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Spener, Philipp Jakob: Theologische Bedencken. Bd. 1. Halle (Saale), 1700.

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Das andere Capitel.
zu suchen/ auffdero erfolg sehe ich nicht/ was man mehr bedenckens darbey ma-
chen könte. Dieses wären meine Christliche und gegründete gedancken über bey-
de vorgelegte casus, so ich zu ferner gottseliger prüffung und überlegung habe
freundlich übersenden wollen. Der HErr aber mache uns in allem selbs durch
seine gnade gewiß/ in allen dingen seinen willen und was so seiner ehre als der ge-
meinde aufferbauung das beste seye gründlich zuerkennen/ und treulich zuverrich-
ten. 1692.

SECTIO XIV.
Von denen in administration des kelchs
gebrauchten röhrichen.
(NB. Es war vor diesem in den Brandenburgischen kirchen vieler orten ge-
btäuchlich/ daß die communicanten den gesegneten wein nicht unmit-
telbar aus dem kelch zu trincken/ sondern durch ein saug-röhrichen zu
sich zu ziehen pflegten: iedoch solche gewohnheit an den allermeisten
orten bereits vor guter zeit selbs abgekommen. Weil nun 1698. von
S. Churfl. Durchl. an das Consistorium befehl ergangen/ wo sol-
che unförmliche art noch üblich/ dieselbe abzuschaffen/ und einige sich
über solche änderung bedencken machen wolten/ ist hier eine antwort
an einen Prediger/ der darüber information verlangt.)

WAs dann die abschaffung der röhrichen/ von denen ich zweiffele/ ob sie
sonsten an einigen andern orten unsrer Evangelischen kirchen/ ausser die-
sen landen/ grbräuchlich seyen/ anlangt/ hat sich niemand darüber
die wenigste gedancken zu machen/ noch fande iemand von uns in dem Consisto-
rio
ursach etwas dargegen zu moviren: nachdem es eine/ so viel man penetriren
kan/ niemal publico oder communi consensu, sondern vermuthlich aus übriger
sorgfalt/ damit nicht etwa iemals ein tröpfflein des gesegneten weins bey dem
anhalten des kelchs an den mund vergossen werden möchte/ (bey welcher sorgfalt
man ja zu hüten hat/ daß nicht etwas von der transsubstantiation zum grunde
lige/) einiger Prediger/ welchen andre nachgefolget/ eingeführete/ so viel aber
bekant ist/ bereits von guter zeit an meisten orten abgestellte ceremonie ist. So
ist dieselbe in meiner kirchen zu S. Nicolai so gar nicht üblich/ sondern wofern sie
vor dem gebräuchlich gewesen/ längst unterlassen worden/ daß mirs etwas
fremdes war/ als die sache in dem Consistorio vorkam/ und nicht wußte/ daß
nur irgenswo der ritus wäre. Er ist auch nicht zu Cölln/ ob wol Herr Propst
Lültken meldete/ daß daselbs unterschiedliche röhrichen sich finden/ daß sie also
auch vor diesem in gebrauch gewesen seyn müßten. Nur vernahme/ daß hier
zum H. Geist in dem Hospital solche beybehalten worden/ so aber auch nun aus-

ge-

Das andere Capitel.
zu ſuchen/ auffdero erfolg ſehe ich nicht/ was man mehr bedenckens darbey ma-
chen koͤnte. Dieſes waͤren meine Chriſtliche und gegruͤndete gedancken uͤber bey-
de vorgelegte caſus, ſo ich zu ferner gottſeliger pruͤffung und uͤberlegung habe
freundlich uͤberſenden wollen. Der HErr aber mache uns in allem ſelbs durch
ſeine gnade gewiß/ in allen dingen ſeinen willen und was ſo ſeiner ehre als der ge-
meinde aufferbauung das beſte ſeye gruͤndlich zuerkennen/ und treulich zuverrich-
ten. 1692.

SECTIO XIV.
Von denen in adminiſtration des kelchs
gebrauchten roͤhrichen.
(NB. Es war vor dieſem in den Brandenburgiſchen kirchen vieler orten ge-
btaͤuchlich/ daß die communicanten den geſegneten wein nicht unmit-
telbar aus dem kelch zu trincken/ ſondern durch ein ſaug-roͤhrichen zu
ſich zu ziehen pflegten: iedoch ſolche gewohnheit an den allermeiſten
orten bereits vor guter zeit ſelbs abgekommen. Weil nun 1698. von
S. Churfl. Durchl. an das Conſiſtorium befehl ergangen/ wo ſol-
che unfoͤrmliche art noch uͤblich/ dieſelbe abzuſchaffen/ und einige ſich
uͤber ſolche aͤnderung bedencken machen wolten/ iſt hier eine antwort
an einen Prediger/ der daruͤber information verlangt.)

