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Siebold, Carl Theodor Ernst von: Die Süsswasserfische von Mitteleuropa. Leipzig, 1863.

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Familie: Percoidei.
Bonaparte1) legt zwar, indem er die beiden oben erwähnten Arten für Europa
festhalten will, Gewicht auf den gewölbten Rücken und auf die elliptische
Körperform der Perca vulgaris, während die Perca fluviatilis einen mehr ge-
raden Rücken und eine gestrecktere Körperform besitzen soll, derselbe hebt
ferner hervor, dass bei Perca vulgaris beide Rückenflossen ganz getrennt von
einander seien und die erste Rückenflosse verhältnissmässig weniger hoch
sei und zwei Strahlen weniger besitze als bei Perca fluviatilis. Alle diese
Merkmale sind aber durchaus nicht stichhaltig.

Ich würde mich bei dieser Controverse, welche durch Bloch's mangel-
hafte Beschreibung und unrichtige Abbildung der Perca fluviatilis zuerst an-
geregt wurde, nicht so lange aufgehalten haben, wenn nicht auch der aus-
gezeichnete Ichthyolog Agassiz die Meinung erfasst hätte, es gebe in Europa
zwei Barscharten, und sich dabei auf die hiesige Barschform berufen hätte.
Derselbe sagt nämlich in der Isis2): "Perca fluviatilis Bl. Taf. 52. und Perca
vulgaris
Schäff. Tab. 1. sind zwei sehr gute Arten, die schon Schrank (Fauna
boica) unterschied, ob er gleich von C. fluviatilis nur ein getrocknetes Exem-
plar sah; hier (in München) kommt bloss Perca vulgaris zu Markte; sie ist
viel rauher und die Zeichnung ist unregelmässiger als bei Perca fluviatilis;
in der Schweiz fand ich bloss letztere". Auch später ist Agassiz derselben
Meinung treu geblieben3). Noch in dem Jahre 1858, am 10ten Mai schrieb
mir Agassiz unter anderem: "haben Sie schon bemerkt, dass der Barsch des
Donaugebietes von dem der Rhone und des Rheins verschieden ist". Ich
habe Barsche aus dem Mittelrhein (von Basel) und aus der Rhone (von Lyon)
vor mir, und sehe keinen wesentlichen Unterschied zwischen ihnen und dem
hiesigen Barsch.

Eine eigenthümliche Varietät des Barsches habe ich hier zuweilen auf
dem Fischmarkt angetroffen, welche sich durch eine citronengelbe Färbung
auszeichnet und aus den Teichen von Dinkelsbühl herrühren soll. Diese gelbe
Farbe ist unabhängig von dem messinggelben Glanze des Barsches und tritt
an der sonst weisslichen Bauchseite am deutlichsten hervor. Die Farbe geht
von einer fettartigen Substanz aus, welche als kleine, dicht gedrängte
Körnerhaufen von unregelmässiger Gestalt in der Cutis eingebettet liegt.
Ob die von Günther4) auf den Fischmärkten in Berlin bemerkte ganz

Cuvier: Le regne animal. Nouv. (3e) edit. Les poissons. Atlas. Pl. VI. Fig. 1.
Yarrel: A history of british fishes, sec. edit. 1841. Vol. I. pag. 1.
Wright, Fries och Ekström: Skandinaviens fiskar. Stockholm, 1836. 1 Heft. Pl. I. Fig. 1.
1) Vergl. dessen lconografia a. a. O. Fol. 70.
2) S. deren Jahrgang 1828. pag. 1047.
3) Vergl. Schinz Nr. 40 b: pag. 151.
4) S. dessen Beiträge zur Kenntniss unserer Süsswasserfische, in Wiegmann's Archiv
für Naturgeschichte. Jahrg. 1855. pag. 198.

Familie: Percoidei.
Bonaparte1) legt zwar, indem er die beiden oben erwähnten Arten für Europa
festhalten will, Gewicht auf den gewölbten Rücken und auf die elliptische
Körperform der Perca vulgaris, während die Perca fluviatilis einen mehr ge-
raden Rücken und eine gestrecktere Körperform besitzen soll, derselbe hebt
ferner hervor, dass bei Perca vulgaris beide Rückenflossen ganz getrennt von
einander seien und die erste Rückenflosse verhältnissmässig weniger hoch
sei und zwei Strahlen weniger besitze als bei Perca fluviatilis. Alle diese
Merkmale sind aber durchaus nicht stichhaltig.

Ich würde mich bei dieser Controverse, welche durch Bloch’s mangel-
hafte Beschreibung und unrichtige Abbildung der Perca fluviatilis zuerst an-
geregt wurde, nicht so lange aufgehalten haben, wenn nicht auch der aus-
gezeichnete Ichthyolog Agassiz die Meinung erfasst hätte, es gebe in Europa
zwei Barscharten, und sich dabei auf die hiesige Barschform berufen hätte.
Derselbe sagt nämlich in der Isis2): »Perca fluviatilis Bl. Taf. 52. und Perca
vulgaris
Schäff. Tab. 1. sind zwei sehr gute Arten, die schon Schrank (Fauna
boica) unterschied, ob er gleich von C. fluviatilis nur ein getrocknetes Exem-
plar sah; hier (in München) kommt bloss Perca vulgaris zu Markte; sie ist
viel rauher und die Zeichnung ist unregelmässiger als bei Perca fluviatilis;
in der Schweiz fand ich bloss letztere«. Auch später ist Agassiz derselben
Meinung treu geblieben3). Noch in dem Jahre 1858, am 10ten Mai schrieb
mir Agassiz unter anderem: »haben Sie schon bemerkt, dass der Barsch des
Donaugebietes von dem der Rhone und des Rheins verschieden ist«. Ich
habe Barsche aus dem Mittelrhein (von Basel) und aus der Rhone (von Lyon)
vor mir, und sehe keinen wesentlichen Unterschied zwischen ihnen und dem
hiesigen Barsch.

