Spener, Philipp Jakob: Theologische Bedencken. Bd. 1. Halle (Saale), 1700.Das erste Capitel. ten auch sonderbare orte seyn/ da je einer erschrecklicher und grausamer wä-re als der andere. Jedoch läst sich nichts davon bestimmen. IV. Von der Christlichen Kirche. 1. DJe gantze sache in dieser materie kommet an auff die distinction unter der sichtbarn und unsichtbarn kirchen. Da wird nun Autori gern gestanden/ daß diese seye der rechte leib Christi/ und fülle deß/ der alles in allem erfüllet: von solcher kirchen sind auch viele dinge/ die der Heil. Geist von der kirche bezeuget/ allein zu verstehen: ja was die sichtbare kirche vor würde und gutes hat/ kommt alles von denjenigen gliedern her/ die auch zu der un- sichtbaren mit gehören. 2. Jndessen hat der autor nicht ursach/ die andere definition der kirchen bloß zu verwerffen/ welche nicht eigentlich der unsichtbarn sondern sichtba- ren kirche zukommet/ welche/ nachdem sie von der unsichtbarn unterschieden/ eine unterschiedene beschreibung auch haben/ und diese/ nachdem dieselbe sichtbar ist/ also eingerichtet werden muß/ daß man sie auff einige eusserliche art auch kennen möge. 3. Wolte man aber zweiffeln/ ob die sichtbare kirche auch solchen nah- men mit recht trage/ so wird der stylus der schrifft die sache bald ausmachen; in dieser aber heissen Ecclesiae kirchen/ versammlungen von solchen leuten/ die nicht alle gleich/ sondern unter denselben auch heuchler und böse sind. Also nennet der Apostel Paulus so andere an die er geschrieben/ als sonderlich die versammlung zu Corintho eine gemeinde/ Ecclesiam oder kirche/ und zwahr eine gemeinde GOttes/ da doch aus seiner gantzen Epistel erhellet/ daß sehr viele nicht bester art unter ihnen gewesen sind/ wie er fast in allen capiteln vieles an ihnen straffet/ und endlich 2. Cor. 12/ 20. 21. sorget/ er werde unter ihnen finden hadder/ neid/ zorn/ zanck/ affterreden/ oh- renblasen/ auffruhr: item, leute die nicht busse gethan haben/ vor die unreinigkeit und hurerey/ und unzucht/ die sie getrieben haben. Welche leute gewißlich keine lebendige glieder Christi sind. Dannoch nen- net er die gemeinde/ zu dero sie gehörten/ geheiligte in CHristo JESU/ und beruffene heilige. Wo wir die heiligkeit/ welche ihnen zugeschrieben wird/ entweder verstehen müssen von der heiligkeit/ welche rechtswegen sich bey ihnen finden solte/ oder von der heiligkeit/ daß sie von der übrigen un- glaubigen welt sich hatten absondern lassen/ und zu dem hauffen derer bege- ben/ die sich zu dem HErrn bekennten/ also in den bund mit GOtt eingetre- ten sind/ und sich der mittel der heiligung gebrauchten. Wie Jerusalem Matth. 4/ 5. noch bey allem ihrem verderbnüß die heilige stadt heisset/ we- gen
Das erſte Capitel. ten auch ſonderbare orte ſeyn/ da je einer erſchrecklicher und grauſamer waͤ-re als der andere. Jedoch laͤſt ſich nichts davon beſtimmen. IV. Von der Chriſtlichen Kirche. 1. DJe gantze ſache in dieſer materie kommet an auff die diſtinction unter der ſichtbarn und unſichtbarn kirchen. Da wird nun Autori gern geſtanden/ daß dieſe ſeye deꝛ rechte leib Chriſti/ und fuͤlle deß/ der alles in allem erfuͤllet: von ſolcher kirchen ſind auch viele dinge/ die der Heil. Geiſt von der kirche bezeuget/ allein zu verſtehen: ja was die ſichtbare kirche vor wuͤrde und gutes hat/ kommt alles von denjenigen gliedern her/ die auch zu der un- ſichtbaren mit gehoͤren. 2. Jndeſſen hat der autor nicht urſach/ die andere definition der kirchen bloß zu verwerffen/ welche nicht eigentlich der unſichtbarn ſondern ſichtba- ren kirche zukommet/ welche/ nachdem ſie von der unſichtbarn unterſchieden/ eine unterſchiedene beſchreibung auch haben/ und dieſe/ nachdem dieſelbe ſichtbar iſt/ alſo eingerichtet werden muß/ daß man ſie auff einige euſſerliche art auch kennen moͤge. 3. Wolte man aber zweiffeln/ ob die ſichtbare kirche auch ſolchen nah- men mit recht trage/ ſo wird der ſtylus der ſchrifft die ſache bald ausmachen; in dieſer aber heiſſen Eccleſiæ kirchen/ verſammlungen von ſolchen leuten/ die nicht alle gleich/ ſondern unter denſelben auch heuchler und boͤſe ſind. Alſo nennet der Apoſtel Paulus ſo andere an die er geſchrieben/ als ſonderlich die verſammlung zu Corintho eine gemeinde/ Eccleſiam oder kirche/ und zwahr eine gemeinde GOttes/ da doch aus ſeiner gantzen Epiſtel erhellet/ daß ſehr viele nicht beſter art unter ihnen geweſen ſind/ wie er faſt in allen capiteln vieles an ihnen ſtraffet/ und endlich 2. Cor. 12/ 20. 