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Spener, Philipp Jakob: Theologische Bedencken. Bd. 1. Halle (Saale), 1700.

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Das erste Capitel.
von. Also solle man die weiber vom schmuck enthalten und reitzen/
die weil sie sonst darzu geneigt. Wenn das ein christlich weib höret/
und zu hertzen lässet gehen/ und also dencket/ ich will den schmuck
nicht achten/ weil sein GOtt nicht achtet/ muß ich ihn aber tragen/
so will ichs meinem mann zuwillen thun/ so ist sie recht im geist ge-
schmücket und geziehret.

Dieses wird mit obiger meinung gantz einstimmen. Der HErr aber ge-
be uns in allem seinen willen zuerkennen und zuthun. Amen. 1695.

SECTIO X.
Von der natürlichen erkäntnüß GOttes; von der
versicherung der wahrheit göttlichen worts: von un-
empfindlichkeit des glaubens: von dem letzten kampff.

JCh finde in dem vorgelegten anligen daß alles auff diese 4. puncta sich
ziehen lassen möchte/ 1. Ob und wie GOtt aus der natur und den ge-
schöpffen erkannt werden könte? 2. Woraus wir der wahrheit göttli-
ches wortes versicherung hätten? 3. Wie man sich in die unempfindlichkeit
des glaubens zu schicken? 4. Ob man sich nicht meistens vor dem letzten to-
des-kampff zu fürchten hätte. Was nun erstlich die natürliche erkänt-
nüß GOttes anlangt/
so ist dieselbe doppelt. Denn erstlich findet sich bey
einem jeglichen menschen ein funcke dieser erkäntnüß von natur/ der gleich-
sam mit ihm gebohren wird/ also daß ein jeder/ als lang er nicht durch muth-
willige boßheit auch denselben auslöschet/ wo er nur in sich gehet/ so bald ei-
nen solchen gedancken findet/ daß ein GOtt oder höchstes und alles regieren-
des wesen seye. Dieser gedancken/ erkäntnüß oder funcke/ ist noch etwas we-
niges von dem herrlichen liecht der in der schöpffung angeschaffenen erkänt-
nüß GOttes; welches wir sonsten leider in dem fall verlohren haben. Es ist
die sache gegründet Rom. 1/ 19. da in dem grund-text stehet/ das erkänt-
nüß GOttes/
oder das erkannte Gottes ist offenbahr in ihnen; das
ist/ inwendig in dem hertzen ist schon etwas von einer erkäntnüß: sonderlich
ists zu erweisen aus Rom. 2/ 15. wo stehet: daß das werck des gesetzes
auch in der Heiden/
welche von der besondern göttlichen offenbahrung
nichts gehabt/ hertzen eingeschrieben seye/ und zwahr mit einer solchen
krafft/ daß deswegen das gewissen sie auch beschuldige/ wo sie darwider
thun; dieses werck des gesetzes kan nun nicht in ein hertz eingeschrieben seyn/
ohne daß zum grund dessen auch muß die erkäntnüß eines GOttes/ den man

zu

Das erſte Capitel.
von. Alſo ſolle man die weiber vom ſchmuck enthalten und reitzen/
die weil ſie ſonſt darzu geneigt. Wenn das ein chriſtlich weib hoͤret/
und zu hertzen laͤſſet gehen/ und alſo dencket/ ich will den ſchmuck
nicht achten/ weil ſein GOtt nicht achtet/ muß ich ihn aber tragen/
ſo will ichs meinem mann zuwillen thun/ ſo iſt ſie recht im geiſt ge-
ſchmuͤcket und geziehret.

Dieſes wird mit obiger meinung gantz einſtimmen. Der HErr aber ge-
be uns in allem ſeinen willen zuerkennen und zuthun. Amen. 1695.

SECTIO X.
Von der natuͤrlichen erkaͤntnuͤß GOttes; von der
verſicherung der wahrheit goͤttlichen worts: von un-
empfindlichkeit des glaubens: von dem letzten kampff.

