Silesius, Angelus: Geistreiche Sinn- vnd Schlussrime. Wien, 1657.Erstes Buch. 210. Je auffgegebner/ je Göttlicher. Die Heilgen sind so vil von Gottes Gottheit trunken/ So vil sie sind in jhm verlohren und versunken. 211. Daß Himmelreich ist der Gewalt- samen. Nicht GOtt gibts Himmelreich: du selbst musts zu dir ziehn/ Und dich mit gantzer macht und Eyfer drumb bemühn. 212 Jch wie GOtt/ GOtt wie ich. GOtt ist daß was Er ist: Jch bin daß was ich bin: Doch kennstu einen wol/ so kennstu mich und Jhn. 213. Die Sünde. Der durst ist nicht ein Ding/ und doch kan er dich plagen: Wie sol dann nicht die Sünd den bösen Ewig Nagen! 214. Die Sanfftmuth. Die Sanfftmut ist ein sammt auf dem GOtt ruht und liegt: Er dankt dir/ bistu sie/ daß er sein Polster kriegt. 215. Die Gerechtigkeit. Was ist Gerechtigkeit? daß/ welches allen gleich/ Sich gibt/ entbentht/ geläst/ hier und im Himmelreich. 216. Die Vergöttung. Gott ist mein Geist/ mein Blutt/ mein Fleisch/ und mein Gebein: Wie sol ich dann mit jhm nicht gantz durchgöttet sein. 217 Würken und Ruhn ist recht Göttlich. Fragstu was Gott mehr liebt/ jhm würken oder ruhn? Jch sage daß der Mensch/ wie Gott/ sol beides thun. 218. Das Göttliche Sehen. Wer in dem Nächsten nichts als Gott und Christum sihen Der sihet mit dem Licht daß auß der Gottheit blüht. 219 Die
Erſtes Buch. 210. Je auffgegebner/ je Goͤttlicher. Die Heilgen ſind ſo vil von Gottes Gottheit trunken/ So vil ſie ſind in jhm verlohren und verſunken. 211. Daß Himmelreich iſt der Gewalt- ſamen. Nicht GOtt gibts Him̃elreich: du ſelbſt muſts zu dir ziehn/ Und dich mit gantzer macht uñ Eyfer drumb bemuͤhn. 212 Jch wie GOtt/ GOtt wie ich. GOtt iſt daß was Er iſt: Jch bin daß was ich bin: Doch kennſtu einen wol/ ſo kennſtu mich und Jhn. 213. Die Suͤnde. Der durſt iſt nicht ein Ding/ und doch kan er dich plagen: Wie ſol dann nicht die Suͤnd den boͤſen Ewig Nagen! 214. Die Sanfftmuth. Die Sanfftmut iſt ein ſammt auf dem GOtt ruht und liegt: Er dankt dir/ biſtu ſie/ daß er ſein Polſter kriegt. 215. Die Gerechtigkeit. Was iſt Gerechtigkeit? daß/ welches allen gleich/ Sich gibt/ entbentht/ gelaͤſt/ hier und im Him̃elreich. 216. Die Vergoͤttung. Gott iſt mein Geiſt/ mein Blutt/ mein Fleiſch/ und mein Gebein: Wie ſol ich dann mit jhm nicht gantz durchgoͤttet ſein. 217 Wuͤrken uñ Ruhn iſt recht Goͤttlich. Fragſtu was Gott mehr liebt/ jhm wuͤrken oder ruhn? Jch ſage daß der Menſch/ wie Gott/ ſol beides thun. 218. Das Goͤttliche Sehen. Wer in dem Naͤchſten nichts als Gott uñ Chriſtum ſihẽ Der ſihet mit dem Licht daß auß der Gottheit bluͤht. 219 Die
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Erſtes Buch.
210. Je auffgegebner/ je Goͤttlicher.
Die Heilgen ſind ſo vil von Gottes Gottheit trunken/
So vil ſie ſind in jhm verlohren und verſunken.
211. Daß Himmelreich iſt der Gewalt-
ſamen.
Nicht GOtt gibts Him̃elreich: du ſelbſt muſts zu
dir ziehn/
Und dich mit gantzer macht uñ Eyfer drumb bemuͤhn.
212 Jch wie GOtt/ GOtt wie ich.
GOtt iſt daß was Er iſt: Jch bin daß was ich bin:
Doch kennſtu einen wol/ ſo kennſtu mich und Jhn.
213. Die Suͤnde.
Der durſt iſt nicht ein Ding/ und doch kan er dich
plagen:
Wie ſol dann nicht die Suͤnd den boͤſen Ewig Nagen!
214. Die Sanfftmuth.
Die Sanfftmut iſt ein ſammt auf dem GOtt ruht
und liegt:
Er dankt dir/ biſtu ſie/ daß er ſein Polſter kriegt.
215. Die Gerechtigkeit.
Was iſt Gerechtigkeit? daß/ welches allen gleich/
Sich gibt/ entbentht/ gelaͤſt/ hier und im Him̃elreich.
216. Die Vergoͤttung.
Gott iſt mein Geiſt/ mein Blutt/ mein Fleiſch/ und
mein Gebein:
Wie ſol ich dann mit jhm nicht gantz durchgoͤttet ſein.
217 Wuͤrken uñ Ruhn iſt recht Goͤttlich.
Fragſtu was Gott mehr liebt/ jhm wuͤrken oder ruhn?
Jch ſage daß der Menſch/ wie Gott/ ſol beides thun.
218. Das Goͤttliche Sehen.
Wer in dem Naͤchſten nichts als Gott uñ Chriſtum ſihẽ
Der ſihet mit dem Licht daß auß der Gottheit bluͤht.
219 Die
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