Spener, Philipp Jakob: Theologische Bedencken. Bd. 2. Halle (Saale), 1701.Das dritte Capitel. alles trostes/ seinen trost lebendig in ihren seelen versiegeln/ ihr leiden zu de-roselben besten richten/ und auch in dem eusserlichen diejenige hülffe ihnen er- zeigen wolle/ die er ihnen ersprießlich erkenne. Dieses gebet erreichet den allgemeinen zweck dieser verlesung/ daß ein solcher nicht nur insgemein für alle nothleidende/ sondern in specie für diejenige/ dero jetzt gedacht werde/ und zwahr für eben dasselbe anligen/ davon geredet werde/ betet/ ob er wol solches anligen eben nicht völlig weiß/ aber auch aus der verlesung und dero anhö- rung wenig mehr davon wissen würde. So ists doch ein besonders/ und nicht nur bloß allgemeines gebet/ daher der absicht der intimation gemäß. 6. Daraus folget/ wo man solche zeit hingegen kan zu einer dergleichen 7. Solte es aber sich begeben/ daß einige andre sich daran ärgerten/ son- III. Wenn man in andern kirchen die gelegenheit solches zu treiben nicht hat/ sonderlich da die nachbarn nicht mit schreiben/ die böse ge- dancken zu vertreiben/ die Bibel lesen möge oder nicht? DJese frage hat ihre beantwortung bereits in dem vorigen: nur daß die- nahm
Das dritte Capitel. alles troſtes/ ſeinen troſt lebendig in ihren ſeelen verſiegeln/ ihr leiden zu de-roſelben beſten richten/ und auch in dem euſſerlichen diejenige huͤlffe ihnen er- zeigen wolle/ die er ihnen erſprießlich erkenne. Dieſes gebet erreichet den allgemeinen zweck dieſer verleſung/ daß ein ſolcher nicht nur insgemein fuͤr alle nothleidende/ ſondern in ſpecie fuͤr diejenige/ dero jetzt gedacht werde/ und zwahr fuͤr eben daſſelbe anligen/ davon geredet werde/ betet/ ob er wol ſolches anligen eben nicht voͤllig weiß/ aber auch aus der verleſung und dero anhoͤ- rung wenig mehr davon wiſſen wuͤrde. So iſts doch ein beſonders/ und nicht nur bloß allgemeines gebet/ daher der abſicht der intimation gemaͤß. 6. Daraus folget/ wo man ſolche zeit hingegen kan zu einer dergleichen 7. Solte es aber ſich begeben/ daß einige andre ſich daran aͤrgerten/ ſon- III. Wenn man in andern kirchen die gelegenheit ſolches zu treiben nicht hat/ ſonderlich da die nachbarn nicht mit ſchreiben/ die boͤſe ge- dancken zu vertreiben/ die Bibel leſen moͤge oder nicht? DJeſe frage hat ihre beantwortung bereits in dem vorigen: nur daß die- nahm
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <div n="4"> <p><pb facs="#f0112" n="104"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Das dritte Capitel.</hi></fw><lb/> alles troſtes/ ſeinen troſt lebendig in ihren ſeelen verſiegeln/ ihr leiden zu de-<lb/> roſelben beſten richten/ und auch in dem euſſerlichen diejenige huͤlffe ihnen er-<lb/> zeigen wolle/ die er ihnen erſprießlich erkenne. Dieſes gebet erreichet den<lb/> allgemeinen zweck dieſer verleſung/ daß ein ſolcher nicht nur insgemein fuͤr<lb/> alle nothleidende/ ſondern in <hi rendition="#aq">ſpecie</hi> fuͤr diejenige/ dero jetzt gedacht werde/ und<lb/> zwahr fuͤr eben daſſelbe anligen/ davon geredet werde/ betet/ ob er wol ſolches<lb/> anligen eben nicht voͤllig weiß/ aber auch aus der verleſung und dero anhoͤ-<lb/> rung wenig mehr davon wiſſen wuͤrde. So iſts doch ein beſonders/ und nicht<lb/> nur bloß allgemeines gebet/ daher der abſicht der <hi rendition="#aq">intimation</hi> gemaͤß.