Spener, Philipp Jakob: Theologische Bedencken. Bd. 1. Halle (Saale), 1700.Das erste Capitel. lii zu erkennen/ daß wir aus diesem seine gnade annehmen/ und nach jenemunser leben anzustellen beflissen seyn. Er setze auch absonderlich in ihm mehr und mehr sein gutes werck fort/ in seiner lebendigen erkäntnüß nach dem maaß der ertheilten gnade stäts zuzunehmen/ und mit gottseligem wandel deroselben früchten in seiner würckung danckbarlich und reichlich zu- bringen. SECTIO XVIII. Von der allwissenheit Christi nach der menschlichen natur. UNsere beständige lehr ist diese. 1. Als die Gottheit sich mit der mensch- dem
Das erſte Capitel. lii zu erkennen/ daß wir aus dieſem ſeine gnade annehmen/ und nach jenemunſer leben anzuſtellen befliſſen ſeyn. Er ſetze auch abſonderlich in ihm mehr und mehr ſein gutes werck fort/ in ſeiner lebendigen erkaͤntnuͤß nach dem maaß der ertheilten gnade ſtaͤts zuzunehmen/ und mit gottſeligem wandel deroſelben fruͤchten in ſeiner wuͤrckung danckbarlich und reichlich zu- bringen. SECTIO XVIII. Von der allwiſſenheit Chriſti nach der menſchlichen natur. UNſere beſtaͤndige lehr iſt dieſe. 1. Als die Gottheit ſich mit der menſch- dem
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Das erſte Capitel.
lii zu erkennen/ daß wir aus dieſem ſeine gnade annehmen/ und nach jenem
unſer leben anzuſtellen befliſſen ſeyn. Er ſetze auch abſonderlich in ihm mehr
und mehr ſein gutes werck fort/ in ſeiner lebendigen erkaͤntnuͤß nach dem
maaß der ertheilten gnade ſtaͤts zuzunehmen/ und mit gottſeligem wandel
deroſelben fruͤchten in ſeiner wuͤrckung danckbarlich und reichlich zu-
bringen.
SECTIO XVIII.
Von der allwiſſenheit Chriſti nach der
menſchlichen natur.
UNſere beſtaͤndige lehr iſt dieſe. 1. Als die Gottheit ſich mit der menſch-
heit vereiniget/ und ſie in ihre perſon auff genommen hat/ ſo ſind noth-
wendig deroſelben auch alle goͤttliche eigenſchafften/ darunter die all-
wiſſenheit iſt/ mitgetheilet worden/ die ſie auch in der perſon zu beſitzen nie-
mals unterlaſſen hat/ noch unterlaſſen kan. 2. Weil aber die goͤttliche ge-
rechtigkeit erforderte/ daß der mittler durch leiden uns verſoͤhnen/ und alſo da
die erſte eltern durch ſuͤndliches beſtreben GOtt gleich zu ſeyn/ ſich deſſen
was ihnen nicht gebuͤhrte/ angemaſſet haben/ vor ſolchen raub auch mit der
enteuſſerung ſolcher art goͤttlicher geſtalt vor uns gnug thun ſolte/ ſo war al-
lerdings noͤthig/ daß er wie anderer eigenſchafften/ alſo auch der allwiſſen heit
ordentlichen gebrauch im ſtand der erniedrigung von ſich ablegte/ und alſo/
wie er mit ablegung des gebrauchs der allmacht ordentlicher weiſe/ ſonderlich
in dem leiden ſich ſchwach gewieſen/ nicht weniger auch gewiſſer dinge unwiſ-
ſend waͤre/ das iſt/ ſich der allwiſſenheit darinnen nicht gebrauchte. Wie
ſolches aber zugleich ſeyn koͤnne/ die allwiſſenheit beſitzen und doch in der that
etwas nicht wiſſen/ iſt nicht ſchwehrer zu begreiffen/ als zugleich κτήσει all-
maͤchtig/ und doch ſchwach ſeyn/ und 2. Cor. 13/ 4. in der ſchwachheit ge-
creutziget werden: ja es laͤſſet ſich etlicher maſſen daraus faſſen/ daß ein
menſch auch in dem ſchlaff ſeine wiſſenſchafft nicht verliehret/ und doch actu
reflexo nichts weiß/ ja auch zuweilen ſich etwas nicht beſinnen kan/ was er
im uͤbrigen wahrhafftig weiß. Doch fuͤhre ſolches gleichnuͤß nicht an/ als
wenn ſichs in Chriſto nicht anders verhalten haͤtte/ ſondern nur zu zeigen/
daß etwas der gleichen auch in dem natuͤrlichen vorgehe/ ſo aber in viel hoͤhe-
rer art in GOtt geſchehe. Jndeſſen 3. auch in dem ſtand der erniedrigung
wie der HErr anderer goͤttlicher eigenſchafften ſtrahlen zuweilen von ſich bli-
cken laſſen/ als der allmacht in den wunder-wercken/ ſo hat er auch von ſich
ſchieſſen laſſen/ die ſtrahlen der allwiſſenheit/ wo es das amt erforderte/ als
Matth. 9/ 2. 4. 21/ 2. 3. Joh. 1/ 48. 2/ 25. 6/ 70. und anderswo. 4. Nach-
dem
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