Eine eigenthümliche Varietät des Barsches habe ich hier zuweilen auf
dem Fischmarkt angetroffen, welche sich durch eine citronengelbe Färbung
auszeichnet und aus den Teichen von Dinkelsbühl herrühren soll. Diese gelbe
Farbe ist unabhängig von dem messinggelben Glanze des Barsches und tritt
an der sonst weisslichen Bauchseite am deutlichsten hervor. Die Farbe geht
von einer fettartigen Substanz aus, welche als kleine, dicht gedrängte
Körnerhaufen von unregelmässiger Gestalt in der Cutis eingebettet liegt.
Ob die von Günther4) auf den Fischmärkten in Berlin bemerkte ganz

Cuvier: Le règne animal. Nouv. (3e) édit. Les poissons. Atlas. Pl. VI. Fig. 1.
Yarrel: A history of british fishes, sec. edit. 1841. Vol. I. pag. 1.
Wright, Fries och Ekström: Skandinaviens fiskar. Stockholm, 1836. 1 Heft. Pl. I. Fig. 1.
1) Vergl. dessen lconografia a. a. O. Fol. 70.
2) S. deren Jahrgang 1828. pag. 1047.
3) Vergl. Schinz Nr. 40 b: pag. 151.
4) S. dessen Beiträge zur Kenntniss unserer Süsswasserfische, in Wiegmann’s Archiv
für Naturgeschichte. Jahrg. 1855. pag. 198.
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[48/0061] Familie: Percoidei. Bonaparte 1) legt zwar, indem er die beiden oben erwähnten Arten für Europa festhalten will, Gewicht auf den gewölbten Rücken und auf die elliptische Körperform der Perca vulgaris, während die Perca fluviatilis einen mehr ge- raden Rücken und eine gestrecktere Körperform besitzen soll, derselbe hebt ferner hervor, dass bei Perca vulgaris beide Rückenflossen ganz getrennt von einander seien und die erste Rückenflosse verhältnissmässig weniger hoch sei und zwei Strahlen weniger besitze als bei Perca fluviatilis. Alle diese Merkmale sind aber durchaus nicht stichhaltig. Ich würde mich bei dieser Controverse, welche durch Bloch’s mangel- hafte Beschreibung und unrichtige Abbildung der Perca fluviatilis zuerst an- geregt wurde, nicht so lange aufgehalten haben, wenn nicht auch der aus- gezeichnete Ichthyolog Agassiz die Meinung erfasst hätte, es gebe in Europa zwei Barscharten, und sich dabei auf die hiesige Barschform berufen hätte. Derselbe sagt nämlich in der Isis 2): »Perca fluviatilis Bl. Taf. 52. und Perca vulgaris Schäff. Tab. 1. sind zwei sehr gute Arten, die schon Schrank (Fauna boica) unterschied, ob er gleich von C. fluviatilis nur ein getrocknetes Exem- plar sah; hier (in München) kommt bloss Perca vulgaris zu Markte; sie ist viel rauher und die Zeichnung ist unregelmässiger als bei Perca fluviatilis; in der Schweiz fand ich bloss letztere«. Auch später ist Agassiz derselben Meinung treu geblieben 3). Noch in dem Jahre 1858, am 10ten Mai schrieb mir Agassiz unter anderem: »haben Sie schon bemerkt, dass der Barsch des Donaugebietes von dem der Rhone und des Rheins verschieden ist«. Ich habe Barsche aus dem Mittelrhein (von Basel) und aus der Rhone (von Lyon) vor mir, und sehe keinen wesentlichen Unterschied zwischen ihnen und dem hiesigen Barsch. Eine eigenthümliche Varietät des Barsches habe ich hier zuweilen auf dem Fischmarkt angetroffen, welche sich durch eine citronengelbe Färbung auszeichnet und aus den Teichen von Dinkelsbühl herrühren soll. Diese gelbe Farbe ist unabhängig von dem messinggelben Glanze des Barsches und tritt an der sonst weisslichen Bauchseite am deutlichsten hervor. Die Farbe geht von einer fettartigen Substanz aus, welche als kleine, dicht gedrängte Körnerhaufen von unregelmässiger Gestalt in der Cutis eingebettet liegt. Ob die von Günther 4) auf den Fischmärkten in Berlin bemerkte ganz 4) 1) Vergl. dessen lconografia a. a. O. Fol. 70. 2) S. deren Jahrgang 1828. pag. 1047. 3) Vergl. Schinz Nr. 40 b: pag. 151. 4) S. dessen Beiträge zur Kenntniss unserer Süsswasserfische, in Wiegmann’s Archiv für Naturgeschichte. Jahrg. 1855. pag. 198. 4) Cuvier: Le règne animal. Nouv. (3e) édit. Les poissons. Atlas. Pl. VI. Fig. 1. Yarrel: A history of british fishes, sec. edit. 1841. Vol. I. pag. 1. Wright, Fries och Ekström: Skandinaviens fiskar. Stockholm, 1836. 1 Heft. Pl. I. Fig. 1.

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Zitationshilfe: Siebold, Carl Theodor Ernst von: Die Süsswasserfische von Mitteleuropa. Leipzig, 1863, S. 48. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/siebold_suesswasserfische_1863/61>, abgerufen am 26.04.2024.