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Spener, Philipp Jakob: Theologische Bedencken. Bd. 1. Halle (Saale), 1700.

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ARTIC. VI. SECTIO II.
Joh. 20/ vielmehr mit Matth. 16. als mit Matth. 18. Wiewol es doch endlich
etlichermassen auff eines hinaus laufft. Weil auch was die Apostel und Predi-
ger anlangt/ deroselben gewalt sünde zu vergeben/ eigentlich der kirchen gut ist/ so
sie zwar als die haußehre/ durch ihre verordnete haußhalter dispensiret. Dieses
wäre meine/ obwol einfältige/ doch wie nicht zweiffle/ gegründete/ meynung von
vorgelegten materien. Dabey freundlich zu bitten habe/ sich mit dem predig-
amt ihres orts/ davon mir zwar kein mensch bekannt/ nicht zustossen/ woraus leicht-
lich ärgernüs entstehen kan. Versehe mich aber/ daß sie vielleicht beyderseits/
wo man einander recht verstehet/ mit mir einig seyn werden/ und es einigen streits
nicht bedörffen. Nun der GOtt des friedens verleihe/ daß wir alle einerley ge-
sinnet seyen/ und als viel geschehen kan/ einerley rede führen; dazu Er uns in einig-
keit des geistes mit dem band des friedens verbinden wolle. Was letzlich ange-
henget worden ist/ von der begierde der lehr der wahren gottseligkeit auch in der
schul ernstlich zu treiben/ halte ich selbs/ vor eins der nöthigsten dinge/ damit so
bald die zarte gemüther ehe sie noch in die welt gantz verflochten/ ihrem GOtt ge-
heiliget/ und mit dessen seliger erkänntnüs erfüllet werden: hiezu sind demselben
solches nach der regel göttlichen worts und der reinen lehr zubewerckstelligen alle
die die ehre GOttes/ wie sie sich geziehmet/ lieben/ alle gelegenheit willig an hand
zu geben verbunden. Der aber dessen ehre es betrifft/ trete selbs mit herbey/ und
regiere sein und aller andern hertzen dahin/ daß mit zusammengesetzten fleiß und
eiffer die von dem HErrn so theuer erlösete seelen ihm mit sorgfalt zugeführet wer-
den/ damit sein vor alle vergossenes blut an keinem einigen verlohren gehe. 1690.

SECTIO. II
Von anmelden der beichtkinder bey vorhabender
communion. Was ein creditor gegen einen bösen debito-
rem
zuthun habe. Von einer absonderlichen lection
der bibel mit den zuhörnen.

ES war die erste frage/ wegen anhaltung der jenigen/ die beichten
wollen/ sich eine zeit vorher zuhause anzumelden.
Da ich gelieb-
ten bruder versichern kan/ daß michs gesreuet/ als nur die frage gelesen/
und dessen vorhaben daraus ersehen habe. Wo also meine meinung davon sa-
gen solle/ so bezeuge/ daß ich solche gewohnheit so gar billiche/ daß ich wünsche-
te/ daß dieselbe an allen orten (wie es gleichwol an einigen auch nicht mangelt)
in schwang wäre/ als worvon ich so viel nutzen hoffe/ als von einiger euserlichen
anstalt gehofft werden könte: ja diese mag erst recht ein groses der absicht/ wa-
rum die beichte bey uns behalten worden ist/ erfüllen/ so leider sonsten an so vie-
len orten kaum in den wenigsten erreichet wird. Denn weil das haupt-werck

des

ARTIC. VI. SECTIO II.
Joh. 20/ vielmehr mit Matth. 16. als mit Matth. 18. Wiewol es doch endlich
etlichermaſſen auff eines hinaus laufft. Weil auch was die Apoſtel und Predi-
ger anlangt/ deroſelben gewalt ſuͤnde zu vergeben/ eigentlich der kirchen gut iſt/ ſo
ſie zwar als die haußehre/ durch ihre verordnete haußhalter diſpenſiret. Dieſes
waͤre meine/ obwol einfaͤltige/ doch wie nicht zweiffle/ gegruͤndete/ meynung von
vorgelegten materien. Dabey freundlich zu bitten habe/ ſich mit dem predig-
amt ihres orts/ davon mir zwar kein menſch bekannt/ nicht zuſtoſſen/ woraus leicht-
lich aͤrgernuͤs entſtehen kan. Verſehe mich aber/ daß ſie vielleicht beyderſeits/
wo man einander recht verſtehet/ mit mir einig ſeyn werden/ und es einigen ſtreits
nicht bedoͤrffen. Nun der GOtt des friedens verleihe/ daß wir alle einerley ge-
ſinnet ſeyen/ und als viel geſchehen kan/ einerley rede fuͤhren; dazu Er uns in einig-
keit des geiſtes mit dem band des friedens verbinden wolle. Was letzlich ange-
henget worden iſt/ von der begierde der lehr der wahren gottſeligkeit auch in der
ſchul ernſtlich zu treiben/ halte ich ſelbs/ vor eins der noͤthigſten dinge/ damit ſo
bald die zarte gemuͤther ehe ſie noch in die welt gantz verflochten/ ihrem GOtt ge-
heiliget/ und mit deſſen ſeliger erkaͤnntnuͤs erfuͤllet werden: hiezu ſind demſelben
ſolches nach der regel goͤttlichen worts und der reinen lehr zubewerckſtelligen alle
die die ehre GOttes/ wie ſie ſich geziehmet/ lieben/ alle gelegenheit willig an hand
zu geben verbunden. Der aber deſſen ehre es betrifft/ trete ſelbs mit herbey/ und
regiere ſein und aller andern hertzen dahin/ daß mit zuſammengeſetzten fleiß und
eiffer die von dem HErrn ſo theuer erloͤſete ſeelen ihm mit ſorgfalt zugefuͤhret wer-
den/ damit ſein vor alle vergoſſenes blut an keinem einigen verlohren gehe. 1690.