21. ſorget/ er werde unter ihnen finden hadder/ neid/ zorn/ zanck/ affterreden/ oh- renblaſen/ auffruhr: item, leute die nicht buſſe gethan haben/ vor die unreinigkeit und hurerey/ und unzucht/ die ſie getrieben haben. Welche leute gewißlich keine lebendige glieder Chriſti ſind. Dannoch nen- net er die gemeinde/ zu dero ſie gehoͤrten/ geheiligte in CHriſto JESU/ und beruffene heilige. Wo wir die heiligkeit/ welche ihnen zugeſchrieben wird/ entweder verſtehen muͤſſen von der heiligkeit/ welche rechtswegen ſich bey ihnen finden ſolte/ oder von der heiligkeit/ daß ſie von der uͤbrigen un- glaubigen welt ſich hatten abſondern laſſen/ und zu dem hauffen derer bege- ben/ die ſich zu dem HErrn bekennten/ alſo in den bund mit GOtt eingetre- ten ſind/ und ſich der mittel der heiligung gebrauchten. Wie Jeruſalem Matth. 4/ 5. noch bey allem ihrem verderbnuͤß die heilige ſtadt heiſſet/ we- gen
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Das erſte Capitel.
ten auch ſonderbare orte ſeyn/ da je einer erſchrecklicher und grauſamer waͤ-
re als der andere. Jedoch laͤſt ſich nichts davon beſtimmen.
IV.
Von der Chriſtlichen Kirche.
1. DJe gantze ſache in dieſer materie kommet an auff die diſtinction unter
der ſichtbarn und unſichtbarn kirchen. Da wird nun Autori gern
geſtanden/ daß dieſe ſeye deꝛ rechte leib Chriſti/ und fuͤlle deß/ der alles in allem
erfuͤllet: von ſolcher kirchen ſind auch viele dinge/ die der Heil. Geiſt von der
kirche bezeuget/ allein zu verſtehen: ja was die ſichtbare kirche vor wuͤrde
und gutes hat/ kommt alles von denjenigen gliedern her/ die auch zu der un-
ſichtbaren mit gehoͤren.
2. Jndeſſen hat der autor nicht urſach/ die andere definition der kirchen
bloß zu verwerffen/ welche nicht eigentlich der unſichtbarn ſondern ſichtba-
ren kirche zukommet/ welche/ nachdem ſie von der unſichtbarn unterſchieden/
eine unterſchiedene beſchreibung auch haben/ und dieſe/ nachdem dieſelbe
ſichtbar iſt/ alſo eingerichtet werden muß/ daß man ſie auff einige euſſerliche
art auch kennen moͤge.
3. Wolte man aber zweiffeln/ ob die ſichtbare kirche auch ſolchen nah-
men mit recht trage/ ſo wird der ſtylus der ſchrifft die ſache bald ausmachen;
in dieſer aber heiſſen Eccleſiæ kirchen/ verſammlungen von ſolchen leuten/ die
nicht alle gleich/ ſondern unter denſelben auch heuchler und boͤſe ſind. Alſo
nennet der Apoſtel Paulus ſo andere an die er geſchrieben/ als ſonderlich
die verſammlung zu Corintho eine gemeinde/ Eccleſiam oder kirche/ und
zwahr eine gemeinde GOttes/ da doch aus ſeiner gantzen Epiſtel erhellet/
daß ſehr viele nicht beſter art unter ihnen geweſen ſind/ wie er faſt in allen
capiteln vieles an ihnen ſtraffet/ und endlich 2. Cor. 12/ 20. 21. ſorget/ er
werde unter ihnen finden hadder/ neid/ zorn/ zanck/ affterreden/ oh-
renblaſen/ auffruhr: item, leute die nicht buſſe gethan haben/ vor
die unreinigkeit und hurerey/ und unzucht/ die ſie getrieben haben.
Welche leute gewißlich keine lebendige glieder Chriſti ſind. Dannoch nen-
net er die gemeinde/ zu dero ſie gehoͤrten/ geheiligte in CHriſto JESU/
und beruffene heilige. Wo wir die heiligkeit/ welche ihnen zugeſchrieben
wird/ entweder verſtehen muͤſſen von der heiligkeit/ welche rechtswegen ſich
bey ihnen finden ſolte/ oder von der heiligkeit/ daß ſie von der uͤbrigen un-
glaubigen welt ſich hatten abſondern laſſen/ und zu dem hauffen derer bege-
ben/ die ſich zu dem HErrn bekennten/ alſo in den bund mit GOtt eingetre-
ten ſind/ und ſich der mittel der heiligung gebrauchten. Wie Jeruſalem
Matth. 4/ 5. noch bey allem ihrem verderbnuͤß die heilige ſtadt heiſſet/ we-
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