</p><lb/> <p>6. Daraus folget/ wo man ſolche zeit hingegen kan zu einer dergleichen<lb/> geiſtlichen uͤbung/ die zu der erbauung und nuͤtzlicher anwendung der pre-<lb/> digt dienſam iſt/ widmen/ daß ſolches ohne verletzung des gewiſſens wohl ge-<lb/> ſchehen koͤnne.</p><lb/> <p>7. Solte es aber ſich begeben/ daß einige andre ſich daran aͤrgerten/ ſon-<lb/> derlich was einfaͤltige und ſchwache Chriſten ſind/ und ihnen moͤchte die ſache<lb/> nicht alſo beygebracht werden koͤnnen/ daß ſie ſich daruͤber zu ruhe zu geben<lb/> vermoͤchten/ ſo wiſſen wir die regel der liebe/ die uns Paulus ſonderlich<lb/><hi rendition="#fr">Rom. 14. und 1. Cor. 8.</hi> mit mehrerm vorſtellet/ welche von uns fordert/<lb/> daß wir uns auch derjenigen dinge/ welche ſonſten an ſich ſelbs nicht verbo-<lb/> ten/ ſondern wohl erlaubt ſind/ aber den bruder wegen ſeiner ſchwachheit aͤr-<lb/> gern moͤchten/ eben deswegen enthalten ſollen.</p> </div><lb/> <div n="4"> <head> <hi rendition="#b"> <hi rendition="#aq">III.</hi> </hi> </head><lb/> <list> <item> <hi rendition="#fr">Wenn man in andern kirchen die gelegenheit ſolches zu treiben nicht<lb/> hat/ ſonderlich da die nachbarn nicht mit ſchreiben/ die boͤſe ge-<lb/> dancken zu vertreiben/ die Bibel leſen moͤge oder nicht?</hi> </item> </list><lb/> <p><hi rendition="#in">D</hi>Jeſe frage hat ihre beantwortung bereits in dem vorigen: nur daß die-<lb/> ſes noch mit hinzu ſetze/ und auch bey dem vorigen hinzugeſetzt haben<lb/> will; daß ſich ein Chriſt erſtlich pruͤfen und unterſuchen ſolle/ ob er durch die<lb/> anhoͤrung der unterſchiedlichen noth und anligen/ mehr als insgeniein geruͤh-<lb/> ret/ und zu bruͤnſtiger andacht getrieben finde; oder ob er/ wie aus dieſer frage<lb/> abzunehmen/ daß einiger ihre klag ſeyn mag/ ſeine gedancken bald zerſtrenet<lb/> zu werden fuͤhle. Waͤre jenes erſte/ ſo achte ich ihn verbunden/ daß er zuhoͤrte/<lb/> und lieber alles andre unterlieſſe/ weil ihn dieſe ruͤhrung GOttes dazu leite-<lb/> te/ und er ſein gebet fuͤr die krancke/ dazu er an ſich verbunden iſt/ mit ſo viel-<lb/> mehr nachtruck zu thun/ dadurch tuͤchtig wuͤrde: waͤre aber dieſes/ ſo ich gleich-<lb/> wol von den meiſten ſorge/ bey einer ſo langen erzehlung allerley anligens;<lb/> bleibet nicht allein jene uͤbung aus der vorigen frag wiedrum zu rathen/ ſon-<lb/> dern auch in entſtehung deſſelben/ das Bibel-leſen/ damiter ſein hertz beſſer in<lb/> der andacht halten wuͤrde. Gleichwol iſt alles wiedrum mit voriger aus-<lb/> <fw place="bottom" type="catch">nahm</fw><lb/></p> </div> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [104/0112]
Das dritte Capitel.
