noth/ in ein kloſter zu gehen/ oder einige ihren principiis gemaͤſſe geluͤbde GOtt o- der den heiligen zu thun. Wir uͤberlaſſen aber denſelben ihre aberglaͤubiſche dinge/ damit ſie GOtt dienen wollen mit ſolcher lehr und dienſten/ die nichts als menſchen gebot/ ja dem HErren vielmehr ein greuel ſind/ aber das allge- meine bleibt auch bey uns/ wir ſeyen dem HErren nicht eine nur in worten be- ſtehende/ ſondern wurckliche danckbarkeit ſchuldig/ daß wir ihm unſere allge- meine geluͤbde/ daran wir genug haben koͤnnen/ (weil die abſonderliche/ obwol nicht allemal/ nach betrachtung der umſtaͤnde/ ohne nutzen ſind/ doch zuwei- len ihre difficultaͤten haben) zu bezahlen/ uns noch vor andern muͤſſen laſſen angelegen ſeyn. Ja wir muͤſſen glauben/ wo uns der HErr andern zum e- xempel/ wie mit ſonderem leiden alſo nachmal kraͤfftiger huͤlffe geſetzet hat/ daß er uns damit allerdings von der welt wolle abziehen: wozu es eben keines einſperrens in ein kloſter bedarff/ ſondern allein eine abſonderung und enthal- tung alles deſſen/ was nach derjenigen welt ſchmecket/ welche in fleiſches- luſt/ augen-luſt/ und hoffaͤrtigem leben beſtehet/ ob auch ſolches ſchon durch die verderbliche gewohnheit faſt aller orten als mit dem Chriſtenthum wohlſtehende ſolte auctoriſiret ſeyn worden. Ach wohl uns in ſolcher heili- gen reſolution, annoch ſo viel beſſer aber in der aus ſeiner krafft/ daran es nicht mangeln wird/ folgender deroſelben erfuͤllung. Jch werde auch nicht unterlaſſen/ fuͤr dieſe gnade dem geber alles guten demuͤthig zu dancken/ und um die folge deſſen was er damit ſuchet/ zu bitten. SECTIO IX. Einſamkeit und ſtille ein gutes huͤlffs-mittel zur heiligung. An eine vornehme Adeliche Fraͤulein. JCh zweifle auch nicht/ aus dero erkanter gottſeliger begierde ihr leben worffen G g g 3
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ARTIC. IV. SECTIO VIII.
le alsein liecht in der welt. Es fordert ſolches die ſchuldige danckſagung ge-
gen GOtt den treuen helffer/ die nicht ſo viel in worten beſtehet/ als in der
treuen anwendung zu ſeinem preiß der neu empfangenen leibes und gemuͤths
kraͤfften/ deꝛo continuation wir uns auch nicht gewiſſer verſichern koͤnnen/ als
durch ſolche heiligung des theuren geſchenckes. Wie wir auch gewiß ſeyn
muͤſſen/ der HErr fordere von denen perſonen/ an welchen er ſondere zeugnuͤſ-
ſen ſeiner barmhertzigkeit erwieſen hat/ auch noch vor andern allen einen deſto
eiffrigeren fleiß/ nach ſeinem willen ſich in allen ſtuͤcken einzurichten. Jn dem
Papſtum iſt man gewohnet/ nach erhaltener errettung aus ungemeiner noth/
in ein kloſter zu gehen/ oder einige ihren principiis gemaͤſſe geluͤbde GOtt o-
der den heiligen zu thun. Wir uͤberlaſſen aber denſelben ihre aberglaͤubiſche
dinge/ damit ſie GOtt dienen wollen mit ſolcher lehr und dienſten/ die nichts
als menſchen gebot/ ja dem HErren vielmehr ein greuel ſind/ aber das allge-
meine bleibt auch bey uns/ wir ſeyen dem HErren nicht eine nur in worten be-
ſtehende/ ſondern wurckliche danckbarkeit ſchuldig/ daß wir ihm unſere allge-
meine geluͤbde/ daran wir genug haben koͤnnen/ (weil die abſonderliche/ obwol
nicht allemal/ nach betrachtung der umſtaͤnde/ ohne nutzen ſind/ doch zuwei-
len ihre difficultaͤten haben) zu bezahlen/ uns noch vor andern muͤſſen laſſen
angelegen ſeyn. Ja wir muͤſſen glauben/ wo uns der HErr andern zum e-
xempel/ wie mit ſonderem leiden alſo nachmal kraͤfftiger huͤlffe geſetzet hat/ daß
er uns damit allerdings von der welt wolle abziehen: wozu es eben keines
einſperrens in ein kloſter bedarff/ ſondern allein eine abſonderung und enthal-
tung alles deſſen/ was nach derjenigen welt ſchmecket/ welche in fleiſches-
luſt/ augen-luſt/ und hoffaͤrtigem leben beſtehet/ ob auch ſolches ſchon
durch die verderbliche gewohnheit faſt aller orten als mit dem Chriſtenthum
wohlſtehende ſolte auctoriſiret ſeyn worden. Ach wohl uns in ſolcher heili-
gen reſolution, annoch ſo viel beſſer aber in der aus ſeiner krafft/ daran es
nicht mangeln wird/ folgender deroſelben erfuͤllung. Jch werde auch nicht
unterlaſſen/ fuͤr dieſe gnade dem geber alles guten demuͤthig zu dancken/ und
um die folge deſſen was er damit ſuchet/ zu bitten.
SECTIO IX.
Einſamkeit und ſtille ein gutes huͤlffs-mittel zur
heiligung. An eine vornehme Adeliche Fraͤulein.
JCh zweifle auch nicht/ aus dero erkanter gottſeliger begierde ihr leben
wahrhafftig dem himmliſchen Vater nach ſeinem wohlgefallen zu heili-
gen/ es werde deroſelben ſeele die jetzige entfernung von dem hoff und
freyheit von mancher eitelkeit/ welcher derſelbe ſonderlich winterszeit unter-
worffen
G g g 3
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Zitationshilfe: | Spener, Philipp Jakob: Theologische Bedencken. Bd. 2. Halle (Saale), 1701, S. 421. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/spener_bedencken02_1701/429>, abgerufen am 22.02.2025. |