WAs dann die abſchaffung der roͤhrichen/ von denen ich zweiffele/ ob ſie
ſonſten an einigen andern orten unſrer Evangeliſchen kirchen/ auſſer die-
ſen landen/ grbraͤuchlich ſeyen/ anlangt/ hat ſich niemand daruͤber
die wenigſte gedancken zu machen/ noch fande iemand von uns in dem Conſiſto-
rio
urſach etwas dargegen zu moviren: nachdem es eine/ ſo viel man penetriren
kan/ niemal publico oder communi conſenſu, ſondern vermuthlich aus uͤbriger
ſorgfalt/ damit nicht etwa iemals ein troͤpfflein des geſegneten weins bey dem
anhalten des kelchs an den mund vergoſſen werden moͤchte/ (bey welcher ſorgfalt
man ja zu huͤten hat/ daß nicht etwas von der transſubſtantiation zum grunde
lige/) einiger Prediger/ welchen andre nachgefolget/ eingefuͤhrete/ ſo viel aber
bekant iſt/ bereits von guter zeit an meiſten orten abgeſtellte ceremonie iſt. So
iſt dieſelbe in meiner kirchen zu S. Nicolai ſo gar nicht uͤblich/ ſondern wofern ſie
vor dem gebraͤuchlich geweſen/ laͤngſt unterlaſſen worden/ daß mirs etwas
fremdes war/ als die ſache in dem Conſiſtorio vorkam/ und nicht wußte/ daß
nur irgenswo der ritus waͤre. Er iſt auch nicht zu Coͤlln/ ob wol Herr Propſt
Luͤltken meldete/ daß daſelbs unterſchiedliche roͤhrichen ſich finden/ daß ſie alſo
auch vor dieſem in gebrauch geweſen ſeyn muͤßten. Nur vernahme/ daß hier
zum H. Geiſt in dem Hoſpital ſolche beybehalten worden/ ſo aber auch nun aus-

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[190/0990] Das andere Capitel. zu ſuchen/ auffdero erfolg ſehe ich nicht/ was man mehr bedenckens darbey ma- chen koͤnte. Dieſes waͤren meine Chriſtliche und gegruͤndete gedancken uͤber bey- de vorgelegte caſus, ſo ich zu ferner gottſeliger pruͤffung und uͤberlegung habe freundlich uͤberſenden wollen. Der HErr aber mache uns in allem ſelbs durch ſeine gnade gewiß/ in allen dingen ſeinen willen und was ſo ſeiner ehre als der ge- meinde aufferbauung das beſte ſeye gruͤndlich zuerkennen/ und treulich zuverrich- ten. 1692. SECTIO XIV. Von denen in adminiſtration des kelchs gebrauchten roͤhrichen. (NB. Es war vor dieſem in den Brandenburgiſchen kirchen vieler orten ge- btaͤuchlich/ daß die communicanten den geſegneten wein nicht unmit- telbar aus dem kelch zu trincken/ ſondern durch ein ſaug-roͤhrichen zu ſich zu ziehen pflegten: iedoch ſolche gewohnheit an den allermeiſten orten bereits vor guter zeit ſelbs abgekommen. Weil nun 1698. von S. Churfl. Durchl. an das Conſiſtorium befehl ergangen/ wo ſol- che unfoͤrmliche art noch uͤblich/ dieſelbe abzuſchaffen/ und einige ſich uͤber ſolche aͤnderung bedencken machen wolten/ iſt hier eine antwort an einen Prediger/ der daruͤber information verlangt.) WAs dann die abſchaffung der roͤhrichen/ von denen ich zweiffele/ ob ſie ſonſten an einigen andern orten unſrer Evangeliſchen kirchen/ auſſer die- ſen landen/ grbraͤuchlich ſeyen/ anlangt/ hat ſich niemand daruͤber die wenigſte gedancken zu machen/ noch fande iemand von uns in dem Conſiſto- rio urſach etwas dargegen zu moviren: nachdem es eine/ ſo viel man penetriren kan/ niemal publico oder communi conſenſu, ſondern vermuthlich aus uͤbriger ſorgfalt/ damit nicht etwa iemals ein troͤpfflein des geſegneten weins bey dem anhalten des kelchs an den mund vergoſſen werden moͤchte/ (bey welcher ſorgfalt man ja zu huͤten hat/ daß nicht etwas von der transſubſtantiation zum grunde lige/) einiger Prediger/ welchen andre nachgefolget/ eingefuͤhrete/ ſo viel aber bekant iſt/ bereits von guter zeit an meiſten orten abgeſtellte ceremonie iſt. So iſt dieſelbe in meiner kirchen zu S. Nicolai ſo gar nicht uͤblich/ ſondern wofern ſie vor dem gebraͤuchlich geweſen/ laͤngſt unterlaſſen worden/ daß mirs etwas fremdes war/ als die ſache in dem Conſiſtorio vorkam/ und nicht wußte/ daß nur irgenswo der ritus waͤre. Er iſt auch nicht zu Coͤlln/ ob wol Herr Propſt Luͤltken meldete/ daß daſelbs unterſchiedliche roͤhrichen ſich finden/ daß ſie alſo auch vor dieſem in gebrauch geweſen ſeyn muͤßten. Nur vernahme/ daß hier zum H. Geiſt in dem Hoſpital ſolche beybehalten worden/ ſo aber auch nun aus- ge-

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Zitationshilfe: Spener, Philipp Jakob: Theologische Bedencken. Bd. 1. Halle (Saale), 1700, S. 190. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/spener_bedencken01_1700/990>, abgerufen am 21.11.2024.