SECTIO. II
Von anmelden der beichtkinder bey vorhabender
communion. Was ein creditor gegen einen boͤſen debito-
rem
zuthun habe. Von einer abſonderlichen lection
der bibel mit den zuhoͤrnen.

ES war die erſte frage/ wegen anhaltung der jenigen/ die beichten
wollen/ ſich eine zeit vorher zuhauſe anzumelden.
Da ich gelieb-
ten bruder verſichern kan/ daß michs geſreuet/ als nur die frage geleſen/
und deſſen vorhaben daraus erſehen habe. Wo alſo meine meinung davon ſa-
gen ſolle/ ſo bezeuge/ daß ich ſolche gewohnheit ſo gar billiche/ daß ich wuͤnſche-
te/ daß dieſelbe an allen orten (wie es gleichwol an einigen auch nicht mangelt)
in ſchwang waͤre/ als worvon ich ſo viel nutzen hoffe/ als von einiger euſerlichen
anſtalt gehofft werden koͤnte: ja dieſe mag erſt recht ein groſes der abſicht/ wa-
rum die beichte bey uns behalten worden iſt/ erfuͤllen/ ſo leider ſonſten an ſo vie-
len orten kaum in den wenigſten erreichet wird. Denn weil das haupt-werck

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[199/0999] ARTIC. VI. SECTIO II. Joh. 20/ vielmehr mit Matth. 16. als mit Matth. 18. Wiewol es doch endlich etlichermaſſen auff eines hinaus laufft. Weil auch was die Apoſtel und Predi- ger anlangt/ deroſelben gewalt ſuͤnde zu vergeben/ eigentlich der kirchen gut iſt/ ſo ſie zwar als die haußehre/ durch ihre verordnete haußhalter diſpenſiret. Dieſes waͤre meine/ obwol einfaͤltige/ doch wie nicht zweiffle/ gegruͤndete/ meynung von vorgelegten materien. Dabey freundlich zu bitten habe/ ſich mit dem predig- amt ihres orts/ davon mir zwar kein menſch bekannt/ nicht zuſtoſſen/ woraus leicht- lich aͤrgernuͤs entſtehen kan. Verſehe mich aber/ daß ſie vielleicht beyderſeits/ wo man einander recht verſtehet/ mit mir einig ſeyn werden/ und es einigen ſtreits nicht bedoͤrffen. Nun der GOtt des friedens verleihe/ daß wir alle einerley ge- ſinnet ſeyen/ und als viel geſchehen kan/ einerley rede fuͤhren; dazu Er uns in einig- keit des geiſtes mit dem band des friedens verbinden wolle. Was letzlich ange- henget worden iſt/ von der begierde der lehr der wahren gottſeligkeit auch in der ſchul ernſtlich zu treiben/ halte ich ſelbs/ vor eins der noͤthigſten dinge/ damit ſo bald die zarte gemuͤther ehe ſie noch in die welt gantz verflochten/ ihrem GOtt ge- heiliget/ und mit deſſen ſeliger erkaͤnntnuͤs erfuͤllet werden: hiezu ſind demſelben ſolches nach der regel goͤttlichen worts und der reinen lehr zubewerckſtelligen alle die die ehre GOttes/ wie ſie ſich geziehmet/ lieben/ alle gelegenheit willig an hand zu geben verbunden. Der aber deſſen ehre es betrifft/ trete ſelbs mit herbey/ und regiere ſein und aller andern hertzen dahin/ daß mit zuſammengeſetzten fleiß und eiffer die von dem HErrn ſo theuer erloͤſete ſeelen ihm mit ſorgfalt zugefuͤhret wer- den/ damit ſein vor alle vergoſſenes blut an keinem einigen verlohren gehe. 1690. SECTIO. II Von anmelden der beichtkinder bey vorhabender communion. Was ein creditor gegen einen boͤſen debito- rem zuthun habe. Von einer abſonderlichen lection der bibel mit den zuhoͤrnen. ES war die erſte frage/ wegen anhaltung der jenigen/ die beichten wollen/ ſich eine zeit vorher zuhauſe anzumelden. Da ich gelieb- ten bruder verſichern kan/ daß michs geſreuet/ als nur die frage geleſen/ und deſſen vorhaben daraus erſehen habe. Wo alſo meine meinung davon ſa- gen ſolle/ ſo bezeuge/ daß ich ſolche gewohnheit ſo gar billiche/ daß ich wuͤnſche- te/ daß dieſelbe an allen orten (wie es gleichwol an einigen auch nicht mangelt) in ſchwang waͤre/ als worvon ich ſo viel nutzen hoffe/ als von einiger euſerlichen anſtalt gehofft werden koͤnte: ja dieſe mag erſt recht ein groſes der abſicht/ wa- rum die beichte bey uns behalten worden iſt/ erfuͤllen/ ſo leider ſonſten an ſo vie- len orten kaum in den wenigſten erreichet wird. Denn weil das haupt-werck des

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Zitationshilfe: Spener, Philipp Jakob: Theologische Bedencken. Bd. 1. Halle (Saale), 1700, S. 199. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/spener_bedencken01_1700/999>, abgerufen am 21.11.2024.