alles troſtes/ ſeinen troſt lebendig in ihren ſeelen verſiegeln/ ihr leiden zu de-
roſelben beſten richten/ und auch in dem euſſerlichen diejenige huͤlffe ihnen er-
zeigen wolle/ die er ihnen erſprießlich erkenne. Dieſes gebet erreichet den
allgemeinen zweck dieſer verleſung/ daß ein ſolcher nicht nur insgemein fuͤr
alle nothleidende/ ſondern in ſpecie fuͤr diejenige/ dero jetzt gedacht werde/ und
zwahr fuͤr eben daſſelbe anligen/ davon geredet werde/ betet/ ob er wol ſolches
anligen eben nicht voͤllig weiß/ aber auch aus der verleſung und dero anhoͤ-
rung wenig mehr davon wiſſen wuͤrde. So iſts doch ein beſonders/ und nicht
nur bloß allgemeines gebet/ daher der abſicht der intimation gemaͤß.
6. Daraus folget/ wo man ſolche zeit hingegen kan zu einer dergleichen
geiſtlichen uͤbung/ die zu der erbauung und nuͤtzlicher anwendung der pre-
digt dienſam iſt/ widmen/ daß ſolches ohne verletzung des gewiſſens wohl ge-
ſchehen koͤnne.
7. Solte es aber ſich begeben/ daß einige andre ſich daran aͤrgerten/ ſon-
derlich was einfaͤltige und ſchwache Chriſten ſind/ und ihnen moͤchte die ſache
nicht alſo beygebracht werden koͤnnen/ daß ſie ſich daruͤber zu ruhe zu geben
vermoͤchten/ ſo wiſſen wir die regel der liebe/ die uns Paulus ſonderlich
Rom. 14. und 1. Cor. 8. mit mehrerm vorſtellet/ welche von uns fordert/
daß wir uns auch derjenigen dinge/ welche ſonſten an ſich ſelbs nicht verbo-
ten/ ſondern wohl erlaubt ſind/ aber den bruder wegen ſeiner ſchwachheit aͤr-
gern moͤchten/ eben deswegen enthalten ſollen.
III.
Wenn man in andern kirchen die gelegenheit ſolches zu treiben nicht
hat/ ſonderlich da die nachbarn nicht mit ſchreiben/ die boͤſe ge-
dancken zu vertreiben/ die Bibel leſen moͤge oder nicht?
DJeſe frage hat ihre beantwortung bereits in dem vorigen: nur daß die-
ſes noch mit hinzu ſetze/ und auch bey dem vorigen hinzugeſetzt haben
will; daß ſich ein Chriſt erſtlich pruͤfen und unterſuchen ſolle/ ob er durch die
anhoͤrung der unterſchiedlichen noth und anligen/ mehr als insgeniein geruͤh-
ret/ und zu bruͤnſtiger andacht getrieben finde; oder ob er/ wie aus dieſer frage
abzunehmen/ daß einiger ihre klag ſeyn mag/ ſeine gedancken bald zerſtrenet
zu werden fuͤhle. Waͤre jenes erſte/ ſo achte ich ihn verbunden/ daß er zuhoͤrte/
und lieber alles andre unterlieſſe/ weil ihn dieſe ruͤhrung GOttes dazu leite-
te/ und er ſein gebet fuͤr die krancke/ dazu er an ſich verbunden iſt/ mit ſo viel-
mehr nachtruck zu thun/ dadurch tuͤchtig wuͤrde: waͤre aber dieſes/ ſo ich gleich-
wol von den meiſten ſorge/ bey einer ſo langen erzehlung allerley anligens;
bleibet nicht allein jene uͤbung aus der vorigen frag wiedrum zu rathen/ ſon-
dern auch in entſtehung deſſelben/ das Bibel-leſen/ damiter ſein hertz beſſer in
der andacht halten wuͤrde. Gleichwol iſt alles wiedrum mit voriger aus-
nahm
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |