Spener, Philipp Jakob: Theologische Bedencken. Bd. 1. Halle (Saale), 1700.Das andere Capitel. man hat sich allemahl damit vergnüget/ zu erweisen/ daß sie erlaubt seye/ unddoch gemeiniglich einige cautelen dazu gesetzt: ich wolte auch fast zweiffeln/ ob jemand so vermessen seyn solte/ der eine gebotene sache daraus machte. 2. Ob ich wol die ursach/ die ihn zu sothanen voto bewogen/ nicht weiß/ so vermuthe ich doch/ es werde diese sorge/ weil er manches ärgernüß dabey wargenommen/ und also weil offt ein böser schein damit unterlaufft/ lieber den sichersten weg gehn/ und sich davon enthalten wollen: Da abermahl einen jeden freystehet/ in einer sache/ wo man auf der einen seite mehrere sicherhelt vor sein gewissen siehet/ dieselbe zu erwehlen/ ob man wohl auf der andern seite auch nicht sündigen würde. Ob er jemand darüber consuliret/ weiß ich nicht/ wanns aber auch noch nicht gesche- hen/ hindert es an der sache nicht/ dann ein Christ/ der seine jahre und verstan- des mächtig ist/ darff gar wol auch aus eigener bewegnüß in sachen/ die ihn betref- fen/ und an sich gut oder doch indifferent sind/ sich zu etwas gewisses verbin- den. Wo aber solches geschehe/ so stehet es nicht mehr frey/ sondern würde zur sünde/ wenn man dasselbe darnach brechen wolte. 5. Mos. 23, 21, 22, 23. Dahero weder er selbst solches gelübde zu brechen besagt ist/ noch jemand dasselbe ihn zu- muthen kan/ ohne sich damit solche sünde selbst auffzuladen. Hieraus resolvi- ret sich auch das andere stück der frag: nemlich daß er um dieses voti willen seine vocation nicht zu quitiren habe. Jndem erstlich diesellle an sich rechtmäßig. 2. Daß gelübte nach Gottes wort keinen fehler hat. 3. Keine kirchen-ordnung ihn zu dem nehmen verbindet. 4. Er damit andern collegis denselben nicht ver- deut/ sondern frylässet denselben zu nehmen/ daher sie hinwider ihm freylassen müssen/ denselben nicht zu nehmen. 5. An ihrem ort nicht nur Cajus den beicht- pfenning zwar genommen/ aber an arme gewendet; sondern auch Titius sich desselben ohne/ so viel mir wissend ist/ widerrede enthalten hat. 6. Wo man von einem praejudicio, so andern damit gemacht wurde/ etwas einwenden wol- te/ so hebet das exempel Pauli die gantze krafft des schlusses auff. Der Herr regiere auch in dieser sache die hertzen aller derer/ so damit umzugehen haben/ niemandes gewissen einige gewalt zu thun/ und reinige insgesambt unfern stand von allem ärgernüß/ von schein des bösen/ sonderlich des geitzes und von aller uneinigkeit: Vereinige hingegen alle hertzen seiner diener in einigkeit des geistes mit dem bande des friedens zu aller erbauung. 1688. SECTIO XXXVI. Vom beicht stuhl. Beicht-pfennig. Was zuthun wo man vorgesetzte collegas hat/ die dem trunck/ Geitz pracht und dergleichen ergeben. Ob
Das andere Capitel. man hat ſich allemahl damit vergnuͤget/ zu erweiſen/ daß ſie erlaubt ſeye/ unddoch gemeiniglich einige cautelen dazu geſetzt: ich wolte auch faſt zweiffeln/ ob jemand ſo vermeſſen ſeyn ſolte/ der eine gebotene ſache daraus machte. 2. Ob ich wol die urſach/ die ihn zu ſothanen voto bewogen/ nicht weiß/ ſo vermuthe ich doch/ es werde dieſe ſorge/ weil er manches aͤrgernuͤß dabey wargenommen/ und alſo weil offt ein boͤſer ſchein damit unterlaufft/ lieber den ſicherſten weg gehn/ und ſich davon enthalten wollen: Da abermahl einen jeden freyſtehet/ in einer ſache/ wo man auf der einen ſeite mehrere ſicherhelt vor ſein gewiſſen ſiehet/ dieſelbe zu erwehlen/ ob man wohl auf der andern ſeite auch nicht ſuͤndigen wuͤrde. Ob er jemand daruͤber conſuliret/ weiß ich nicht/ wanns aber auch noch nicht geſche- hen/ hindert es an der ſache nicht/ dann ein Chriſt/ der ſeine jahre und verſtan- des maͤchtig iſt/ darff gar wol auch aus eigener bewegnuͤß in ſachen/ die ihn betref- fen/ und an ſich gut oder doch indifferent ſind/ ſich zu etwas gewiſſes verbin- den. Wo aber ſolches geſchehe/ ſo ſtehet es nicht mehr frey/ ſondern wuͤrde zur ſuͤnde/ wenn man daſſelbe darnach brechen wolte. 