Silesius, Angelus: Geistreiche Sinn- vnd Schlussrime. Wien, 1657.Johannis Angeli 165. Die Weißheit. Die Weißheit findt sich gern wo jhre Kinder find. Warumm? (O wun der ding!) sie selber ist ein Kind. 166. Der Spiegel der Weißheit. Die Weißheit schauet sich in jhrem Spiegel an. Wer ists? sie selber/ und wer Weißheit werden kan. 167. So vil du in GOtt/ so vil Er in dir. So vil die Seel in GOtt/ so vil ruht GOtt in jhr: Nichts minder oder mehr/ Mensch glaub es/ wird er dir. 168. Christus ist alles. O Wunder! Christus ist die Wahrheit und daß Wort/ Licht/ Leben/ Speiß/ und Tranck/ Pfad/ Pilgram/ Thür und Ort. 169. Nichts verlangen ist Seeligkeit. Die Heilgen sind darumb mit Gottes ruh umbfangen/ Und haben Seeligkeit/ weil sie nach nichts verlangen. 170. GOtt ist nicht hoch noch tieff. GOtt ist nicht hoch/ nicht tieff: wer endlich anderst spricht/ Der hat der Wahrheit noch gar schlechten Unterricht. 171. Gott findet man mit nicht-suchen. Gott ist nicht hier noch da: wer jhn begehrt zufinden Der laß' jhm Händ' und Füß'/ und Leib und Seele binden. 172. GOtt sihet ehe du gedänkst. Wo Gott von Ewigkeit nicht sihet die Gedanken/ So bistu eh' als Er: Er stüpffchen/ und du schranken. 173. Der Mensch lebt nicht vom Brodt allein. Daß Brod ernährt dich nicht: was dich im Brodte Jst
Johannis Angeli 165. Die Weißheit. Die Weißheit findt ſich gern wo jhre Kinder find. Warum̃? (O wun der ding!) ſie ſelber iſt ein Kind. 166. Der Spiegel der Weißheit. Die Weißheit ſchauet ſich in jhrem Spiegel an. Wer iſts? ſie ſelber/ und wer Weißheit werden kan. 167. So vil du in GOtt/ ſo vil Er in dir. So vil die Seel in GOtt/ ſo vil ruht GOtt in jhr: Nichts minder oder mehr/ Menſch glaub es/ wird er dir. 168. Chriſtus iſt alles. O Wunder! Chriſtus iſt die Wahrheit uñ daß Woꝛt/ Licht/ Leben/ Speiß/ und Tranck/ Pfad/ Pilgram/ Thuͤr und Ort. 169. Nichts verlangen iſt Seeligkeit. Die Heilgen ſind darumb mit Gottes ruh umbfangen/ Und haben Seeligkeit/ weil ſie nach nichts verlangen. 170. GOtt iſt nicht hoch noch tieff. GOtt iſt nicht hoch/ nicht tieff: wer endlich anderſt ſpricht/ Der hat der Wahrheit noch gar ſchlechten Unterricht. 171. Gott findet man mit nicht-ſuchen. Gott iſt nicht hier noch da: wer jhn begehrt zufinden Der laß’ jhm Haͤnd’ und Fuͤß’/ und Leib und Seele binden. 172. GOtt ſihet ehe du gedaͤnkſt. Wo Gott von Ewigkeit nicht ſihet die Gedanken/ So biſtu eh’ als Er: Er ſtuͤpffchen/ und du ſchranken. 173. Der Menſch lebt nicht vom Brodt allein. Daß Brod ernaͤhrt dich nicht: was dich im Brodte Jſt
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Johannis Angeli
165. Die Weißheit.
Die Weißheit findt ſich gern wo jhre Kinder find.
Warum̃? (O wun der ding!) ſie ſelber iſt ein Kind.
166. Der Spiegel der Weißheit.
Die Weißheit ſchauet ſich in jhrem Spiegel an.
Wer iſts? ſie ſelber/ und wer Weißheit werden kan.
167. So vil du in GOtt/ ſo vil Er
in dir.
So vil die Seel in GOtt/ ſo vil ruht GOtt in jhr:
Nichts minder oder mehr/ Menſch glaub es/ wird er
dir.
168. Chriſtus iſt alles.
O Wunder! Chriſtus iſt die Wahrheit uñ daß Woꝛt/
Licht/ Leben/ Speiß/ und Tranck/ Pfad/ Pilgram/
Thuͤr und Ort.
169. Nichts verlangen iſt Seeligkeit.
Die Heilgen ſind darumb mit Gottes ruh umbfangen/
Und haben Seeligkeit/ weil ſie nach nichts verlangen.
170. GOtt iſt nicht hoch noch tieff.
GOtt iſt nicht hoch/ nicht tieff: wer endlich anderſt
ſpricht/
Der hat der Wahrheit noch gar ſchlechten Unterricht.
171. Gott findet man mit nicht-ſuchen.
Gott iſt nicht hier noch da: wer jhn begehrt zufinden
Der laß’ jhm Haͤnd’ und Fuͤß’/ und Leib und Seele
binden.
172. GOtt ſihet ehe du gedaͤnkſt.
Wo Gott von Ewigkeit nicht ſihet die Gedanken/
So biſtu eh’ als Er: Er ſtuͤpffchen/ und du ſchranken.
173. Der Menſch lebt nicht vom
Brodt allein.
Daß Brod ernaͤhrt dich nicht: was dich im Brodte
ſpeiſt/
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