JCh finde in dem vorgelegten anligen daß alles auff dieſe 4. puncta ſich
ziehen laſſen moͤchte/ 1. Ob und wie GOtt aus der natur und den ge-
ſchoͤpffen erkannt werden koͤnte? 2. Woraus wir der wahrheit goͤttli-
ches wortes verſicherung haͤtten? 3. Wie man ſich in die unempfindlichkeit
des glaubens zu ſchicken? 4. Ob man ſich nicht meiſtens vor dem letzten to-
des-kampff zu fuͤrchten haͤtte. Was nun erſtlich die natuͤrliche erkaͤnt-
nuͤß GOttes anlangt/
ſo iſt dieſelbe doppelt. Denn erſtlich findet ſich bey
einem jeglichen menſchen ein funcke dieſer erkaͤntnuͤß von natur/ der gleich-
ſam mit ihm gebohren wird/ alſo daß ein jeder/ als lang er nicht durch muth-
willige boßheit auch denſelben ausloͤſchet/ wo er nur in ſich gehet/ ſo bald ei-
nen ſolchen gedancken findet/ daß ein GOtt oder hoͤchſtes und alles regieren-
des weſen ſeye. Dieſer gedancken/ erkaͤntnuͤß oder funcke/ iſt noch etwas we-
niges von dem herrlichen liecht der in der ſchoͤpffung angeſchaffenen erkaͤnt-
nuͤß GOttes; welches wir ſonſten leider in dem fall verlohren haben. Es iſt
die ſache gegruͤndet Rom. 1/ 19. da in dem grund-text ſtehet/ das erkaͤnt-
nuͤß GOttes/
oder das erkannte Gottes iſt offenbahr in ihnen; das
iſt/ inwendig in dem hertzen iſt ſchon etwas von einer erkaͤntnuͤß: ſonderlich
iſts zu erweiſen aus Rom. 2/ 15. wo ſtehet: daß das werck des geſetzes
auch in der Heiden/
welche von der beſondern goͤttlichen offenbahrung
nichts gehabt/ hertzen eingeſchrieben ſeye/ und zwahr mit einer ſolchen
krafft/ daß deswegen das gewiſſen ſie auch beſchuldige/ wo ſie darwider
thun; dieſes werck des geſetzes kan nun nicht in ein hertz eingeſchrieben ſeyn/
ohne daß zum grund deſſen auch muß die erkaͤntnuͤß eines GOttes/ den man

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[32/0048] Das erſte Capitel. von. Alſo ſolle man die weiber vom ſchmuck enthalten und reitzen/ die weil ſie ſonſt darzu geneigt. Wenn das ein chriſtlich weib hoͤret/ und zu hertzen laͤſſet gehen/ und alſo dencket/ ich will den ſchmuck nicht achten/ weil ſein GOtt nicht achtet/ muß ich ihn aber tragen/ ſo will ichs meinem mann zuwillen thun/ ſo iſt ſie recht im geiſt ge- ſchmuͤcket und geziehret. Dieſes wird mit obiger meinung gantz einſtimmen. Der HErr aber ge- be uns in allem ſeinen willen zuerkennen und zuthun. Amen. 1695. SECTIO X. Von der natuͤrlichen erkaͤntnuͤß GOttes; von der verſicherung der wahrheit goͤttlichen worts: von un- empfindlichkeit des glaubens: von dem letzten kampff. JCh finde in dem vorgelegten anligen daß alles auff dieſe 4. puncta ſich ziehen laſſen moͤchte/ 1. Ob und wie GOtt aus der natur und den ge- ſchoͤpffen erkannt werden koͤnte? 2. Woraus wir der wahrheit goͤttli- ches wortes verſicherung haͤtten? 3. Wie man ſich in die unempfindlichkeit des glaubens zu ſchicken? 4. Ob man ſich nicht meiſtens vor dem letzten to- des-kampff zu fuͤrchten haͤtte. Was nun erſtlich die natuͤrliche erkaͤnt- nuͤß GOttes anlangt/ ſo iſt dieſelbe doppelt. Denn erſtlich findet ſich bey einem jeglichen menſchen ein funcke dieſer erkaͤntnuͤß von natur/ der gleich- ſam mit ihm gebohren wird/ alſo daß ein jeder/ als lang er nicht durch muth- willige boßheit auch denſelben ausloͤſchet/ wo er nur in ſich gehet/ ſo bald ei- nen ſolchen gedancken findet/ daß ein GOtt oder hoͤchſtes und alles regieren- des weſen ſeye. Dieſer gedancken/ erkaͤntnuͤß oder funcke/ iſt noch etwas we- niges von dem herrlichen liecht der in der ſchoͤpffung angeſchaffenen erkaͤnt- nuͤß GOttes; welches wir ſonſten leider in dem fall verlohren haben. Es iſt die ſache gegruͤndet Rom. 1/ 19. da in dem grund-text ſtehet/ das erkaͤnt- nuͤß GOttes/ oder das erkannte Gottes iſt offenbahr in ihnen; das iſt/ inwendig in dem hertzen iſt ſchon etwas von einer erkaͤntnuͤß: ſonderlich iſts zu erweiſen aus Rom. 2/ 15. wo ſtehet: daß das werck des geſetzes auch in der Heiden/ welche von der beſondern goͤttlichen offenbahrung nichts gehabt/ hertzen eingeſchrieben ſeye/ und zwahr mit einer ſolchen krafft/ daß deswegen das gewiſſen ſie auch beſchuldige/ wo ſie darwider thun; dieſes werck des geſetzes kan nun nicht in ein hertz eingeſchrieben ſeyn/ ohne daß zum grund deſſen auch muß die erkaͤntnuͤß eines GOttes/ den man zu

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Zitationshilfe: Spener, Philipp Jakob: Theologische Bedencken. Bd. 1. Halle (Saale), 1700, S. 32. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/spener_bedencken01_1700/48>, abgerufen am 21.12.2024.