5. Moſ. 23, 21, 22, 23. Dahero weder er ſelbſt ſolches geluͤbde zu brechen beſagt iſt/ noch jemand daſſelbe ihn zu- muthen kan/ ohne ſich damit ſolche ſuͤnde ſelbſt auffzuladen. Hieraus reſolvi- ret ſich auch das andere ſtuͤck der frag: nemlich daß er um dieſes voti willen ſeine vocation nicht zu quitiren habe. Jndem erſtlich dieſellle an ſich rechtmaͤßig. 2. Daß geluͤbte nach Gottes wort keinen fehler hat. 3. Keine kirchen-ordnung ihn zu dem nehmen verbindet. 4. Er damit andern collegis denſelben nicht ver- deut/ ſondern frylaͤſſet denſelben zu nehmen/ daher ſie hinwider ihm freylaſſen muͤſſen/ denſelben nicht zu nehmen. 5. An ihrem ort nicht nur Cajus den beicht- pfenning zwar genommen/ aber an arme gewendet; ſondern auch Titius ſich deſſelben ohne/ ſo viel mir wiſſend iſt/ widerrede enthalten hat. 6. Wo man von einem præjudicio, ſo andern damit gemacht wurde/ etwas einwenden wol- te/ ſo hebet das exempel Pauli die gantze krafft des ſchluſſes auff. Der Herr regiere auch in dieſer ſache die hertzen aller derer/ ſo damit umzugehen haben/ niemandes gewiſſen einige gewalt zu thun/ und reinige insgeſambt unfern ſtand von allem aͤrgernuͤß/ von ſchein des boͤſen/ ſonderlich des geitzes und von aller uneinigkeit: Vereinige hingegen alle hertzen ſeiner diener in einigkeit des geiſtes mit dem bande des friedens zu aller erbauung. 1688. SECTIO XXXVI. Vom beicht ſtuhl. Beicht-pfennig. Was zuthun wo man vorgeſetzte collegas hat/ die dem trunck/ Geitz pracht und dergleichen ergeben. Ob
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Das andere Capitel.
man hat ſich allemahl damit vergnuͤget/ zu erweiſen/ daß ſie erlaubt ſeye/ und
doch gemeiniglich einige cautelen dazu geſetzt: ich wolte auch faſt zweiffeln/ ob
jemand ſo vermeſſen ſeyn ſolte/ der eine gebotene ſache daraus machte. 2. Ob
ich wol die urſach/ die ihn zu ſothanen voto bewogen/ nicht weiß/ ſo vermuthe ich
doch/ es werde dieſe ſorge/ weil er manches aͤrgernuͤß dabey wargenommen/ und
alſo weil offt ein boͤſer ſchein damit unterlaufft/ lieber den ſicherſten weg gehn/ und
ſich davon enthalten wollen: Da abermahl einen jeden freyſtehet/ in einer ſache/
wo man auf der einen ſeite mehrere ſicherhelt vor ſein gewiſſen ſiehet/ dieſelbe zu
erwehlen/ ob man wohl auf der andern ſeite auch nicht ſuͤndigen wuͤrde. Ob er
jemand daruͤber conſuliret/ weiß ich nicht/ wanns aber auch noch nicht geſche-
hen/ hindert es an der ſache nicht/ dann ein Chriſt/ der ſeine jahre und verſtan-
des maͤchtig iſt/ darff gar wol auch aus eigener bewegnuͤß in ſachen/ die ihn betref-
fen/ und an ſich gut oder doch indifferent ſind/ ſich zu etwas gewiſſes verbin-
den. Wo aber ſolches geſchehe/ ſo ſtehet es nicht mehr frey/ ſondern wuͤrde zur
ſuͤnde/ wenn man daſſelbe darnach brechen wolte. 5. Moſ. 23, 21, 22, 23. Dahero
weder er ſelbſt ſolches geluͤbde zu brechen beſagt iſt/ noch jemand daſſelbe ihn zu-
muthen kan/ ohne ſich damit ſolche ſuͤnde ſelbſt auffzuladen. Hieraus reſolvi-
ret ſich auch das andere ſtuͤck der frag: nemlich daß er um dieſes voti willen ſeine
vocation nicht zu quitiren habe. Jndem erſtlich dieſellle an ſich rechtmaͤßig.
2. Daß geluͤbte nach Gottes wort keinen fehler hat. 3. Keine kirchen-ordnung
ihn zu dem nehmen verbindet. 4. Er damit andern collegis denſelben nicht ver-
deut/ ſondern frylaͤſſet denſelben zu nehmen/ daher ſie hinwider ihm freylaſſen
muͤſſen/ denſelben nicht zu nehmen. 5. An ihrem ort nicht nur Cajus den beicht-
pfenning zwar genommen/ aber an arme gewendet; ſondern auch Titius ſich
deſſelben ohne/ ſo viel mir wiſſend iſt/ widerrede enthalten hat. 6. Wo man
von einem præjudicio, ſo andern damit gemacht wurde/ etwas einwenden wol-
te/ ſo hebet das exempel Pauli die gantze krafft des ſchluſſes auff. Der Herr regiere
auch in dieſer ſache die hertzen aller derer/ ſo damit umzugehen haben/ niemandes
gewiſſen einige gewalt zu thun/ und reinige insgeſambt unfern ſtand von allem
aͤrgernuͤß/ von ſchein des boͤſen/ ſonderlich des geitzes und von aller uneinigkeit:
Vereinige hingegen alle hertzen ſeiner diener in einigkeit des geiſtes mit dem
bande des friedens zu aller erbauung. 1688.
SECTIO XXXVI.
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wo man vorgeſetzte collegas hat/ die dem trunck/ Geitz
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